Wait for You
ich die SMS gesehen habe.«
Wie angewurzelt stand ich mitten in meinem Wohnzimmer. Damit war so ziemlich meine schlimmste Angst wahr geworden. Okay, ganz oben stand die Angst davor, dass Cam herausfand, was geschehen war, aber diese Situation folgte direkt dahinter und war fast genauso entsetzlich.
»Avery«, sagte Cam leise und vorsichtig. In diesem Moment verstand ich erst, dass er nicht wütend auf mich war. Nicht im Geringsten. Nicht einmal, nachdem ich ihn angeschrien hatte, weil er diese dämliche SMS gelesen hatte. Irgendwie war das noch schlimmer. »Warum solltest du so eine SMS bekommen?«
Mein Herz schlug fast schmerzhaft gegen meine Rippen. »Ich weiß es nicht.«
Ein zweifelnder Ausdruck huschte über sein Gesicht.
»Ich weiß es nicht«, wiederholte ich und klammerte mich mit aller Kraft an diese Lüge. »Ab und zu bekomme ich eine SMS dieser Art, aber ich weiß nicht, warum. Vielleicht hat da jemand einfach die falsche Nummer.«
Cam starrte mich an. »Du weißt nicht, von wem sie kommen?«
»Nein.« Und das war die Wahrheit. »Da steht nur Unbekannt. Du hast es ja gesehen.«
Seine Schultern verspannten sich, und er drückte die Knie aneinander. Mehrere Sekunden vergingen, während mein Puls raste.
»Es tut mir leid, dass ich so ausgeflippt bin«, fügte ich schnell hinzu. »Ich war einfach überrascht. Ich habe geschlafen, und dann wache ich auf und spüre, dass etwas nicht stimmt. Und dann dachte ich… Keine Ahnung, was ich gedacht habe, aber es tut mir leid.«
»Hör auf, dich zu entschuldigen, Avery.« Cam rutschte auf die Sofakante. »Ich brauche deine Entschuldigungen nicht. Ich möchte, dass du ehrlich zu mir bist, Süße. Mehr will ich nicht. Wenn du solche Nachrichten bekommst, sollte ich davon wissen.«
»Warum?«
Er runzelte die Stirn. »Weil ich dein Freund bin und ich Bescheid wissen sollte, wenn jemand dich als Hure beschimpft!«
Ich zuckte zusammen.
Cam wandte den Blick ab und zwang sich dazu, ruhig zu atmen. »Ehrlich? Das macht mich unglaublich sauer, selbst wenn die Nachricht nicht für dich bestimmt ist. Niemand sollte solchen Dreck verschicken.« Damit sah er mich wieder an, und eine Ewigkeit schien zu vergehen. »Du weißt, dass du mir alles erzählen kannst, oder? Ich werde nicht über dich richten oder wütend werden.«
»Ich weiß.« Meine Stimme klang selbst in meinen eigenen Ohren jämmerlich, und das nervte mich. Deswegen wiederholte ich lauter: »Ich weiß.«
Er schaute mich an. »Und du vertraust mir, richtig?«
»Ja. Natürlich vertraue ich dir.« Ich erwiderte den Blick unverwandt.
Wieder folgte eine lange Pause, die mich das Schlimmste fürchten ließ. »Scheiße«, knurrte er dann, und mein Herz sank. Wusste er es? Was dachte er gerade? Die Wahrheit – alles – lag mir schon auf der Zunge, aber dann schloss er die Augen. »Ich war auch nicht ganz ehrlich dir gegenüber.«
»Was?« Das war das Letzte, was ich erwartet hatte.
Er rieb sich das Kinn. »Ich erzähle dir, dass du mir vertrauen sollst und dass du mir alles erzählen kannst, aber ich selbst habe das nicht getan. Und irgendwann wirst du es rausfinden.«
Hey. Zum Teufel mit der SMS . Zum Teufel mit meinem großen Geständnis. Was zur Hölle ging hier vor? Wie betäubt eilte ich um den Couchtisch herum und setzte mich neben ihn auf die Couch. »Wovon redest du, Cam?«
Er hob den Kopf. Sein Blick wirkte so gequält, dass es mir im Herzen wehtat. »Erinnerst du dich, dass ich mal gesagt habe, dass wir in der Vergangenheit alle schon Dinge getan haben, auf die wir nicht stolz sind?«
»Ja.«
»Ich weiß das besser als andere. Nur wenige Leute wissen davon«, sagte er. Plötzlich musste ich an den Tag denken, wo er so wütend auf Ollie gewesen war, und dann an die Party, als er sich auf diesen Kerl gestürzt hatte. Da hatte Jase ihm irgendetwas mitgeteilt, ohne es wirklich auszusprechen. »Und es ist das Letzte, was ich dir erzählen will.«
»Du kannst es mir sagen«, versicherte ich, und ja, ich fühlte mich dabei richtig arschig, wenn man bedachte, was ich ihm alles nicht erzählte. »Ehrlich, du kannst mit mir reden. Bitte.«
Er zögerte. »Eigentlich sollte ich dieses Jahr meinen Abschluss machen, zusammen mit Ollie. Aber ich mache ihn nicht.«
»Du hast mir mal erzählt, dass du eine Weile aussetzen musstest.«
Cam nickte. »Es war im zweiten Studienjahr. Ich war über den Sommer nicht oft zu Hause, weil ich Aushilfstrainer bei einem Fußballlager in Maryland war, aber wann immer
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