Wahn - Duma Key
spüre, dass du weiterarbeiten willst. Ich rufe Mr. Yoshida wegen der Änderungen an.«
»Hat sich an deinem Sehvermögen irgendwas geändert?«
»Nein, amigo . Ich wollte, ich könnte von einer Veränderung berichten. Aber male bitte weiter.«
Ich hatte den Hörer schon vom Ohr genommen, als er sagte: »Hast du zufällig die Morgennachrichten gesehen?«
»Nein, heute nicht. Warum?«
»Der County Coroner sagt, Candy Brown sei an einer Koronarthrombose gestorben. Ich dachte nur, das würde dich interessieren.«
XVII Ich malte. Ich kam zwar nur langsam voran, war jedoch weit von einem Stillstand entfernt. Wireman entstand um den Ausschnitt herum, in dem sein Gehirn im Golf schwamm. Dies war ein jüngerer Wireman als auf den Fotos, die ich an die Seiten der Staffelei geheftet hatte, aber das war in Ordnung; ich beachtete sie immer weniger und nahm sie am dritten Tag schließlich ab. Ich brauchte sie nicht mehr.Trotzdem malte ich, wie es vermutlich die meisten Künstler taten: als handelte es sich um einen Auftrag, nicht um einen Wahn, der in Krämpfen kam und ging, als wäre ich auf Speed. Beim Malen hörte ich Radio, jetzt immer nur The Bone.
Am vierten Tag brachte Wireman mir den überarbeiteten Vertrag und erklärte mir, so könnte ich ihn bedenkenlos unterschreiben. Außerdem erzählte er mir, dass Nannuzzi meine Gemälde fotografieren und Dias für einen Vortrag machen wollte, der Mitte März, einen Monat vor der Vernissage meiner Ausstellung, in der Selby Library in Sarasota gehalten werden sollte. Zu diesem Einführungsvortrag, sagte Wireman, würden sechzig bis siebzig reiche Kunstliebhaber aus der Region Tampa-Sarasota erwartet. Ich sagte, das sei in Ordnung, und unterschrieb den Vertrag.
Dario kam an diesem Nachmittag zu mir heraus. Ich konnte es kaum erwarten, dass er seine Bilder machte und wieder fuhr, damit ich weiterarbeiten konnte. Mehr um Konversation zu betreiben, fragte ich ihn, wer den Vortrag in der Selby Library halten würde.
Er betrachtete mich mit hochgezogenen Augenbrauen, als hätte ich einen Scherz gemacht. »Der einzige Mensch auf der Welt, der Ihr Werk genau kennt«, sagte er. »Sie.«
Ich gaffte ihn mit offenem Mund an. »Ich kann keinen Vortrag halten! Ich verstehe nichts von Kunst!«
Seine Handbewegung umfasste meine Gemälde, die Jack und zwei Teilzeitkräfte aus der Scoto in der kommenden Woche in Kisten verpacken und nach Sarasota transportieren würden. Dort würden sie im Lagerraum hinter der Galerie in ihren Kisten bleiben, nahm ich an, bis es Zeit wurde, die Ausstellung aufzubauen. »Die besagen etwas anderes, mein Freund.«
»Dario, diese Leute verstehen etwas von Kunst! Sie haben Kurse belegt! Um Himmels willen, ich wette, dass die meisten Kunst als Hauptfach studiert haben! Was soll ich Ihrer Meinung nach tun - mich hinstellen und ›Seht gefälligst selbst‹ sagen?«
»Viel mehr hat Jackson Pollock jedenfalls auch nicht gesagt, wenn er über seine Kunst sprechen sollte. Oft war er dabei betrunken. Und es hat ihn reich gemacht.« Dario trat auf mich zu und ergriff meinen Armstumpf. Das imponierte mir. Nur sehr wenige Leute fassen amputierte Gliedmaßen an; man könnte glauben, sie fürchteten im Innersten, Amputation könnte ansteckend sein. »Hören Sie, mein Freund, diese Leute sind wichtig. Nicht nur weil sie Geld haben, sondern weil sie sich für neue Künstler interessieren und jeweils drei weitere Leute mit gleicher Wellenlänge kennen. Nach dem Vortrag - nach Ihrem Vortrag - fängt das Gerede an. Die Art Gerede, die sich fast immer in eine magische Sache namens ›Mundpropaganda‹ verwandelt.«
Er machte eine Pause, spielte mit dem Trageriemen seiner Kamera und lächelte schwach.
»Sie brauchen nur darüber zu sprechen, wie Sie angefangen haben, wie Sie sich entwickelt haben …«
»Dario, ich weiß nicht, wie ich mich entwickelt habe!«
»Dann sagen Sie das. Sagen Sie irgendwas! Sie sind doch ein Künstler, verdammt noch mal!«
Ich beließ es vorerst dabei. Der drohende Vortrag schien noch in weiter Ferne zu liegen, und ich wollte, dass Nannuzzi möglichst bald ging. Ich wollte wieder The Bone einschalten, das Tuch von dem Gemälde auf der Staffelei ziehen und an Wireman blickt nach Westen weiterarbeiten. Wollen Sie die schmutzige Wahrheit hören? Das Bild sollte keinen hypothetischen Zaubertrick mehr bewirken, sondern war selbst zu einem geworden. Ich betrachtete es sehr egoistisch, und alles, was später folgen mochte - das
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