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Während ich schlief

Während ich schlief

Titel: Während ich schlief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Sheehan
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gestolpert. Seine Augen waren zwei weiße Flecken im dunklen Rund seines Kopfes, weit aufgerissen starrten sie mich an.
    »Was ist?«, krächzte ich.
    Er kroch im Krebsgang rückwärts, bis er Halt an einer Kiste fand und sich wieder auf die Beine rappelte. Eine Kiste? Wo
zum Teufel war ich hier? Das war eindeutig nicht mein schöner begehbarer Kleiderschrank mit dem zartrosa Teppichboden und den ordentlich aufgehängten neuesten Modellen der Saison. Sondern ein riesiger, hallender und zugleich vollgestellter Raum, wie ein Lagerhaus. Hohe Regale voll dunkler Schemen darin ragten über uns auf. »Hast du eben Fitzroy gesagt?« , fragte Brendan. »Rosalinda Fitzroy?«
    »Ja, warum?«
    »Ich muss Hilfe holen.« Er wollte gehen.
    »Nein!«, schrie ich, soweit das meine brachliegende Lunge und meine ausgedörrte Kehle zuließen. Ich wusste nicht, warum ich so reagierte. Die Stase-Chemikalien tricksten mit dem Gemütszustand herum, sodass man manchmal nicht genau sagen konnte, was man fühlte. Gleich darauf wurde mir klar, dass ich vor Angst verging. Nichts stimmte hier, nichts entsprach meinen Erwartungen, und eine Ahnung sagte mir, dass etwas ganz Furchtbares passiert war.
    Er drehte sich wieder um. »Ich komme gleich wieder.«
    »Bitte nicht!«, keuchte ich. »Lass mich hier nicht allein! Ich will zu meiner Mutter! Was ist eigentlich los? Wo ist Xavier?«
    Ein neues verdutztes Zögern, dann fühlte ich seine Hand auf meiner Schulter. Diesmal war sie sanft, und meine Muskeln protestierten nicht allzu stark. »Ist schon gut, wirklich. Nur ... ich kann das hier nicht allein machen.«
    »Was machen? Sag mir, was hier vorgeht. Wo ist meine Mom?«
    »Miss ... äh ... Fitzroy ...«
    »Rose«, sagte ich automatisch.
    »Rose, ich bin nur hier heruntergekommen, um ein bisschen ... herumzustöbern. Ich wusste nichts von diesem Raum. Ich bin zufällig auf diese Stase-Röhre gestoßen und habe unabsichtlich die Wecksequenz gestartet. Niemand war
mehr in diesem Winkel des Kellergeschosses seit der Dunklen Epoche.«
    »Der Dunklen Epoche?«
    »Ja, der Dunklen Epoche«, sagte er wie selbstverständlich. »Als die ... oh Gott.« Seine Stimme senkte sich zu einem entsetzten Flüstern. »Das war vor paarundsechzig Jahren.«
    »Entschuldige ...«, flüsterte ich ebenfalls und begriff nicht, was er da sagte. »Sechzig J-Jahre?«
    »Ja«, bestätigte Brendan leise. »Und wenn ... wenn du wirklich Rosalinda Fitzroy bist ...« Seine Schlussfolgerung würde warten müssen. Das Meer aus meinem Traum kam tosend zurückgebrandet, übertönte alles andere und nahm mir den Atem. Sechzig Jahre. Mom und Daddy tot. Åsa tot. Xavier ... mein Xavier ...
    Ich muss wohl geschrien haben. Das Letzte, was ich spürte, ehe mir schwarz vor Augen wurde, waren Brendans kräftige Arme, die mich auffingen.



I ch erwachte in einer fremden Umgebung mit fremden Stimmen zu meinen Füßen. Ich lag auf dem Rücken, aber gestützt, nicht ganz flach. Kühler Stoff unter meinen Fingern. Ein vertrauter Geruch – Antiseptika und Krankheit. Krankenhäuser rochen immer gleich. Daran gewöhnt, meine Stase-Träume festzuhalten, ließ ich die Augen zu und atmete gleichmäßig.
    »Was sagt der Arzt?« Eine männliche Stimme, vor Alter zittrig. Sie klang besorgt.
    »Sie sind sich nicht sicher, wem sie die Informationen geben dürfen.« Das war eine Frau, brüsk, aber freundlich, eine Stimme, die ich auf Anhieb mochte.
    Eine andere fiel ihr ins Wort. »Mir natürlich.« Diese war kräftig und herrisch, befehlsgewohnt. »Wem sonst?«
    »Sie hat keine Familie.« Das war wieder der ältere Mann.
    »Sie hat UniCorp, also mich«, sagte der jüngere. »Man stelle sich vor, aufzuwachen und zu erfahren, dass man die einzige überlebende Erbin eines interplanetarischen Imperiums ist!«
    »Wir sind kein Imperium«, erwiderte der Ältere schroff. »Ehrlich, Reggie, ich glaube, du leidest an Größenwahn.«
    »Ach, und wer soll dann deiner Meinung nach die Verantwortung übernehmen? Du etwa?« Es kam keine Antwort, weshalb der Jüngere fortfuhr: »Das Ganze ist sowieso vor allem deine Schuld. Alles wäre so viel einfacher, wenn du dich nicht eingemischt hättest. Wenn du mir erlaubt hättest, sie anonym an die Fürsorge zu überstellen, müssten wir uns jetzt nicht den
Kopf zerbrechen. Ihre Geschichte würde ihr ohnehin niemand glauben.« Er seufzte. »Ich verstehe nicht, warum wir überhaupt den Vorstand informieren mussten oder die Regierung. Wir hätten ihr einfach eine neue

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