Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
diesen Ausdruck nie gebraucht habe, Mithäftlinge hätten von »Führer-Hügel« gesprochen.
In der Anhörung musste Facharzt Zappe auf Vorhalt der Verteidiger zugeben, dass Mollath in der Haft keinerlei Tätlichkeit begangen habe. In seiner Not sagte Zappe: Wir können doch die Leute nicht aufeinander loslassen, bloß damit der Beweis der Gefährlichkeit geführt werden kann! Mit anderen Worten: Wenn es keine wirkliche Tätlichkeit gab, musste eben eine fiktive herhalten. Kahler eilte Zappe beflissen zu Hilfe, die Verteidiger scharf rügend: »So kann man mit einem Sachverständigen nicht umspringen!« Bevor Mollath wieder abgeführt wurde, gab er den Journalisten ein eindrucksvolles Statement.
Aufgrund des untauglichen Gutachtens und der neueren Erkenntnisse hätten Kahler und seine Beisitzer Mollath in die Freiheit entlassen müssen – sie taten es nicht. Das war zugleich ein schwerer Verstoß gegen den Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit – Mollath saß bereits im achten Jahr in der Psychiatrie, ein Mörder kommt nach 15 Jahren frei. Die Richter beauftragten stattdessen Prof. Friedemann Pfäfflin mit einem erneuten Gutachten. Der hatte ja schon 2011 trefflich bescheinigt, dass bei Wahnvorstellungen die Realität nur eine untergeordnete Rolle spiele! Mollaths Verteidiger Gerhard Strate und Erika Lorenz-Löblein kritisierten die Entscheidung der Kammer heftig.
Bis Pfäfflin sein Gutachten erstellt haben würde, konnte es noch Monate dauern. Die Richter focht das nicht an, sie selbst waren auf freiem Fuß, genauso wie die Justizministerin. In der Münchner Abendzeitung wurde sie freundlich lächelnd zusammen mit anderen Damen der Gesellschaft abgebildet unter dem Kommentar: »Diese Frauen tun fröhlich Gutes.«
Derweil empörte sich jeder im Land, mit dem man über Mollath sprach: »Jetzt sitzt der immer noch drin!« Ob die Fortdauer der Haft wohl über die Wahlen im Herbst 2013 weiterbestehen würde? Mollath in Freiheit und die damit verbundenen Medienauftritte wären den Wahlchancen der CSU wohl eher abträglich. Das rechtliche Feigenblatt für die Haftfortdauer lieferte die Staatsanwaltschaft Regensburg, indem sie in ihrem Wiederaufnahmeantrag ausführte, am Ende des Verfahrens könnte doch wieder die Unterbringung in der Psychiatrie stehen.
Richterin Schwarz und Richter Schwarz
Auffällig ist der Name Schwarz gewiss nicht, wohl aber der Umstand, dass es in Bayreuth neben dem erwähnten Richter Schwarz noch eine Richterin gleichen Namens gibt, die ebenfalls in Sachen Mollath aktiv wurde. Zuständig für Betreuungsangelegenheiten, sprich Entmündigungen, hielt sie am 5 . April 2006 in einem Aktenvermerk fest, Leipzigers Stellvertreter Zappe habe angerufen und um »schnellstmögliche Errichtung einer Betreuung« für Mollath gebeten. Dieser habe »eine ausgeprägte querulatorische Persönlichkeit, bzw. im Moment imponiere das Querulatorische. Er solle baldmöglichst in die gesicherte Abteilung nach Straubing weiterverlegt werden.« Am nächsten Tag bereits war die Richterin im Bezirkskrankenhaus. Sie erhielt dort ein dreiseitiges medizinisches Gutachten und sprach kurz mit Mollath, jedoch ohne ihm das Gutachten zu zeigen. Tags darauf erließ sie einen Beschluss, mit dem sie Mollath für die Dauer von fünf Monaten vorläufig entmündigte – und zwar in Vermögens-, Gesundheits- und strafrechtlichen Angelegenheiten. Vor dieser Entscheidung hätte Schwarz für Mollath einen Verfahrenspfleger bestellen müssen. Das unterließ sie »wegen Gefahr im Verzug«. Wie das? Mollath war bereits hinter Gittern. Für wen stellte die von Zappe behauptete Querulanz – womit nur die Strafanzeigen gemeint sein konnten – eine Gefahr dar?
Gemäß der ihm erteilten Rechtsmittelbelehrung legte Mollath Beschwerde beim Landgericht ein – aber Richterin Schwarz leitete diese nicht weiter. Er legte noch mehrmals Beschwerde ein, schrieb verzweifelt auch an den Landgerichtspräsidenten, doch Schwarz reichte nichts weiter. Vielmehr schickte sie die Akten an das Amtsgericht in Straubing – inzwischen hatte man Mollath dorthin gebracht . Allerdings verwahrte sich das Amtsgericht Straubing gegen die Abgabe der Akten. Der zuständige Richter hielt mit Schreiben vom 16 . August 2006 Richterin Schwarz vor, die Akten hätten »längst dem Beschwerdegericht zur Entscheidung über die am 20 . 04 . 2006 (! ) eingegangene Beschwerde vorgelegt werden müssen«. Schwarz tat nichts dergleichen. Daraufhin rügte sie der Straubinger
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