Wait for You
ich doch zu meinen Eltern fuhr, benahm meine Schwester sich… seltsam. Ich konnte es nicht genau sagen, was es war, aber sie war total nervös, und wenn sie zu Hause war, verbrachte sie ihre gesamte Zeit in ihrem Zimmer. Und laut meinen Eltern war sie nur sehr selten zu Hause.«
Mein Magen verkrampfte sich, als ich die Beine überschlug. Ich konnte nur hoffen, dass ich falschlag und nicht wirklich wusste, worauf die Geschichte hinauslaufen würde.
»Meine Schwester war immer eine mitfühlende Seele, weißt du. Sie hat streunende Tiere und Menschen eingesammelt, besonders Kerle. Schon als sie ganz klein war, hat sie sich immer mit dem unbeliebtesten Kind der Klasse angefreundet.« Cams Mundwinkel wanderten ein kleines Stück nach oben. »Dann traf sie diesen Kerl. Er war ein oder zwei Jahre älter als sie, und ich nehme an, ihre Beziehung war ernst – so ernst sie mit sechzehn eben sein kann. Ich habe den Typen einmal getroffen. Mochte ihn nicht. Und das hatte nichts damit zu tun, dass er mit meiner kleinen Schwester in die Kiste wollte. Er hatte einfach etwas an sich, was mich störte.«
Cam fuhr sich mit den Händen über das Gesicht, dann ließ er sie wieder zwischen seine Knie fallen. »Über die Thanksgivingferien war ich dann wieder zu Hause. Irgendwann stand ich in der Küche. Teresa war auch da, und wir haben herumgealbert. Sie hat mich geschubst, und ich habe zurückgeschubst, sie gegen ihren Arm geboxt. Nicht mal hart, aber sie schrie, als hätte ich ihr ernsthaft wehgetan. Zuerst dachte ich, sie spielt nur, aber sie hatte Tränen in den Augen. Danach hat sie es heruntergespielt, und ich habe es für den Abend vergessen, aber am Morgen von Thanksgiving betrat Mom das Bad, als Teresa nur ein Handtuch trug, und entdeckte es.«
Ich hielt den Atem an.
»Meine Schwester… sie war mit Blutergüssen übersät. Auf den gesamten Armen und Beinen.« Cams Hände ballten sich zu Fäusten. »Sie behauptete, das käme vom Tanzen, aber wir wussten alle, dass man solche Blutergüsse nicht beim Tanzen bekam. Es hat uns fast den gesamten Vormittag gekostet, sie dazu zu bringen, uns die Wahrheit zu sagen.«
»Es war ihr Freund?« Ich erinnerte mich an das Gespräch am Tisch bei seinen Eltern. Plötzlich ergab Cams plötzliches Interesse daran, mit wem sie simste, um einiges mehr Sinn.
Der Muskel an seinem Kinn zuckte, als er nickte. »Dieser kleine Mistkerl hatte sie geschlagen. Er ging klug an die Sache heran, suchte sich Stellen, an denen man es nicht sofort sah. Sie ist bei ihm geblieben. Zuerst verstand ich nicht warum, aber letztendlich fand ich raus, dass sie einfach zu viel Angst vor ihm gehabt hatte, um sich zu trennen.«
Cam stand auf, und mein Blick folgte ihm. Er wanderte zum Fenster und schob den Vorhang zur Seite. »Keiner weiß, wie lange das noch weitergelaufen wäre, wenn Mom sie nicht im Bad überrascht hätte. Hätte Teresa es irgendwann jemandem erzählt? Oder hätte der Kerl sie einfach weiter verprügelt, bis er sie irgendwann totgeschlagen hätte?«
Meine Kehle war wie zugeschnürt, während ich an meiner Unterlippe kaute.
»Gott, ich war so sauer, Avery. Ich wollte diesen Arsch umbringen. Er verprügelte meine Schwester. Mein Dad wollte die Polizei rufen, aber was konnte die schon tun? Beide waren noch minderjährig. Er hätte einen warnenden Klaps auf die Finger und eine Therapie bekommen… was auch immer. Und das ist lächerlich. Damit konnte ich mich nicht abfinden. Am Thanksgivingabend bin ich losgezogen, um ihn zu suchen. Hat nicht lange gedauert, die Stadt ist ziemlich klein. Ich habe an seine Tür geklopft und er kam einfach raus. Ich habe ihm erklärt, er solle sich ab jetzt von meiner Schwester fernhalten, und weißt du, was dieser kleine Mistkerl getan hat?«
»Was?«, flüsterte ich.
»Er hat sich total aufgeregt und sich in die Brust geworfen. Hat mir erklärt, er würde tun, wonach auch immer ihm der Sinn steht.« Cam lachte hart. »Da bin ich ausgerastet. Wütend ist nicht mal ansatzweise das richtige Wort. Ich war zornentbrannt. Ich habe ihn geschlagen, und ich habe nicht aufgehört.« Er drehte sich wieder um, aber er wirkte nicht, als würde er mich wirklich sehen. »Ich habe nicht aufgehört, auf ihn einzuschlagen. Nicht als seine Eltern nach draußen kamen oder als seine Mom anfing zu schreien. Es waren zwei Polizisten nötig, um mich von ihm wegzuzerren.«
Oh mein Gott. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Während ich beobachtete, wie er sich in meinen Sessel
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