Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
ganzen Ufer zum Unheil gereichte. Nicht nach Flint, der das Land ringsum aussaugte und am liebsten auch das Wasser darin ausgepumpt hätte, der lebhaft nur darüber sich betrübte, daß der Teich keine Heuwiese, kein Preißelbeerenfeld sei – irgend eine Eigenschaft, die hierfür entschädigen konnte, gab es natürlich für seine blöden Augen nicht – nicht nach Flint, der dazu imstande gewesen wäre, ihn abzulassen, nur um den Schlamm auf seinem Grunde zu verkaufen. Er konnte seine Mühle nicht damit treiben und sein Anblick erregte in ihm kein Glücksgefühl. Ich achte nicht die harte Arbeit, nicht die Farm jenes Mannes, für welchen alles seinen Preis hat, der womöglich die Landschaft, seinen Gott selbst zu Markte trägt, wenn man ihm nur irgend einen Preis dafür zahlt. Er geht ja seines Götzen wegen sowieso zu Markte. Ich achte nicht den Mann, auf dessen Farm nichts frei wächst, dessen Felder keine Ernte, dessen Wiesen keine Blumen, dessen Bäume keine Früchte tragen, sondern nur Dollars, der nicht die Schönheit seiner Früchte liebt, der seine Früchte erst dann für reif erklärt, wenn er sie in Dollars verwandelt hat. Gebt mir die Armut, die wahren Reichtums sich erfreut! Je ärmer ein Farmer ist, desto mehr Achtung und Aufmerksamkeit zolle ich ihm. Armselige Farmer! Eine Musterfarm! Seht, da steht das Haus wie ein Pilz auf einem Misthaufen, und für Menschen, Pferde, Ochsen und Schweine gibts dort Räumlichkeiten, die, gereinigt oder ungereinigt, alle miteinander zusammenhängen. Mit Menschen vollgepfropft! Ein großer Schmutzfleck, der nach Mist riecht und nach Buttermilch. Und dieser hohe Kulturzustand! Man düngte hier ja mit Herzen und Hirnen von Menschen, pflanzt gleichsam Kartoffeln auf einem Kirchhof! Das heißt eine Musterfarm!
Nein, nein! Wenn die schönsten Naturlandschaften schon nach Menschen genannt werden müssen, dann suche man aus der Menschheit die edelsten und würdigsten heraus! Unsere Seen sollen Namen bekommen, die wenigstens so viel Anspruch auf Wahrheit machen können wie der des ikarischen Meeres, "dessen Ufer noch gar kühnes Wagnis kündet".
Der kleine "Gänseteich" liegt auf dem Weg zum Flintteich. Fair Haven, eine angeblich siebenzig Morgen bedeckende Verbreiterung des Concordflusses, liegt eine Meile weit nach Südwesten. Der vierzig Morgen große "Weißsee" liegt anderthalb Morgen jenseits Fair Haven. Das ist mein Seenland! Das sind zugleich mit dem Concordflusse meine Wasserprivilegien, und bei Nacht und bei Tag, Jahr aus und Jahr ein mahlen sie die Früchte, die ich zu ihnen trage.
Seitdem die Holzhacker und die Eisenbahn und ich selbst Walden entweiht haben, ist der Weißsee vielleicht der anziehendste, wenn auch nicht der schönste von all unseren Seen. Er ist der Edelstein unserer Wälder. Doch Weißsee ! was für ein abgenutzter Name, einerlei, ob der Teich wegen der Reinheit seines Wassers oder wegen der Farbe seines Sandes so genannt wurde. In dieser und in manch anderer Hinsicht ist er übrigens der kleinere Zwillingsbruder desWalden. Sie gleichen einander so sehr, daß man an einen unterirdischen Zusammenhang zwischen ihnen glauben möchte. Er hat das gleiche steinige Ufer, und seine Fluten zeigen die gleiche Färbung. Wie bei Walden ist die Farbe seines Wassers grünlichblau oder graublau, wenn man an schwülen Hundstagen durch die Wälder auf eine seiner Buchten niederblickt, die wegen ihrer geringen Tiefe durch die Reflexe des Bodens farbig leuchten. Vor vielen Jahren fuhr ich oft dorthin, um ganze Wagenladungen voll Teichsand zu holen, der zur Herstellung von Sandpapier verwendet wurde. Seit der Zeit habe ich ihn oft besucht. Ein häufiger Gast an seinem Gestade schlug den Namen Grünsee für ihn vor. Vielleicht könnte man ihn Gelbtannensee nennen, und zwar aus folgendem Grunde: Vor ungefähr fünfzehn Jahren konnte man die Spitze einer Pechtanne – hierorts sagt man Gelbtanne, obwohl sie keine besondere Abart repräsentiert – aus tiefem Wasser über die Oberfläche hinausragen sehen, viele Klafter vom Ufer entfernt. Man schloß sogar aus dieser Tatsache, daß der See durch eine Erdsenkung entstanden sei und daß diese Tanne dem Walde angehört habe, der einst hier stand. In der "topographischen Beschreibung der Stadt Concord", die von einem Bürger daselbst herrührend in der Sammlung der historischen Gesellschaft von Massachusetts aufbewahrt wird und bis zum Jahre 1792 zurückreicht, fand ich eine bemerkenswerte Angabe. Der
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