Wahre Liebe lässt frei! - wie Frau und Mann zu sich selbst und zueinander finden
Kinder in Erwachsenenkörpern. Den meisten Menschen ist überhaupt nicht bewusst, dass ihre eigene Kindheit die schwerste Zeit ihres Lebens war. Ich sage: »Herzlichen Glückwunsch, Sie haben Ihre Kindheit überlebt.«
Überlegen Sie doch nur einmal, wie viele Wünsche, Erwartungen, Forderungen, Gebote und Verbote Sie seit Ihren ersten Lebensjahren bis ins junge Erwachsenenalter täglich beachten mussten. Wie sehr haben Sie sich angestrengt, es Ihren Eltern und Ihrer Umwelt recht zu machen, um jene Anerkennung und Wertschätzung zu erhalten, nach der sich
die meisten Menschen bis heute sehnen und von der sie glauben, abhängig zu sein. Ich frage Sie: Ist Ihr Vater oder Ihre Mutter am Ende Ihrer Jugendzeit zu Ihnen gekommen und hat gesagt: »Kind, ich muss dir einmal sagen: Du hast es geschafft! Du hast dich all die Jahre angestrengt, ein so guter Sohn, eine so gute Tochter zu sein, wie du konntest. Heute entlasse ich dich und nehme meine Forderungen und Erwartungen an dich zurück. Hier ist der Champagner. Lass uns feiern!«?
Solche Entlassungsfeiern, die einen angemessenen Übergang ins Erwachsenendasein markieren würden, finden in unserer Gesellschaft nicht statt. Die Folge hiervon ist, dass die meisten Menschen im Alter von dreißig, vierzig Jahren immer noch unter dem Druck dieser Erwartungen durchs Leben gehen und weiterhin versuchen, es ihren Eltern und anderen Menschen recht zu machen. Viele Menschen suchen ihr Leben lang nach Anerkennung und Bestätigung aus ihrer Umwelt und entwickeln hieraus eine regelrechte Sucht. Sie gehen nicht den Weg ihres eigenen Herzens, sondern folgen den Vorstellungen des Verstandes, der zum »Normalsein« aufruft. Der Normalmensch tut ein Leben lang, was »man« tut, und unterlässt, was »man« nicht tut. Was glauben Sie, geschieht, wenn »Normal-Frau« und »Normal-Mann« aufeinandertreffen und versuchen, glücklich miteinander zu werden? Schauen Sie sich die Beziehungen und Ehen an, dann sehen Sie das Ergebnis.
Zwei hungrige Kinder kommen zusammen
Jedes Kind legt also – in Reaktion auf die dosierte, bedingte Zuwendung seiner Eltern oder eines Elternteils – die Grundlage für jenes Drama, das sich später in den meisten Paarbeziehungen abspielt und für das der erwachsene Mensch einige Jahrzehnte später die Schöpferverantwortung übernehmen darf. Das Kind gewöhnt sich einerseits daran, eine Vielzahl unwahrer, sich selbst herabsetzender, entwertender Gedanken zu denken und erschafft durch eben diese Gedanken Emotionen wie Schuld, Scham, Kleinheit, Trauer, Wut und Ohnmacht, die es wiederum nicht ausdrücken darf, sondern verdrängen muss. Diese Kombination aus negativen Gedanken über sich und die lieblose Welt sowie unangenehmen, unterdrückten Emotionen sind die wesentlichen schöpferischen Energien, mit denen sich der später Erwachsene ein Leben erschafft, das von Mangelzuständen im Innern wie im Außen geprägt ist.
So kommen in den meisten Paarbeziehungen zwei hungrige Kinder zusammen, die sich zutiefst nach Nahrung sehnen. Sie empfinden eine große Sehnsucht nach bedingungsloser Liebe, nach Geborgenheit, nach Angenommen- und Bestätigtwerden, nach der Botschaft: »Du bist in Ordnung. Du bist gut. Du bist wunderbar. Du bist liebenswert. Ich liebe dich so, wie du bist!«
Diese Sehnsucht nehmen viele – wenn sie einmal bewusst in sich hineinspüren – als große innere Leere wahr oder buchstäblich als Loch, das gefüllt werden möchte. Die meisten versuchen dieses Loch auch in ihrem Berufsleben zu füllen, indem sie sich vom Chef oder von der Firma Anerkennung und Bestätigung wünschen und sich in die Arbeit stürzen, um sie zu bekommen. Aber die größte Hoffnung in Bezug auf das seelische Sattwerden setzen die meisten
Menschen auf den Beziehungspartner. Die ständige, fast immer unbewusste, ja chronisch gewordene Suche nach Liebe, Anerkennung und Bestätigung ist bei den meisten Menschen zur Sucht geworden – zur größten Sucht, unter der die Menschen des Westens leiden. In meinen Augen leben alle anderen Süchte – die nach Alkohol, nach Nikotin, nach Ablenkung durch Arbeit, Sport, Fernsehen, Video, Spiele, nach Ablenkung durch ständiges Reden oder Telefonieren oder auch durch den ungeheuren Lärm in den Diskotheken und Bars – von nichts anderem als dieser allen zugrunde liegenden Sucht nach Liebe, Anerkennung und Bestätigung.
In einer Beziehung kommen zunächst fast immer zwei Menschen zusammen, die etwas haben wollen, nicht zwei, die
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