Waffenschmuggel
hatte sich daran gewöhnt, daß der ehemalige Ölschuppen mit dem Vorhängeschloß an der Tür ein Ort war, wo zuweilen Kinder spielten und wo es nichts gab, was einen Diebstahl gelohnt hätte oder sonst von Interesse gewesen wäre. Auch in den vierundzwanzig Stunden, in denen er die Waffen beherbergen sollte, würde der Schuppen nicht anders aussehen.
Als Girija den Lagerplatz erreichte, war es halb zehn; aber er ruhte sich ein paar Minuten aus, bevor er sich an die Arbeit machte. Er hatte errechnet, daß er weniger als zwei Stunden benötigen würde, um sämtliche Kisten zum Rohrdickicht zu schleppen, und war entschlossen, seine Kräfte so lange wie möglich aufzusparen. Der schwerste Teil der Arbeit würde in der dritten Nacht zu leisten sein, und darauf mußte er sich einstellen.
Die Lösung des Problems, wie die Kisten am besten zu tragen waren, hatte er fast zufällig gefunden. In einem der Kataloge, die Mr. Wright von einem Versandhaus in Singapur zugeschickt bekam, hatte Girija etwas gesehen, das ihn interessierte. Es handelte sich um eine Vorrichtung für Leute, die mit schweren Koffern reisen und sich keinen Gepäckträger leisten wollen; sie bestand aus einem Gurt, der an einem mit zwei kleinen Rädern versehenen Rahmen befestigt war. Der Gurt wurde der Länge nach um den Koffer gebunden, die Räder befanden sich unter der Kofferecke. Am Gurt war ein Griff angebracht. Der Kofferträger packte den Griff und zog sein Gepäck hinter sich her, wobei das halbe Gewicht auf den Rädern ruhte. Das Gerät kostete sechs Dollar.
Girija hatte sich eines kommen lassen und es ausprobiert. Auf festem Boden funktionierte das Ding; aber auf dem Lagerplatz, belastet mit einer schweren Gewehrkiste, versanken die kleinen Räder im schwammigen Hügelboden und erwiesen sich als unbrauchbar. Größere Räder mit dickeren Reifen waren erforderlich. Die hatte er dann auf der Plantage gefunden. Bevor die Wrightschen Kinder ins Internat nach England geschickt worden waren, hatte eines von ihnen einen Roller gehabt, der immer noch in Mr. Wrights Garage stand, und Girija hatte keine Schwierigkeiten, die Räder abzumontieren. An einer Achse befestigt, die er aus dem Griff eines alten Wagenhebers gemacht hatte, funktionierten sie ausgezeichnet.
Um Mitternacht waren alle Kisten zum Rohrdickicht gebracht, und Girija machte sich auf die Heimfahrt. Obwohl er darauf bedacht gewesen war, mit seinen Kräften hauszuhalten, war er sehr erschöpft. Jetzt konnte er sich nicht mehr darauf verlassen, daß sein Verstand ihm weiterhelfen würde. Jetzt kam es auf die Ausdauer an.
Immerhin gab es einen Ausgleich. Während seine Erschöpfung zunahm, schienen seine Ängste sich zu verringern. Als die Arbeit der nächsten Nacht vollbracht war, hatte er die Leoparden vergessen, und vor dem dunklen Pfad, der vom Flußlauf zum Zinnbergwerk führte, fürchtete er sich nur deshalb, weil diese lange Strecke seine Widerstandskraft auf eine harte Probe stellte.
Am schwierigsten waren die neun Gewehrkisten zu handhaben; er konnte sie nur einzeln transportieren. Zwanzigmal mußte er stolpernd den Hin- und Rückweg machen, um alle Kisten und Munitionsbehälter fortzuschaffen, und die letzte Tour vom Flußlauf zum Ölschuppen kostete ihn fünfeinhalb Stunden. Als er den Schlüssel vom Vorhängeschloß abgezogen hatte, sank er vollkommen erschöpft zu Boden. Erst nach einer Stunde fand er die Kraft, auf sein Fahrrad zu steigen und zur Plantage zurückzuradeln. Und nur die Furcht, auf der Rückkehr bei Tageslicht gesehen zu werden, bevor er Zeit gehabt hatte, sich zu waschen und frische Kleidung anzuziehen, hatte ihn zu dieser letzten Kraftanstrengung getrieben.
Am Morgen erschien er pünktlich wie immer im Büro; aber er wußte, daß er abends nicht fähig sein würde, die Verabredung mit Mr. Lee einzuhalten, es sei denn, er könnte während des Tages eine Ruhepause einlegen. Wenn er Krankheit vorschützte, dann würde ihm Mrs. Wright, die leidenschaftlich gern Krankenschwester spielte, Tabletten verabreichen und Bettruhe verordnen; und sie würde dafür sorgen, daß er ihre Anordnungen befolgte. Schließlich verließ er das Büro unter dem Vorwand, sich um eine unerhebliche Lohnstreitigkeit zwischen den Plantagenarbeitern kümmern zu müssen, suchte einen entlegenen Teil der Plantage auf, in dem, wie er wußte, nicht gearbeitet wurde, und legte sich dort unter den Bäumen schlafen. Er erwachte bei Sonnenuntergang und eilte ins Kontor zurück. Sein Körper
Weitere Kostenlose Bücher