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Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi

Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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mehr waren nicht zu sehen. Die Lautsprecherstimme kündigte an, dass der Zug aus Salzburg einfuhr. Mehr Leute, gut. Der Adjutant drehte sich zu uns um. Wir liefen in das Fast-food-Lokal. Er ging zielstrebig an uns vorbei und bog in einen Seitengang des Bahnhofes. Dort war niemand unterwegs. Wir durften ihm nicht folgen. Aber Vesna hastete ihm schon nach. Ich wartete. Er verschwand um eine Ecke, Vesna ebenfalls.
    Ich rief Droch an. Melde dich, melde dich bitte. Er meldete sich nicht. Er hatte das Handy ausgeschaltet. Ich hatte ihn allein in der Einfahrt sitzen lassen. Wahnsinn. Okay, dann aufs Ganze: Ich schlich den beiden nach. Die Gepäckaufbewahrung hatte schon das eiserne Gitter heruntergelassen. Hinter jeder Ecke konnte jemand stehen. Schalldämpfer, Ende. Das war nicht meine Welt. Man würde mich erst in Stunden finden. Ich versuchte, auf jedes Geräusch zu achten. Wo war Vesna? Ich würde sie packen, und wir würden abhauen. Schnell. Ich ging weiter. Ein Schuh quietschte. Ich drückte mich gegen die Wand. Nicht weit von mir, höchstens zehn Meter entfernt, war ein Nebenausgang. Wenn ich den erreichen könnte …
    Da trat jemand aus dem Schatten. Ich schrie beinahe auf. Vesna. Sie deutete mir stumm, zu ihr zu kommen. Die Schließfächer. In mehreren Reihen. Und dazwischen genug Platz, um uns aufzulauern. Halbdunkel, der muffige Geruch längst vergessener Dinge. Wir hörten, wie sich ein Schlüssel im Schloss drehte. Vesna versuchte mich zurückzuhalten. Ich machte mich los. Ich schlich vorwärts. Ich musste wenigstens einen Blick auf das Schließfach werfen. Noch einen Schritt. Ich hörte, wie eine Tasche am Boden eines Schließfaches entlangschabte. Ich tappte vorwärts.
    Da war etwas an meinem Fuß. Ich strauchelte und versuchte mich an den Kästen festzuhalten. Meine Nägel kratzten über das Metall. Ich stürzte schwer und rollte mich am Boden zusammen. Der Adjutant drehte sich blitzschnell um und rannte einige Schritte auf mich zu. Ich versuchte mich in eine Ecke zu retten. Laute Stimmen waren zu hören. Mehrere. Sie hatten Vesna. Vesna schrie: »Mira, dort.« Ich machte die Augen zu, ich wollte den Blitz nicht sehen.
    Ich machte sie erst wieder auf, als Droch auf mich einredete. »Mira«, sagte er, und es klang besorgt. Ich blinzelte, aber blieb, wo ich war: auf dem dreckigen Bahnhofsboden, so klein wie möglich zusammengerollt.
    »Öffnen Sie das Schließfach. Wenn Sie nichts zu verbergen haben, dann zeigen Sie mir, was in der Tasche ist«, verlangte eine ruhige Stimme.
    »Ich habe nichts …«, lautete die Antwort. Das war die Stimme des Adjutanten, weniger ruhig.
    Droch beugte sich, so gut es ging, zu mir herunter. »Ich habe meinen Freund mitgebracht.« Er hob den Finger zu den Lippen. Ich rappelte mich auf.
    »Ich habe keinen Durchsuchungsbefehl. Aber wenn Sie mich nicht in die Tasche schauen lassen, werde ich einen besorgen. Verlassen Sie sich darauf.«
    Ich hätte gerne das Gesicht des Adjutanten gesehen.
    »Na gut«, sagte er, »Sie werden es aber noch bereuen.« Seine Stimme klang hohl.
    Ich sah Droch an. Wir wussten, dass wir beide dasselbe dachten. Was, wenn in der Tasche bloß schmutzige Sportsocken wären oder Werbematerial?
    Der Zipp der Tasche wurde aufgezogen. »Da haben wir es«, sagte der Polizeibeamte. Es klang zufrieden. »Sie sind vorläufig festgenommen.« Handschellen klickten.
    Zuerst sagte der andere gar nichts. Dann räusperte er sich und krächzte: »Ich habe nichts davon gewusst. Nichts. Ich habe nur einen Botengang erledigt. Das tue ich öfter, wenn sie mich darum bitten. Das habe ich schon für den alten Präsidenten gemacht.«
    »Kommen Sie.«
    Der Adjutant versuchte nicht zu fliehen. Er trottete mit einem eher idiotischen Gesichtsausdruck neben dem Beamten her. Ohne Uniform wirkte er trotz seiner Größe nicht eindrucksvoll. Als er zwei Schließfachgänge weiter Droch und mich sah, blieb er stehen. »Sie?«, fragte er fassungslos.
    »Tun Sie nicht so«, rief ich. »Immerhin haben Sie gestern auf mich geschossen.«
    »Geschossen?« Er war zutiefst verstört.
    »Er ist der Adjutant von Vogl, Miller«, erklärte ich. Erst jetzt sah ich dem Polizeibeamten ins Gesicht.
    »Sie?«, fragte jetzt ich. Es war der graubärtige Grobian namens Zuckerbrot, der mich vor Jahrhunderten in der Bundespolizeidirektion im Kreis geschickt hatte.
    Vesna kam aus ihrem Versteck. »Du bist über das Kabel gestolpert, Mira Valensky«, sagte sie.
    Der Graubart verabschiedete sich von Droch: »Auf dich

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