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Walden Ein Leben mit der Natur

Walden Ein Leben mit der Natur

Titel: Walden Ein Leben mit der Natur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry David Thoreau
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doch mächtige Jäger aus ihnen werden, so daß kein Wild groß genug für sie ist, weder hier noch in einem anderen Wald
    - Seelenjäger sowohl wie
    Menschenfischer. Soweit bin ich mit Chaucers Nonne einer Meinung: sie
    »Gab um das Wort nicht ein gerupftes Huhn,
    Daß das Jagen sei kein heilig' Tun.«
    Es gibt eine Periode in der Geschichte des Individuums wie der ganzen Menschheit, in der die Jäger »die besten Menschen«
    waren, wie die Algonquin-Indianer sie nannten. Ein Junge, der niemals ein Gewehr abgefeuert hat, ist zu bedauern. Er ist dadurch nicht menschlicher, nur seine Erziehung ist
    bedauerlich vernachlässigt worden. Das war meine Antwort, wenn es sich um Jugendliche handelte, die einen Hang zu dieser Beschäftigung zeigten. Denn ich war überzeugt, daß sie bald darüber hinauswachsen würden. Kein Mensch wird, wenn er einmal das gedankenlose Knabenalter hinter sich hat, mutwillig ein Geschöpf morden, das mit dem gleichen Recht am Leben hängt wie er selbst. Der Hase schreit in seiner höchsten Not wie ein Kind. Und ich mache die Mütter darauf
    aufmerksam, daß meine Sympathie nicht immer die landläufige menschenfreundliche Unterscheidung macht.
    Oft lernt der Heranwachsende auf diese Weise den Wald und den ursprünglichsten Teil seines eigenen Wesens kennen. Er wird anfangs als Jäger und Fischer umherstreifen, bis er
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    schließlich, wenn er den Keim zu einem höheren Leben in sich trägt, sein eigentliches Interessengebiet entdeckt, vielleicht Dichter, vielleicht Naturforscher wird und Angel und Gewehr zu Hause läßt. Die große Masse der Menschen ist in dieser
    Hinsicht immer noch jung. Ein jagender Pastor ist in manchen Ländern kein seltener Anblick. Er macht vielleicht einen guten Hirtenhund, aber er ist weit davon entfernt, ein guter Hirte zu sein. Die einzige sichtliche Beschäftigung, die außer Holzfällen, Eishauen und ähnlicher Geschäfte irgendeinen meiner
    Mitbürger, sei es ein Vater oder ein Sohn unserer Stadt, einen halben Tag am Waldensee verharren ließ, war zu meiner
    Überraschung mit nur einer Ausnahme das Angeln. Für
    gewöhnlich hielten sie sich für glücklos und die Zeit für verschwendet, wenn sie nicht eine lange Leine voller Fische gefangen hatten, obwohl sie doch die ganze Zeit den Anblick des Sees vor Augen hatten. So kommen sie tausendmal
    hierher, bevor das Sediment des Fischens zu Boden sinkt und das Ziel klar wird; doch ein solcher klärender Prozeß spielt sich zweifellos die ganze Zeit ab. Der Gouverneur und der
    Gemeinderat erinnern sich dunkel an den See, weil sie in ihrer Jugend dort zum Fischen waren; doch jetzt sind sie zu alt und ehrwürdig, um fischen zu gehen, und deshalb kennen sie ihn nicht mehr. Doch auch sie erwarten, eines Tages in den
    Himmel zu kommen. Wenn die Gesetzgebung ihn betrachtet, dann hauptsächlich um die Zahl der Haken festzusetzen, die dort verwendet werden dürfen; doch nichts weiß sie vom Haken aller Haken, den man nach dem See selbst auswirft und dem sie selbst als Köder dient. So macht sogar in zivilisierten Gemeinwesen der Embryomensch in seiner Entwicklung das
    Jägerstadium durch.
    Ich habe in den letzten Jahren wiederholt gefühlt, daß ich nicht fischen gehen konnte, ohne etwas in meiner Selbstachtung zu sinken. Ich habe es immer wieder versucht. Denn ich habe Geschick und wie viele andere einen gewissen Drang danach, der sich von Zeit zu Zeit bemerkbar macht. Doch immer wieder überkommt mich nachher das Gefühl, es wäre besser gewesen, es zu unterlassen. Ich glaube nicht, mich darin zu täuschen. Es
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    ist nur ein winziger Fingerzeig, aber so kündigen sich die ersten Streifen der Morgenröte an. Zweifellos lebt in mir jener Drang, der einer niedrigeren Ordnung der Schöpfung angehört; doch von Jahr zu Jahr bin ich weniger Fischer, allerdings ohne dadurch an Menschlichkeit oder gar an Weisheit zuzunehmen.
    Zur Zeit bin ich überhaupt kein Fischer. Sollte ich aber noch einmal in der Wildnis leben, weiß ich, daß ich versucht wäre, wieder ernstlich Fischer und Jäger zu werden. Übrigens hat auch die Fischkost wie alle Fleischnahrung etwas durchaus Unreines an sich, und ich beginne allmählich den Grund der Hausarbeit zu verstehen; dieses mühselige Bestreben, seinem Haus tagtäglich ein sauberes, wohlgeordnetes Aussehen zu geben und es von allen schlechten Gerüchen und häßlichen Anblicken freizuhalten. Da ich einmal in eigener Person Fleischer, Küchenjunge, Koch und auch der Herr gewesen bin,

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