Wahre Liebe lässt frei! - wie Frau und Mann zu sich selbst und zueinander finden
traurige Kind muss sich Sätze anhören wie: »Du musst doch nicht traurig sein.« Das ängstliche Kind hört: »Du brauchst doch keine Angst zu haben.« Oder: »Das ist doch nicht so schlimm.« Oder: »Stell dich nicht so an!« In allen Fällen fühlt sich das Kind mit seinen Gefühlen unverstanden und nicht angenommen. Die Folge im Innern: Es fühlt sich schon wieder »nicht in Ordnung«. Die Folge im Außen: Es verschließt sich und behält seine Gefühle in Zukunft für sich, damit es sich nicht mehr mit Zurückweisungen oder hilflosen Reaktionen seiner Eltern auseinandersetzen muss. Den Spitzenreiter unter diesen Elternsätzen haben Sie selbst vermutlich noch gut im Ohr: »Reiß dich zusammen!«, nicht selten gefolgt von: »Ich halt das nicht mehr aus!«
Das Nein zum Fühlen und zum Leben
Jedes Kind handelt aus seiner Sicht logisch, wenn es sein Herz zu verschließen beginnt, um seinen Schmerz zu reduzieren. Es sagt sich: »Das tut mir zu sehr weh. Ich will das nicht mehr fühlen!« Dieser Entschluss kommt einem Schwur gleich und wirkt sich oft ein Leben lang katastrophal aus – auch auf die Paarbeziehung. Das Kind schneidet sich mehr und mehr vom Fühlen ab, verschließt sein liebendes und sich nach Liebe sehnendes Herz und beginnt, sein Leben strategisch denkend zu bewältigen. Es geht vom Herzen in den Verstand und macht diesen zum Chef, während es ein Bündel an Grundüberzeugungen entwickelt wie beispielsweise: »Ich muss aufpassen, dass ich nicht so oft anecke.
Ich muss es anderen recht machen. Ich muss ein besserer Mensch werden. Ich will perfekt sein, dann werde ich nicht mehr zurückgewiesen, sondern anerkannt. Ich muss mich anstrengen. Ich darf mich nicht gehen lassen. Ich muss mich zusammenreißen.«
Darauf dass das Leben aus seiner Sicht immer kälter wird, das Umfeld immer mehr Bedingungen aufstellt und es immer öfter kritisiert wird, reagiert das Kind in den ersten Jahren mit der Ausbildung eines inneren Kritikers und Druckmachers, dessen Aufgabe es ist, nicht nur es selbst, sondern später auch den Erwachsenen ständig mit Druck machenden und herabsetzenden Gedanken anzutreiben und kleinzuhalten. Diese innere Figur ist nicht fiktiv, sondern konkret wahrnehmbar. Jeder kann diese – von ihm selbst gezüchtete und beauftragte – Wesenheit in seinem Innern kennenlernen (siehe meine Meditation auf CD: Schluss mit Hetze, Druck & Co. ). Sie ist keine von außen in uns hineingesetzte Instanz, sondern eine systematisch durch unsere immer gleich lautenden Gedanken von uns selbst erzeugte und beauftragte Gestalt, der wir innerlich begegnen können und die darauf wartet, ihren undankbaren Job endlich aufgeben zu können.
War die Grundeinstellung des kleinen Kindes zur Welt, zum Leben und zu sich selbst anfangs meist noch ein eindeutiges Ja, so entwickelt es in den ersten Jahren immer mehr ein ausdrückliches Nein zum Leben und zu sich selbst. Diese ablehnende Haltung dem Leben und sich selbst gegenüber führt auf einen Lebensweg, der von Konflikten, Unsicherheiten, Enttäuschungen und Leidenszuständen – besonders in unseren Beziehungen – geprägt ist. Die meisten Menschen fahren mit angezogener Handbremse und nur zwei von zwölf Zylindern durchs Leben. Sie stehen nicht mit beiden Beinen auf der Erde oder
bekommen kein Bein auf den Boden, um es in anderen Bildern zu sagen.
Für diese schöpferische Leistung des Kindes, für sein grundlegendes Nein darf der Erwachsene später die Verantwortung übernehmen, indem er seinen schwierigen Lebensweg im Lichte dieses frühen Neins als seine eigene Kreation begreift. Zwar erschafft das Kind nicht seine eigene schwere Kindheit, wohl aber eignet es sich in dieser Zeit der Abhängigkeit das wesentliche Schöpfungsmaterial in Form von Gedanken, Überzeugungen und Einstellungen sich selbst, dem Leben und anderen Menschen gegenüber an, mit welchem der junge Erwachsene später seine eigene Lebenswirklichkeit gestaltet. Diese schöpferische Leistung des Kindes wird bis heute von der klassischen Psychologie nicht gesehen.
Ich lade jeden ein, sich dieses frühen Neins zum Leben bewusst zu werden und die Verantwortung dafür zu übernehmen, statt weiterhin seiner schweren Kindheit oder seinen unzureichenden Eltern die Schuld für später im Leben erlittenes Leid zu geben. Dieses Nein sowie die gesamte bisherige Lebensleistung eines Menschen will gewürdigt und wertgeschätzt werden, und zwar als großartige kreative Leistung in einer Welt der verletzten
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