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Wahnsinn

Titel: Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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Fall plädiert und die Todesstrafe gefordert. Ich finde das … einfach unglaublich.«
    Glauben Sie mir, Sie kennen nicht mal die halbe Wahrheit, schien ihr Lächeln zu sagen. Die Reporterin hatte bisher nicht das geringste Anzeichen dafür entdeckt, dass Lydia Danse so etwas wie Selbstmitleid empfand. Obwohl Todesstrafe in diesem Staat den Tod durch den Strang bedeutete. Selbst ihre gelegentlichen Tränen hatten nur ihrer Trauer, ihrem Verlust und dem Gefühlschaos ihres Sohnes gegolten.
    Auch das fand sie unglaublich.
    »Aber dazu ist es nicht gekommen«, sagte sie.
    »Nein, Gott sei Dank. Ich bin stattdessen mit lebenslänglich davongekommen.«
    Die Reporterin holte tief Luft. Es fiel ihr schwer, nicht angesichts dieses verfluchten Rechtssystems wütend zu werden – in Wahrheit war sie wütend und ihr fiel schwer, ihre Wut nicht zu zeigen.
    »Das verstehe ich nicht. Es war doch Notwehr, oder nicht? Er hat doch zuerst auf Sie geschossen. Das hat die Gerichtsmedizin eindeutig festgestellt. Er hätte unmöglich nicht nach Ihnen schießen können, weil er in dem Moment, als Ihre Kugel ihn traf, bereits tot war.«
    »Notwehr kam nicht in Frage, weil ich mit dem Revolver in der Tasche zum Haus gefahren bin. Weil ich genug Zeit hatte, die Waffe aus meinem Schlafzimmerschrank zu holen, ins Auto zu legen und mit dorthin zu nehmen. Das macht mich zum Aggressor. So hat das Gericht jedenfalls die Sache ausgelegt. Es war sogar von großer Bedeutung für den Richter, dass ich gar keinen Waffenschein habe.«
    »Und das Videoband?«
    Sie zuckte die Achseln. »Entweder fanden sie das Videoband nicht überzeugend oder haben es gar nicht berücksichtigt. Ich meine die Geschworenen, nicht den Richter. Der Richter hat das Band in sein Urteil miteinbezogen, und deshalb bin ich mit dem Leben davongekommen. Meine Anwälte und ich haben das, um die Wahrheit zu sagen, nie ganz verstanden. Einer der Geschworenen hat sich nachher dazu geäußert und gesagt, er hätte dem Band von Anfang an geglaubt, ein anderer meinte hingegen, es hätte ihn nicht im Geringsten überzeugt. Ich habe keine Ahnung, warum die Geschworenen, die Robert geglaubt haben, sich so entschieden haben. Streng nach Recht und Gesetz, nehme ich an. Ich vermute, es lag an dem Revolver.«
    »Wissen Sie, dass Ralph Duggan und die Staatspolizei zu der Zeit in einer Mordserie ermittelt haben? Und dass diese Morde seitdem offenbar aufgehört haben?«
    Sie nickte abermals.
    »Ich bin froh, dass das vorbei ist. Aber für meinen Fall hat das eigentlich keine Bedeutung, nicht wahr? Man konnte Arthur die Morde nicht nachweisen. Vielleicht war er es, vielleicht auch nicht. Aber ich habe keine Ahnung, ob das vor Gericht eine Rolle gespielt hätte oder überhaupt zugelassen worden wäre.«
    Die Reporterin warf einen Blick auf die uniformierte Beamtin in der Ecke des Sprechzimmers. Die Frau gab sich alle Mühe, ihnen nicht zuzuhören, starrte ausdruckslos ins Leere und hielt die Hände im Schoß gefaltet. Genau wie in jedem anderen Gefängnis, in dem sie bisher gewesen war. Jedes Geräusch hallte nach. Und wenn nur ein Stuhl knarrte, die Beamtin bekam es mit.
    Die Reporterin fühlte sich angesichts dieser Tatsache seltsam verwundbar.
    »Und Sie sind seitdem im Gefängnis, oder?«, fragte sie.
    »Ja.«
    »Robert haben Sie auch nicht gesehen?«
    »Er darf mich nicht besuchen. Das Gericht erlaubt es nicht. Erst wenn er vierzehn ist. Wenn Ihr Artikel irgendwas für mich ausrichten kann, dann würde ich mir wenigstens das wünschen: Ich bitte Sie, bewirken Sie, dass wir uns wenigstens hin und wieder sehen können.«
    Die Reporterin bezweifelte, dass ihr Artikel dabei helfen konnte. Sie hatte den Eindruck, dass Lydia Danse nach wie vor auf verlorenem Posten dem System gegenüber stand. Aber das würde sie ihr nicht ins Gesicht sagen. Diese Frau war bereits mit einem Gnadengesuch gescheitert. Sie wollte sich gar nicht vorstellen, wie sie sich fühlte und wollte die Sache nicht noch schlimmer machen.
    »Nach wie vielen Jahren können Sie mit Bewährung rechnen, Lydia?«
    Zum ersten Mal während des Interviews funkelten ihre Augen vor Wut.
    »Nach fünfzehn Jahren«, antwortete sie.
    »Bevor eine Bewährung überhaupt möglich ist?«
    »Ja. Robert ist dann vierundzwanzig. Ein erwachsener Mann. Bis dahin habe ich den Rest seiner Kindheit verpasst. Alles.«
    Ihr Blick sagte, dass ihr völlig klar war, wie sehr sie in einem gemeinen Spiel ohne eine Mitschuld betrogen worden war. Was Lydia Danse

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