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Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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jemand anders an. Oder überhaupt kein Mensch. Irgendein Wesen, das Elizabeth Eastlakes alten, teigigen Körper wie eine Socke trug. Ich ballte kurz meine rechte Hand und spürte erneut, wie nicht existierende, zu lange Fingernägel sich in eine nicht existierende Handfläche gruben. Dann blickte sie wieder auf den Golf hinaus, wobei sie zugleich das Tablett abtastete, bis ihre Finger zufällig auf ein Stück Frühstückskuchen stießen, während ich mich einen Idioten schimpfte, der aufhören musste, sich von seinen Nerven unterkriegen zu lassen. Hier waren zweifellos dunkle Mächte am Werk, aber nicht jeder Schatten war ein Gespenst.
    »Das war er«, sagte Wireman geistesabwesend, während er den Vertrag entfaltete. »John Eastlake war ein regelrechter Ricou Browning - du weißt schon, der Kerl, der in den Fünfzigern das Geschöpf aus der Schwarzen Lagune gespielt hat.«
    »Wireman, du bist ein artesischer Brunnen voller wertloser Informationen.«
    »Yeah, bin ich nicht cool? Diese Harpunenpistole hat ihr Alter nicht etwa im Laden gekauft, weißt du; Miss Eastlake sagt, dass er sie hat anfertigen lassen.Wahrscheinlich gehört sie ins Museum.«
    Aber mir war John Eastlakes Harpunenpistole egal, zumindest im Moment. » Liest du diesen Vertrag?«
    Er ließ ihn auf das Tablett fallen und sah mich gedankenverloren an. »Ich hab’s versucht.«
    »Und dein linkes Auge?«
    »Nichts. Aber he, du brauchst nicht enttäuscht zu sein. Der Doktor hat gesagt ...«
    »Tu mir einen Gefallen. Halt dein linkes Auge zu.«
    Er tat es.
    »Was siehst du?«
    »Dich, Edgar. Einen hombre muy feo .«
    »Ja, schon gut. Halt das rechte zu.«
    Das tat er. »Jetzt sehe ich nur schwarz. Aber...« Er machte eine Pause. »Vielleicht nicht ganz so schwarz.« Er ließ die Hand wieder sinken. »Ich kann’s nicht bestimmt sagen. Neuerdings kann ich Wahrheit nicht von Wunschdenken unterscheiden.« Er schüttelte den Kopf, dass seine Haare flogen, dann schlug er sich mit dem Handballen an die Stirn.
    »Immer mit der Ruhe.«
    »Du hast gut reden.« Er saß einen Augenblick schweigend da, dann nahm er Elizabeth das Kuchenstück aus den Fingern und fütterte sie damit. Als es sicher in ihrem Mund untergebracht war, wandte er sich an mich. »Passt du auf sie auf, während ich etwas holen gehe?«
    »Gern.«
    Er trabte den Holzsteg hinauf, und ich blieb mit Elizabeth zurück. Ich versuchte, sie mit einem der restlichen Stücke Frühstückskuchen zu füttern, und sie knabberte an meiner Hand, was mich flüchtig an einen Zwerghasen erinnerte, den ich mit sieben oder acht Jahren gehabt hatte. Er hatte Mr. Hitchens geheißen, obwohl ich nicht mehr wusste, weshalb - unser Gedächtnis ist ein ulkiges Ding, nicht wahr? Ihre Lippen waren zahnlos und weich, aber nicht unangenehm.
    Ich streichelte ihren Kopf an der Stelle, wo ihre weißen Haare - drahtig, ziemlich grob - zurückgekämmt waren, bevor sie einen Nackenknoten bildeten. Ich überlegte mir, dass Wireman diese Haare jeden Morgen kämmen und zu diesem Knoten zusammenfassen musste. Dass Wireman sie heute Morgen angezogen haben musste, auch die Windel, denn in diesem Zustand war sie bestimmt inkontinent. Ich fragte mich, ob er an Esmeralda dachte, wenn er Sicherheitsnadeln schloss oder Klettverschlüsse andrückte. Ich fragte mich, ob er an Julia dachte, wenn er den Nackenknoten machte.
    Ich griff nach einem weiteren Stück Kuchen. Sie öffnete bereits gefügig den Mund... aber ich zögerte. »Was ist in dem roten Picknickkorb, Elizabeth? In dem auf dem Dachboden?«
    Sie schien nachzudenken. Angestrengt. Dann: »Jeder alte Pfeifenstopfer.« Sie zögerte. Zuckte mit den Schultern. »Jeder alte Pfeifenstopfer, den Adie will. Schieß los!« Und sie gackerte.
    Das war ein überraschender, hexenartiger Laut. Ich fütterte sie mit dem Rest ihres Frühstückskuchens, Stück für Stück, und stellte keine weiteren Fragen.
     
     
     
     
     
     
    XIV Als Wireman zurückkam, brachte er ein Diktiergerät mit, das er mir gab. »Ich hasse es, dich bitten zu müssen, diesen Vertrag auf Band zu sprechen, aber es geht nicht anders. Zum Glück ist das verdammte Ding nur zwei Seiten lang. Wenn’s geht, hätte ich ihn gern bis heute Nachmittag.«
    »Klar. Und sollte ich tatsächlich ein paar Bilder verkaufen, kriegst du eine Provision, mein Freund. Fünfzehn Prozent. Das müsste für Vertrags- und Talentberatung reichen.«
    Er warf sich in seinen Stuhl zurück und lachte und stöhnte gleichzeitig. » ¡Por Dios! Gerade als ich

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