Waffenschmuggel
sein Haus. Nachdem er den Umschlag mit der Aufschrift versehen hatte, steckte er den Scheck hinein und verschloß beides in seinem Metallkoffer. Wenn er nicht zurückkäme, dann würde Mr. Wright den Koffer wahrscheinlich sicherstellen und ihn schließlich der Polizei übergeben. Das war zwar keine ideale Lösung, aber unter diesen Umständen die bestmögliche. Solange Mr. Lee nicht wußte, wo er den Scheck aufbewahrte, war alles gut.
Es blieben ihm noch zehn Minuten, bevor er sich auf den Weg machen mußte. Er erwog, den Metallkoffer aufs neue zu öffnen und sich mit der Lektüre seiner Bus-Kataloge die Zeit zu vertreiben, unterließ es dann aber. Dieser Überdruß machte ihm selbst deutlich, daß die Zeit der Träume vorüberwar. Wenn er seine Kataloge das nächste Mal anschaute – falls er dazu noch Gelegenheit haben würde –, dann bestimmt mit anderen Augen. Neben seinem Charpoy stand eine halbgeleerte Büchse mit Karamelcreme auf dem Tisch. Er setzte sich und aß, bis es Zeit war, sich auf den Weg zu machen.
Der Lastwagen stand bereits da, als er am verabredeten Platz eintraf. Etwa hundert Meter vorher stieg er ab, schaltete die Fahrradlampe aus und ging am Straßenrand weiter. Im Näherkommen bemerkte er, daß die Zeltplanen oberhalb der Ladeklappe des Wagens zugezogen und festgebunden waren. Das gefiel ihm nicht, und er beschloß, sich noch bevor sie losfuhren davon zu überzeugen, daß der Lastwagen leer sei.
Mr. Lee saß hinter dem Steuer und schaute aus dem Fenster, als Girija herantrat.
»Sie haben sich verspätet«, sagte er.
»Ich bin zwei Minuten zu früh«, entgegnete Girija gelassen. »Würden Sie den Lastwagen bitte hinten aufmachen?«
»Warum?«
»Ich möchte mein Fahrrad aufladen.«
»Können Sie es denn nicht hier irgendwo zwischen den Bäumen zurücklassen? Niemand wird es stehlen. Wir müssen auf demselben Weg zurückfahren.«
»Ich nehme es lieber mit.«
Mr. Lee kletterte verärgert aus dem Führerhaus und ging zum rückwärtigen Ende des Lastwagens. Girija schloß sich ihm an. Schweigend machten sie die Ladeklappe los. Girija kannte den Lastwagen. Er gehörte einem Kopra-Händler in Kuala Pangkalan. Die Anglo-Malaiische Transportgesellschaft mietete ihn zuweilen, wenn ihre eigenen Wagen besetzt waren. Mr. Lee mußte das von Mr. Tan erfahren haben.
Der Laderaum war leer. Girija hob sein Fahrrad hinauf, und sie fuhren los. Mr. Lee war ein schneller und schlechter Fahrer. Glücklicherweise war kaum Verkehr auf der Straße. Nach zehn Minuten hatten sie die Abzweigung erreicht, die zu den Zinnbergwerken führte.
»Hier müssen Sie abbiegen«, sagte Girija. »Und ich muß Sie bitten, die Scheinwerfer auszuschalten.«
»Auf diesem Feldweg? Wir werden gegen einen Baum fahren.«
»Fahren Sie langsam, dann wird nichts passieren. Wenn Sie die Scheinwerfer brennen lassen, könnten wir vom Dorf aus gesehen werden, und womöglich käme jemand hergelaufen, um zu sehen, was es gibt.«
Mr. Lee murrte, gab aber nach. Der Lastwagen holperte die Straße hinauf bis zum verfallenen Pumpenschuppen.
»Hier müssen wir halten«, sagte Girija.
Sie kletterten aus dem Führerhaus des Lastwagens heraus, und Mr. Lee blickte um sich.
»Wo sind wir hier?«
Girija sagte es ihm. »Wir gehen hier hinunter«, fügte er hinzu.
»Einen Augenblick. Sind die Kisten offen?«
»Natürlich nicht.«
Mr. Lee holte Stemmeisen und Hammer aus dem Führerhaus des Lastwagens. Die Werkzeuge wirkten in seinen Händen wie Waffen.
Girija sträubten sich die Haare, während er auf dem Weg zum Öllager voranging. Doch im Moment schien Mr. Lee sein Augenmerk hauptsächlich darauf zu richten, daß er auf dem unebenen Weg nicht über das Unterholz stolperte. Er stieß halblaute Verwünschungen wegen der Dunkelheit aus.
Girija nahm keine Notiz davon. Erst als sie im Inneren des Ölschuppens waren und die Tür fest hinter sich geschlossen hatten, knipste er seine Taschenlampe an.
Mr. Lee warf einen Blick auf die gestapelten Kisten. »Ist das alles?«
»Alles, was auf der Liste steht, ist da.«
Mr. Lee holte die Liste aus der Tasche. »Wo sind die Gewehre?«
»Dort in den langen Kisten.«
Mr. Lee machte sich daran, jede einzelne zu öffnen. Als Girija meinte, das sei Zeitverschwendung, richtete sich Mr. Lee auf.
»Man hat schon Kisten mit Steinen gefüllt und verkauft«, sagte er. »Ich kaufe nur, was ich gesehen habe. Wenn Sie Zeit sparen wollen, dann können Sie die Kisten ja wieder schließen, nachdem ich sie
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