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Wahrheit (Krimipreis 2012)

Titel: Wahrheit (Krimipreis 2012) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Temple
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nur teil hat, untergehn.«
    Fingerspitzen gruben sich in seinen Oberarm.
    »Und, wie dies leere Schaugepräng’ erblasst, spurlos verschwinden«, schloss Villani.
    »Wer bist du?«
    »Das ist die neue Polizei«, sagte er. »Wir finden Shakespeare relevant. Und natürlich inspirierend.«
    Sie rückte näher, Seide, ihre Haare fielen auf ihn. »Ich hatte das Gefühl, du könntest der Erforscher der intellektuellen Frau sein. Und gut im Bett. Wenn auch ein wenig überhastet.«
    »Überhastet? Ich werd dir ›überhastet‹ geben.«
    Sie war schlank, aber muskulös, gab vor, sich zu ergeben, dann wehrte sie sich, er wollte sie nach unten drücken, erregt.
    Er sah die junge Frau auf dem Autorücksitz, der Lippenstift verschmiert. Angst überkam ihn.
    »Was ist?«, sagte sie, »was hast du?«
    »Ich dachte, du … wehrst dich gegen mich.«
    »Ich wehre mich gern gegen dich. Was ist los?«
    »Gar nichts.«
    »Hat dich was abgetörnt?«
    Er drehte sich um, sah die verschwitzten Haare auf seinem Bauch, die Speckfalte.
    »Bin nur müde«, sagte er. »Musste früh raus.«

    Sie schwieg eine Zeit lang, griff nach ihrem Bademantel, erhob sich wie eine Gottesanbeterin, mühelos. »Geh duschen, dann essen wir.«
    Villani frottierte sich gerade die Haare, als sein Handy klingelte.
    »Dad.«
    Corin.
    »Ja, Liebling. Was ist?«
    »Ich hab ein etwas unheimliches Gefühl. Hier kurvt so ein Auto rum.«
    Die Angst. In seinem Magen, seinem Hals, sofort sammelte sich Galle in seinem Mund. »Kurvt wie rum?«, fragte er beiläufig.
    »Fuhr vorbei, als ich nach Hause kam, zwei Typen. Als ich später den Müll rausbrachte, parkte es weiter unten auf der Straße. Gerade bin ich noch mal raus, und da war es weg, und dann kamen sie um den Block und parkten weiter oben.«
    »Was für ein Wagen?«
    »Die sehen alle gleich aus. Neu. Hell.«
    »Wird schon nichts sein, aber schließ für alle Fälle ab. Ich schicke jemanden vorbei, ich bin unterwegs. Höchstens zwanzig Minuten. Ruf mich an, falls irgendwas passiert. Ist das klar?«
    »Jawoll, Sir. Danke, Dad.«
    Sein kostbares Mädchen. Dankte ihm, als täte er ihr einen Gefallen. Er drückte die Kurzwahltaste, sprach mit der diensthabenden Person, wartete, hörte den Funkverkehr mit.
    »Ein Wagen ist vier Minuten entfernt, Chef«, sagte die Frau.
    »Sagen Sie ihnen, ich bin in zwanzig da, so lange sollen sie bleiben.«
    Anna war in der Küche am Ende des großen Zimmers, die Haare hochgesteckt, barfuß, hauchdünner Morgenmantel. Sie wandte ihm den Kopf zu.

    Villani durchquerte das Zimmer, stellte sich hinter sie.
    »Streifen besten Rumpsteaks«, sagte Anna. »Das gibt Kraft.«
    Die Lockerheit war dahin. Villani wollte sie am liebsten an sich drücken. »Bestes Rumpsteak hat mir die Kraft geraubt«, sagte er. »Ich muss los. Lässt sich nicht aufschieben.«
    Sie rührte in dem Wok. »Rein – raus.«
    Er wollte sie aufs Ohr küssen, sie bewegte sich, er küsste Haare. »Tut mir leid«, sagte er. »Wahrscheinlich ist das alles ein Irrtum.«
    »Lass uns das nicht als Tragödie spielen«, sagte sie. »Nur ein Fick.«
    »Du hättest ins Theater gehen sollen.«
    »In das Stück kann ich noch den ganzen Monat gehen. Du hingegen könntest jeden Augenblick schließen.«
    »Vielleicht solltest du mich als geschlossen betrachten«, sagte er, auf einmal erleichtert, ging, nahm im Gehen seine Jacke vom Sofa, hielt nicht an. An der Wohnungstür blieb er unwillkürlich stehen und sah sich um. Sie wandte ihm ihren Nacken zu.
    Auf der ganzen Fahrt durch die heiße, lärmende Stadt dachte er an Corin, wie viel Freude sie bereitet hatte, das köstliche atmende Gewicht des auf ihm schlafenden, winzigen Kindes an einem drückend heißen Nachmittag im Ferienhaus, er exerzierte den egoistischen Schmerz durch, den er empfände, falls ihr etwas zustoßen würde, die Verantwortung, die auf ihm lasten würde, weil er eine Arbeit hatte, wegen der einen vertierte Menschen hassten, von Rache träumten, die Familie umbrachten.
    In Carlton, an der Kreuzung Elgin Street, sprach er mit ihr.
    »Da draußen geht irgendwas vor«, sagte sie. »Autos.«
    »Die Polizei ist bei dir. Bleib im Haus. Ich bin in ein paar Minuten da.«
    Als er in die Straße einbog, sah er die Autos, hielt hinter ihnen. Eine Uniformierte trat an sein Fenster.

    »Zwei Hirnis, Chef«, sagte sie. »Der eine lebt von seiner Alten getrennt, die da unten die Nummer hundertsechsundsiebzig gemietet hat, und er glaubt, sie rammelt seinen Bruder. Und darum sitzen und

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