Dunkles Universum 1 - Aguirre, A: Dunkles Universum 1 - Sirantha Jax 1. Grimspace
1
Hast du Angst, wir könnten runterfallen, Baby?
Nein, ich hab Angst vor der Landung.
[Er lacht, und ich lächle.]
Dämliches Idioten-Lächeln. Weißt du nicht, was als Nächstes kommt?
Wach auf. Wach auf jetzt.
Ich will das nicht sehen, nicht schon wieder. Es hilft mir nicht, darüber wegzukommen. Das Ding ist kaputt …
O nein. Nein.
Ich setze mich auf, schlotternd. Schiebe mir eine schwarze Haarsträhne aus dem Gesicht, und meine Finger sind schweißnass. Mit zitternden Händen reiße ich mir die Sonde vom Schädel. Tut weh. Andererseits – gibt es irgendwas, das nicht wehtut? Was der Unit-Psychologe »Traumtherapie« nennt, nenne ich Folter. Die Methode ist einfach zu grausam, als dass sie ein fühlendes Wesen längere Zeit aushalten könnte.
Für mich ist klar, dass sie es irgendwie schaffen werden, mir den Fehler anzuhängen. Sie schaffen es immer. Aber es ist nicht meine Schuld, wenn sie Ausrüstung verwenden, die besser gleich nach den Achsenkriegen verschrottet worden wäre.
Das ist es, was ich gern glauben würde. Aber es fällt mir immer schwerer. Irgendwann nimmt man die Schuld auf sich, nur weil man der einzige gemeinsame Nenner ist. Tja, vielleicht ist es ja meine Schuld.
Ich rapple mich hoch, runter von der Schlafmatte, ruhelos, von Geistern heimgesucht, obwohl längst bewiesen wurde, dass es nichts Spirituelles gibt, nur elektromagnetische Energie. Von der Seele ist nichts mehr übrig, nichts von ihm .
»Wünschen Sie Licht, Sirantha Jax?«, fragt meine KI .
Was für ein höflicher Unit-Spion. Das heuchlerische Ding erstattet über alles Bericht, was ich tue, über jedes Mal, wenn ich mich beim Schlafen umdrehe, und wahrscheinlich auch über jedes Mal, wenn ich pinkle.
»Ja«, sage ich, und schon erfüllt ein sanftes gelbes Licht meine Zelle – eine Simulation des Sonnenaufgangs auf dem schönsten aller Kernplaneten.
Sie würden es natürlich niemals »Zelle« nennen. Das hier ist mein Quartier, gratis zur Verfügung gestellt, solange sie das Ausmaß des Schadens untersuchen, den meine Psyche genommen hat, um zu entscheiden, ob mein Geist noch funktioniert. Aber ich bin eingekerkert, auch wenn ich nur von einer KI bewacht werde statt von einer riesenhaften Bestie mit geifernden Kiefern. Es gibt Gefängnisse ohne Gitter und Welten ohne Sonnenlicht. Von beidem wusste ich nichts, bis ich zum Konzern kam.
Zehn mal zehn Schritte, und sobald ich an der Tür bin, fragt die KI: »Soll ich eine Eskorte für Sie rufen, Sirantha Jax?«
»Nein.« Ich mache auf dem Absatz kehrt, gehe zurück zu meiner Schlafmatte und setze mich mit überkreuzten Beinen hin.
Für die KI sieht es sicher so aus, als würde ich meditieren. Tatsächlich denke ich über Möglichkeiten nach, etwas zu töten, das, streng genommen, nicht einmal lebendig ist. Vielleicht könnte ich einen Virus ins System einschleusen … Ich muss bei Gelegenheit noch mal genauer drüber nachdenken.
Eine Eskorte.
Sie dürfen mir nicht vertrauen. So viel liegt auf der Hand. Würde ich mich frei auf der Station bewegen, ich würde mich auf den erstbesten Frachter schleichen, der Richtung Außenwelten fliegt. Desertieren. Meinen Vertrag brechen. Und das können sie nicht zulassen, nicht, bis sie Klarheit darüber haben, ob der Unfall nicht doch meine Schuld war. Sie werden mich erst dann gehen lassen, wenn sie sicher sind, dass mein Gehirn im Eimer ist und ich nicht mehr zu gebrauchen bin.
Auf Desertieren steht Gefängnis. Sie würden mich nach Whitefish fliegen, noch bevor ich überhaupt wüsste, dass ein Urteil gefällt wurde. Von irgend so einem eingebildeten Schnösel, der Terra Nova noch kein einziges Mal verlassen und meinen Fall über Uplink angehört hat.
Ich weiß nicht, ob sie schon so weit sind, ob Anwälte sich der Sache angenommen haben. Um mich vor ein Zivilgericht zu stellen, müssen sie mir einen Verteidiger geben, aber da ich zum Konzern gehöre, werden sie die Sache wahrscheinlich intern regeln. Das heißt, sie schießen mich ins All.
Ja, ich hab das S-Gen. So was wie ich ist selten. Sollten sie jedoch zu dem Schluss kommt, diese gottverdammte Schweinerei auf Matins IV wäre meine Schuld, werden sie dafür sorgen, dass nicht das kleinste bisschen davon nach außen dringt. Kai … Nun, der ist schon tot. Er kann also nicht mehr reden. Bleiben nur noch ich und ein kurzer Trip durch eine Luftschleuse, um die Sache unter Verschluss und das Ansehen des Konzerns blitzsauber zu halten.
Irgendwie komisch: In den aufgemotzten
Weitere Kostenlose Bücher