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Wald der Masken

Wald der Masken

Titel: Wald der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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Schachtelhalmwälder aus, nur hier und da unterbrochen von gigantischen Laubbäumen.
    Mythor konnte nun das Schleifen und Zischen hören, das von allen Seiten zugleich kam.
    »Echsen«, sagte Ilfa. »Boten des Todes.«
    Mythor kletterte auf einen der Felsen und sah Hunderte von panzerbewehrten Kreaturen, die sich wie ein einziger, grünglänzender Teppich heranschoben. Es waren solche darunter, die kaum Eidechsengröße besaßen, aber auch solche, die drei oder vier Körperlängen maßen. Einige hatten Panzer. Andere waren gestachelt und verfügten über Schwänze, die wie Schwerter in die Höhe gerichtet waren.
    Ilfa kam an Mythors Seite gekrochen.
    »Aberglaube«, sagte er. »Diese Tiere leben hier, wir sind ihnen schon mehrmals begegnet.«
    »Aber noch nie haben sie sich wie nach einem gemeinsamen Plan zusammengeschart, Mythor.«
    Aberglaube! Wie paßte dieses Urteil zu einem, der nicht wußte, woran er überhaupt glauben sollte?
    Er schüttelte den Gedanken von sich. Jetzt kamen die Echsen zum Stillstand, als wäre von irgendwoher ein Befehl an sie ergangen. Die vordersten waren noch zwei Schritte von den Felsen entfernt. Einer der gestachelten Riesen bog den Hals zurück und spie eine Feuerlohe in den düsteren Dunst.
    »Siehst du es nun?« flüsterte Ilfa. »So ging es die ganzen letzten Stunden über. Die großen scheinen eine Art Heerführer zu sein.«
    »Ilfa, es sind Tiere.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »In diesem Land kann das Böse selbst in jedem Grashalm wohnen. Frage die Baummenschen. Sie werden dir auch sagen, daß die Echsen die Boten des Todes sind.«
    Auch das Zischen hörte jetzt auf. Die Stille war unheimlich. Mythor wurde unsicher. Es war, als sammelten sich überall gewaltige Kräfte, um dann mit einem Schlag gegen die Menschen entfesselt zu werden.
    Mythor sah sich um. Cobors Männer waren jetzt auch auf den Beinen. Sie blickten fragend ihren Anführer an, und als der nichts zu ihnen sagte, verteilten sie sich um das Feuer. Cobor stand wie aus Fels gehauen, den Blick wie in weite Fernen gerichtet.
    »Mythor!«
    Ilfa hatte ihr Schwert aus der Lederscheide gezogen. Die steil aufgerichteten Peitschenschwänze der großen Echsen zitterten. Dann schlugen sie gegeneinander, und ihr Knallen erfüllte die Luft.
    »Sie greifen an! Es ist das Signal!«
    Ilfas Schrei war noch nicht ganz verklungen, als die grüne Armee sich in Bewegung setzte und die Felsen stürmte. Mythor riß die Gefährtin mit sich zurück, rannte zum Feuer und holte zwei glühende Scheite heraus.
    »Cobor! Roar!« rief er. »Versucht, die Biester mit dem Feuer zurückzutreiben!«
    Die Baummenschen verließen sich lieber auf ihre Messer, Schwerter und Keulen. Mythor warf Ilfa eines der Scheite zu. Mit ihm in der linken, dem Dolch in der rechten Faust stellte sie sich der kriechenden Flut entgegen, die sich von allen Seiten über den Lagerplatz ergoß. Die Flammen vermochten die Echsen nur für kurze Zeit zu schrecken. Dann krallten sie sich in die Beine der Männer, kletterten blitzschnell an ihnen empor und bissen sich fest.
    Roar wütete fürchterlich. Den Kampfhammer in beiden Händen, drehte er sich um die eigene Achse und zerschmetterte die kleinen Bestien. Als diesen größere Echsen folgten, war er der erste, der ihnen entgegenstürzte.
    Mythor warf das Holz fort und kämpfte mit dem Dolch und den bloßen Fäusten. Als er Cobor immer noch tatenlos stehen sah, packte ihn kalter Zorn.
    »Worauf wartest du noch! Willst du sehen, wie deine Männer fallen?«
    Der Baummensch drehte sich langsam zu ihm um. Mit einer Hand wischte er drei Tiere von sich, als handelte es sich nur um Ungeziefer.
    »Wenn die Echsen euch schrecken«, schrie er, »wie wollt ihr dann gegen die wirkliche Gefahr des Marmorbruchs bestehen!«
    Mythor hörte das Wort Marmorbruch zum erstenmal. Er kam nicht dazu, Cobor nach der Bedeutung zu fragen. Es ging um das nackte Leben. Die Gefährten mußten springen, um den zuschnappenden Mäulern zu entgehen. Die Schar der Echsen schien kein Ende zu nehmen. Für jede erschlagene rückten zwei neue nach.
    »Dort auf den großen Felsen!« schrie Mythor. »Alle mir nach! Wir säubern ihn von dem Getier und verteidigen uns!«
    Cobor kämpfte nun mit dem Schwert und stand Roar in seiner Wildheit kaum nach. Dennoch verriet jeder seiner Blicke, daß dies für ihn nur das Vorspiel zu etwas anderem, noch viel Schrecklicheren sein mußte.
    Mythor lief es eiskalt über den Rücken, als er sich diese Gefahr vorzustellen versuchte.

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