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Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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hinaus, und die einfallende Morgensonne beleuchtete Wiremans Gesicht und ließ es so voller Mitgefühl erstrahlen, dass ich seinen Anblick kaum ertragen konnte. »Okay, muchacho . Zwei Stunden.«
    »Versuch bis dahin, alle abzuwimmeln.« Ich wusste nicht, ob er das noch mitbekam. Ich war ins Schlafzimmer unterwegs, und meine Stimme wurde mit jedem Wort leiser. Ich ließ mich aufs Bett fallen, auf dem schon Reba lag. Ich spielte kurz mit dem Gedanken, sie quer durch den Raum zu werfen, wie ich es am liebsten mit dem Telefon gemacht hätte. Stattdessen zog ich sie an mich, drückte mein Gesicht gegen ihren knochenlosen Körper und fing an zu weinen. Ich weinte noch, als ich einschlief.
     
     
     
     
     
     
    II »Aufwachen!« Irgendjemand schüttelte mich. »Wach auf, Edgar. Wenn wir diese Sache durchziehen wollen, müssen wir los!«
    »Ich weiß nicht … vielleicht ist er gar nicht wachzukriegen.« Das war Jacks Stimme.
    »Edgar!« Wireman schlug mir erst links, dann rechts ins Gesicht. Und keineswegs sanft. Grelles Licht traf meine geschlossenen Lider, überflutete meine Welt mit Rot. Ich versuchte, mich gegen all die Weckreize abzuschotten - auf der anderen Seite meiner Lider erwarteten mich schlimme Dinge -, aber das ließ Wireman nicht zu. » ¡Muchacho! Wach auf! Es ist zehn nach elf!«
    Das drang durch. Ich setzte mich auf und sah ihn an. Er hielt die Nachttischlampe so dicht vor mein Gesicht, dass ich die Hitze der Glühbirne spüren konnte. Jack stand hinter ihm. Die Erkenntnis, dass Ilse - meine Illy - tot war, rührte an mein Herz, aber ich schob sie beiseite. » Elf Uhr! Wireman, ich hab zwei Stunden gesagt! Was ist, wenn ein paar von Elizabeth’ Verwandten auf die Idee kommen …«
    »Nicht aufregen, muchacho . Ich habe den Bestatter angerufen und darum gebeten, alle von Duma fernzuhalten. Ich habe behauptet, dass drei von uns an Röteln erkrankt sind. Hoch ansteckend. Und ich habe Dario angerufen und ihm das mit deiner Tochter erzählt. Was die Bilder betrifft, liegt alles auf Eis, wenigstens vorläufig. Ich bezweifle, dass das zu deinen Prioritäten gehört, aber...«
    »Natürlich tut es das.« Ich stand auf und rieb mir mit meiner Hand die Augen. »So kann Perse wenigstens nicht noch mehr Schaden anrichten.«
    »Mein Beileid, Edgar«, sagte Jack. »Dein Verlust tut mir verdammt leid. Ich weiß, dass dir das kein großer Trost ist, aber …«
    »Doch, es ist einer«, sagte ich, und mit der Zeit würde es vielleicht einer werden. Wenn ich das immer wieder sagte, wenn ich weiter nach ausgestreckten Händen griff. Mein Unfall hatte mich eigentlich nur eines gelehrt: Man kann immer nur weitermachen wie bisher. Man muss sich immer wieder zuflüstern: Ich schaffe das, auch wenn man weiß, dass man es nicht schaffen wird.
    Ich sah, dass einer von ihnen mir meine restliche Kleidung mitgebracht hatte, aber für die heutige Arbeit wollte ich statt der Sneakers am Bettende die Stiefel aus dem Kleiderschrank. Jack trug Georgia Giants und ein langärmeliges Hemd; das war gut.
    »Wireman, setzt du Kaffee auf?«, fragte ich.
    »Haben wir dafür Zeit?«
    »Die müssen wir uns nehmen. Ich brauche noch alles Mögliche, aber als Erstes muss ich wach werden. Auch ihr beide könnt vielleicht etwas Treibstoff brauchen. Jack, hilf mir mit meinen Stiefeln, ja?«
    Wireman ging in die Küche. Jack kniete sich hin, ließ mich in die Stiefel schlüpfen und verknotete die Schnürsenkel. »Wie viel weißt du?«, fragte ich ihn.
    »Mehr, als mir lieb ist«, sagte er. »Aber ich verstehe das alles nicht. Ich habe mit dieser Frau - Mary Ire? - auf deiner Vernissage gesprochen. Ich hab sie gemocht .«
    »Ich auch.«
    »Während du geschlafen hast, hat Wireman deine Frau angerufen. Sie wollte nicht ausführlich mit ihm reden, deshalb hat er anschließend einen Kerl angerufen, den er auf deiner Ausstellung kennengelernt hat - Mr. Bozeman?«
    »Erzähl mir davon.«
    »Edgar, weißt du bestimmt...«
    »Erzähl’s mir.« Pams Version war unvollständig und bruchstückhaft gewesen, und selbst daran konnte ich mich nicht mehr genau erinnern - in meinem Kopf wurden die Einzelheiten von dem Bild überlagert, wie Ilses Haare auf der Oberfläche einer überlaufenden Badewanne schwammen. Dieses Bild konnte den Tatsachen entsprechen oder auch nicht, aber es war höllisch deutlich, höllisch detailliert und hatte praktisch alles andere ausgelöscht.
    »Mr. Bozeman sagt, dass die Polizei kein Anzeichen für gewaltsames Eindringen gefunden hat und

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