Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi
dass man keine Hausdurchsuchung durchgeführt und sich der Verdacht zweier Frauen nicht bestätigt habe.
Vogl tourte wie vorgesehen durch den Westen Österreichs. Die einzige Änderung war, dass statt des Adjutanten ein Sicherheitsbeamter mit in seinem Auto saß. Wir schickten bloß einen Fotografen mit. Der Adjutant schien niemandem abzugehen. Er saß in Untersuchungshaft und schwieg auch weiter, als sich zwei Beamte der Wirtschaftspolizei mit ihm über die Herkunft des Geldes unterhalten wollten. Er wisse von nichts, und das habe er schon gesagt. An die Öffentlichkeit drang weiterhin nichts. Mit Vorverurteilungen sei niemandem gedient, so der Standpunkt des Sonderermittlers.
Einige Medien brachten kurze Hinweise auf das Gerücht rund um eine Hausdurchsuchung und zitierten aus den Erklärungen der Wahlkampfleitung und der Polizei. Es waren eher vorsichtig gehaltene Absätze. Man brachte sie nur zur Sicherheit, falls an der Geschichte doch mehr dran sein sollte. Ein treu-konservativer Chefredakteur vermutete eine Aktion des Bündnisses. Da er diese Annahme nicht begründen konnte, blieb sein Kommentar eher wolkig. Aber das war bei ihm nichts Neues. Zwei besonders skeptische Journalisten fuhren am Abend zum Wahlkampfbüro und überprüften, was es mit der offenen Kinotür auf sich hatte. Viele Schüsse, viel Pferdegetrappel hallten durch die Gasse, diesmal war Westerntag. Aber dass man diese Schüsse mit echten verwechseln konnte? Hysterische Weiber. Vogls Pressesprecher hatte jedenfalls die Wahrheit gesagt, schrieben sie.
Wessely schickte mir einen Brief, in dem er mir zu meinem Mut gratulierte. Er sei überzeugt, dass ich mich nicht unter Druck setzen lassen und auch den Rest aufdecken werde. Bei Problemen sollte ich mich vertrauensvoll an ihn wenden. Ich zerriss den Brief in kleine Stücke.
Ich traf mich mit Droch bei seiner Fischerhütte. Heute war es nichts mit weiß gedecktem Tisch, getrüffelten Wachteln und Kerzenschein. Der Wind blies uns feuchtkalt um die Ohren, und wir verzogen uns in die Hütte. Der Wasserstand der Donau war hoch. Sie floss schnell dahin, das Wasser aufgewühlt und braun. Droch sah beim Fenster hinaus, als er rekapitulierte. »Adjutant Miller holt rund sechs Millionen Schilling aus der Wahlkampfzentrale und will sie in ein Schließfach am Westbahnhof sperren. Das sind die Fakten. Woher das Geld stammt, ist nicht nachweisbar, Millers Motiv ist unklar. Vielleicht war er wirklich nur ein Bote, aber er schweigt. Es gibt keinen Beweis, dass das Geld für den Wahlkampf gedacht war. Es gibt auch keinen Beweis, dass die Beste-Bank tatsächlich in diese Affäre verwickelt ist. Und ob man einer bosnischen Putzfrau glaubt, dass Miller das Geld einen Tag vorher in die Wahlkampfzentrale gebracht hat, ist völlig offen. Wir haben zwei Tote: Bellini-Klein und Georg Schmidt. Das sind wieder Fakten. Unsere Gedanken dazu sind reine Theorie. Und deine Zeugenaussage scheint wenig Eindruck gemacht zu haben.« Er sah mich an. »Der Präsidentschaftskandidat und seine Leute gegen eine Journalistin mit halbherziger Deckung durch ihr Magazin. Bequeme Annahme der Polizei: Du wolltest endlich eine tolle Story haben und hast etwas nachgeholfen. Dass zwei deiner Kollegen ausgesagt haben, du seist auf dem Karrieretrip, war besonders hilfreich. Deine Putzfrau ist dir treu ergeben. Zum Glück hast du sie wenigstens angemeldet. Schwarzarbeit hätten wir gerade noch gebraucht. Ich gelte als alter Krüppel, der von einer raffinierten Kollegin umgarnt und in die Sache hineingezogen wurde. So schnell kann sich ein Image ändern.« Sein Gesicht blieb ausdruckslos.
»Droch«, sagte ich, »wir wissen, dass es nicht so ist. Wenn, dann hast du …«
»Ich gebe nichts darauf, was sie sagen. Soll ich dir etwas verraten? Es ist manchmal ganz praktisch, als alter Krüppel zu gelten. Wenn sie dich wegen übler Nachrede und Kreditschädigung verklagen, werde ich glimpflich davonkommen. Ich werde noch so beteuern können, dass ich von allem gewusst und gewisse Entscheidungen selbst getroffen habe – sie werden mir nicht glauben. Armer alter Krüppel, einer jungen Frau auf den Leim gegangen.«
»Hör auf!« Mein Ton war scharf. »Hör auf, dich zu bemitleiden. Du bist weder alt noch hilflos. Wir müssen etwas tun.«
»Noch etwas? Wir haben Miller hinter Gitter gebracht.« Das war eindeutig spöttisch.
»Orsolics war mit Miller im Wahlkampfbüro. Miller kann keine Werbeprospekte gesehen haben. Er lügt. Der Finanzchef der
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