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Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry David Thoreau
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Sie pflegte ich mit vollen Sünden auszugeben. Auch reut es mich nicht, daß ich sie nicht auf dem Katheder oder in der Werkstatt verschwendete. Doch seitdem ich dieses Ufer verließ, haben die Holzhauer noch ärger an ihm gewütet, und jetzt wird für viele Jahre kein Wanderer hier durch den Waldesdom gehen, und kein Durchblick auf das Wasser ihn von Zeit zu Zeit erfreuen können. Möge man meiner Muse verzeihen, wenn sie jetzt schweigt. Wie kann man erwarten, daß die Vögel singen, wenn man ihre Bäume fällt?
     
    Jetzt sind die Stämme auf dem Boden, das alte Baumkanoe und die dunklen Wälder ringsum dahin! Jetzt wollen die Dorfbewohner, die kaum noch wissen, wo der Teich liegt, sein Wasser, das mindestens so heilig sein sollte wie das des Ganges, in einem Rohr zum Dorf leiten, um ihr Eßgeschirr damit zu reinigen! Sie wollen ihren Walden mühelos genießen, indem sie einen Hahn umdrehen oder einen Stöpsel herausziehen! Dieses teuflische, eiserne Pferd, dessen ohrenzerreißendes Wiehern durch den ganzen Stadtbezirk gehört wird, hat die Boilingquelle mit seinen Hufen getrübt und alle Wälder an Waldens Rand aufgefressen! Dieses trojanische Pferd mit tausend Menschen in seinem Bauch, das geldgierige Griechen herbeischleppten! Wo ist der Held des Landes, wo der Moore von Moore Hall, der bei dem Deep Cut mit ihm zusammentrifft und dieser Pest die Lanze in die aufgedunsene Seite stößt?
     
    Und doch ist von allen Charaktern, die ich kenne, vielleicht derWalden am meisten sich selber treu geblieben. Er hat seine Reinheit wohl am besten bewahrt. Viele Menschen sind mit ihm verglichen worden, nur wenige waren dieser Ehre würdig. Wenn auch die Holzhauer erst dieses und dann jenes Ufer verwüsteten, wenn auch hernach die Irländer dort ihre Dreckhütten bauten und die Eisenbahn seinen Rahmen in Stücke schlug, wenn auch die Eisleute einmal hier Raub verübten: er blieb sich gleich, das Wasser ist noch dasselbe, das einst meine jugendfrischen Augen erblickten. Ich allein habe mich verändert. Zog er auch oft die Stirne kraus – keine Runzel blieb dauernd zurück. Seine Jugend währet ewig und wie damals kann ich auch heute beobachten, wie eine Schwalbe ein Insekt auf seiner Oberfläche erhascht. Heute Abend wieder machte er einen so tiefen Eindruck auf mich, als ob ich ihn nicht zwanzig Jahre lang täglich vor Augen gehabt hätte. Ja! Das hier ist der Walden, derselbe Waldsee, den ich vor so vielen Jahren entdeckte. Wo man im vorigen Winter Bäume fällte, da sprossen jetzt an seinem Ufer neue empor, so kraftstrotzend wie je. Noch immer quillt der gleiche Gedanke zur Oberfläche des Teiches empor. Er hat an sich selbst die gleiche ungemischte Freude und Glückseligkeit, die er seinem Schöpfer bereitet. Ja, er kann sie auch auf mich übertragen. Er ist das Werk eines edlen Mannes, der keine Arglist kannte. Und dieser rundete das Wasser in seiner Hand, vertiefte und klärte es in seinen Gedanken und gab es Concord zum Geschenk. Ich kann's auf seinem Antlitz lesen: er hat den gleichen Gedanken wie ich. Fast könnte ich zu ihm sagen: Walden, bist Du es?
     
    Da liegst Du still vor dem erstaunten Blick!
Kein Sang vermag Dich nach Gebühr zu preisen.
Vertrauter sind mir Gott und Himmel nicht
Als Du, vielteurer See!
Ich bin Dein stein'ges Ufer und der Wind,
Der Deine Fluten sanft bewegt.
In meiner hohlen Hand
Halt ich Dein Wasser, Deinen Sand,
Und Deine Tiefe lehrt mich
Nach dem Höchsten streben.
     
    Da der Zug hier nicht hält, bekommt kein Reisender Gelegenheit den Teich zu betrachten. Ich bilde mir jedoch ein, daß die Lokomotivführer, Heizer und die Passagiere, welche eine Dauerkarte haben und ihn oft sehen, durch seinen Anblick zu besseren Menschen werden. Der Lokomotivführer (oder vielleicht seine Seele) vergißt in der Nacht nicht, daß wenigstens einmal am Tag diese Vision voll heiteren Friedens und Reinheit an seinem Auge vorüberzog. Und wenn er sie auch nur einmal sah: Maschinenruß und Straßenschmutz waren weggewaschen. Es hat jemand vorgeschlagen, den See Gottestropfen zu nennen.
     
    Ich habe bereits erwähnt, daß Walden keinen sichtbaren Zufluß oder Abfluß besitzt, doch ist er auf der einen Seite entfernt und indirekt mit dem etwas höher gelegenen Flintteich durch eine Anzahl kleiner Teiche verbunden, die nach dieser Richtung hin liegen. Auf der anderen Seite sieht er direkt und augenscheinlich mit dem etwas tiefer liegenden Concordflusse ebenfalls durch eine Reihe von Teichen in Verbindung. In

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