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Wahnsinn

Titel: Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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irgendwas vermasselt.«
    Er meldete sich ab. Morton wahrscheinlich noch am wenigsten, überlegte er. Alle haben versagt. Total versagt. Der Richter. Die Anwälte. Einfach alle.
    Sogar er selbst. Auch wenn er nicht genau wusste, zu welchem Zeitpunkt. Irgendwas musste ihm entgangen sein, irgendwas hatte er nicht getan, das er unbedingt hätte tun müssen. Deswegen war er jetzt mitten in der Nacht unterwegs, um eine Frau mit einer Schusswaffe aufzuhalten.
    Scheiß drauf, dachte er. Was zählt, ist die Gegenwart. Jetzt hast du die Chance, etwas zu unternehmen. Und er hielt weiter auf die Berge zu.

    Die Holzbohlen rüttelten sie ordentlich durch, doch dann hatte sie die Brücke hinter sich. Auf der alten Schotterstraße verlangsamte sie das Tempo und fuhr noch ein Stück weiter, bevor sie die Scheinwerfer ausschaltete, anhielt und ausstieg.
    Während der Fahrt hatte sie die ganze Zeit zu einem Gott gebetet, an den sie sonst äußerst selten dachte: dass Arthur dem Jungen nichts getan hatte, dass der Mann, der in der Küche gewütet und sie am Telefon verhöhnt hatte, sein Pulver verschossen hatte und vor lauter Irrsinn erschöpft war und sich schlafen gelegt hatte. Allein, dachte sie, wiederholte das Wort wie ein Mantra. Bitte, Gott.
    Allein. Ohne Robert.
    Sie würde dem jetzt und hier ein Ende machen. Sie konnte Arthur Danse unmöglich noch länger ertragen, und Robert konnte das genauso wenig. Dieser Terror musste aufhören. Sie würde Robert mitnehmen und fliehen. Wohin, spielte keine Rolle. Es spielte auch keine Rolle mehr, dass sie wahrscheinlich kein Geld haben würden und dass sie den Beruf, den sie erlernt hatte, vermutlich nie wieder ausüben würde. Kein Geld zu haben war nicht so schlimm, wenn man noch am Leben war und niemand sich an einem verging.
    Das Haus war hell erleuchtet. Unten ebenso wie im Obergeschoss.
    Also war noch niemand schlafen gegangen.
    Egal.
    Sie lief querfeldein und spürte das hohe, nasse Gras über die rechte Hand streifen, in der sie den Revolver hielt. Sie hob die Waffe in Hüfthöhe. Ihr Gewicht fühlte sich auf eine Weise tröstlich an, wie sich noch keine Waffe auch nur annähernd für sie angefühlt hatte. Es war, als sei der Revolver der Verbündete, den sie die ganze Zeit so dringend gebraucht hatte, ihr jedoch nicht in den Sinn gekommen war. Nicht Sansom, nicht Andrea Stone, nicht mal die Gerichte oder die Polizei, nur dieses kalte Metallgewicht war ihr Verbündeter.
    Ihr letzter Rechtsbeistand.
    Sie trat auf die Veranda. Die Vordertür würde nicht abgeschlossen sein. Keine der Türen im Haus würde abgeschlossen sein. Das wusste sie.
    Es gab kein Zurück.
    Es war Schicksal, war es immer gewesen.

    Er sah die Scheinwerfer über den Schlafzimmervorhang streichen, als das Auto den Hügel heraufkam. Im nächsten Moment gingen sie aus.
    Robert hatte nichts mitbekommen.
    Sie kamen.
    Entweder sie oder Duggan.
    Jetzt war es soweit. Irgendetwas würde passieren.
    Eindringlinge, dachte er. Du sollst nicht betreten deines Nächsten Haus.
    Dazu wird es nicht kommen, ihr beschissenen Arschlöcher.
    Er öffnete die Tür. Seine Mutter und sein Vater standen davor und blickten ihn an und die 9-mm-Halbautomatik in seiner Rechten. Seine Mutter funkelte ihn wütend an. Sein alter Herr wirkte nervös und besorgt.
    Alles war so wie immer.
    »Daddy, schnapp dir deine Flinte«, sagte er. »Wir bekommen Gesellschaft.«
    Es war toll, so mit seinem Vater zu reden. Ihn herumzukommandieren.
    Wenn das alles vorbei war, würde er beide rumkommandieren können. Weil sie sich beide durch das, was sich hier abspielte, genauso schuldig machten wie er selbst – genauso schuldig, wie er selbst sein ganzes Leben lang gewesen war. Diese Bürde würden sie auf sich nehmen müssen.
    Er würde das alles für den Rest ihres Lebens gegen sie verwenden. Endlich war es so weit.
    Ab jetzt bestimmte er, wo es langging.
    Er schob sich an ihnen vorbei zur Treppe.
    »Hol das Gewehr, Daddy«, sagte er. »Und zwar ein bisschen plötzlich.«

    Sie hatte Recht gehabt: Die Tür war nicht verschlossen. Sie drehte den Knauf, die Tür öffnete sich fast lautlos und sie sah Arthur im Flur bei der Treppe. Etwas Schwarzes wies vor dem Licht aus der Küche in ihre Richtung, und sie spürte, wie etwas gegen ihre Brust prallte und sie nach hinten gegen die Haustür warf. Erst dann hörte sie die Entladung.
    Sie hob den Revolver und schoss, sie wusste nicht, wie oft, und die Gestalt verschwand aus ihrem Blickfeld. Sie schaute an ihrem

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