Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
fochten menschliche Krieger so standhaft. Ich beobachtete ein Paar, das in einem kleinen sonnigen Tal zwischen zwei Holzscheiten rang und jetzt am Mittag fest entschlossen schien, bis zum Sonnenuntergang oder bis zum letzten Atemzug zu kämpfen. Der kleinere rote Krieger hielt wie ein Schraubstock fest die Vorderseite seines Gegners umklammert und bemühte sich, obwohl er mit seinem Gegner häufig auf dem Schlachtfeld kopfüber hinstürzte, unablässig, dem Kaiserlichen den einen Fühler nahe an der Wurzel abzunagen; der andere war diesem Schicksal bereits anheimgefallen. Der stärkere schwarze Soldat schleuderte seinen Gegner von einer Seite zur anderen, und als ich genauer hinsah, bemerkte ich, daß der Republikaner schon verschiedene Gliedmaßen eingebüßt hatte. Sie kämpften mit größerer Hartnäckigkeit als Bulldoggen. Keiner von beiden zeigte die geringste Neigung zur Flucht. Ihr Schlachtruf war zweifellos: Siegen oder Sterben! Inzwischen kam ein zweiter roter Krieger augenscheinlich in höchster Erregung an einem der Hügel, welche dieses Tal begrenzten, herabgeeilt. Entweder hatte er seinen Feind besiegt oder noch nicht am Kampfe teilgenommen. Da er noch ganz unversehrt war, gehörte er vielleicht zur Reserve. Jetzt hatte ihm die Mutter befohlen, mit dem Schilde oder auf dem Schilde zurückzukehren. Vielleicht war er ein zweiter Achill, der abseits seinen Grimm nährte und jetzt herbeistürmte, um seinen Patroklus zu rächen oder zu retten. Er sah den ungleichen Kampf von fern – denn die Schwarzen waren nahezuzweimal so groß wie die Roten – kam schnellen Laufes herbei und stand jetzt nur einen halben Zoll von den Kämpfenden entfernt auf der Lauer, um im günstigen Augenblick auf den schwarzen Krieger sich zu stürzen und den Angriff nahe an der Wurzel des rechten Vorderfußes zu beginnen. Mochte der Gegner unter seinen eigenen Gliedmaßen die Wahl treffen! So waren die drei dort fürs Leben vereint, als ob ein neues Bindemittel hier verwendet würde, das jedes Schloß und jeden Mörtel übertraf. Wenn ich jetzt noch entdeckt hätte, daß auf den Gipfeln der Holzscheite die Musikkapellen beider Armeen aufgestellt seien, Nationalhymnen spielend, um die matten Krieger anzufeuern, die Sterbenden zu trösten: ich hätte mich nicht gewundert. Ich selbst war so erregt, als ob hier Menschen kämpften. Und je mehr man darüber nachdenkt, desto geringer wird der Unterschied. Sicherlich ist in Concords, vielleicht sogar in Amerikas Annalen kein Kampf verzeichnet, der auch nur für einen Augenblick, sowohl in bezug auf die Streitkräfte als auch in bezug auf den entwickelten Patriotismus und Heldenmut, mit diesem verglichen werden kann. Die Masse der Truppen und das Blutbad erinnerten an Austerlitz oder Dresden! Die Schlacht bei Concord! Da gabs zwei Tote auf Seiten der Patrioten und Luther Blanchard ward verwundet! Hier aber war jede Ameise ein Buttrick... "Feuer – um Gottes Willen, Feuer!..." und Tausende teilten das Schicksal von Davis und Hosmer. Hier gab es keine Söldner. Sie fochten wie einst unsere Vorfahren zweifellos für ein Prinzip und nicht für die Aufhebung der "Dreipennysteuer" auf ihren Tee. Und die Resultate dieser Schlacht werden für die, welche hier fochten, wenigstens so wichtig und denkwürdig sein, wie die der Schlacht bei Bunker Hill.
Ich hob den Holzspan auf, an welchem die drei soeben beschriebenen Krieger kämpften, und trug ihn nach Hause. Dort stülpte ich auf der Fensterschwelle ein Wasserglas über ihn, um den Ausgang zu beobachten. Ich betrachtete die zuerst erwähnte rote Ameise mit der Lupe: ihre Brust war zerstückelt, und ihre Eingeweide waren den Bissen des schwarzen Gegners preisgegeben, dessen Brustpanzer augenscheinlich zu stark war, um durchstoßen zu werden. Trotzdemnagte sie auch jetzt noch, nachdem beide Fühler abgetrennt waren, unablässig an dem ihr zunächst befindlichen Vorderfuße des Gegners. Und in den dunkelen Karfunkelaugen der Schmerzgeplagten leuchtete eine Wildheit auf. die nur der Krieg zu entfachen vermag. Noch eine halbe Stunde lang währte der Kampf unter dem Wasserglas. Als ich hernach wieder hinsah, hatte der schwarze Krieger die Häupter seiner Feinde von ihren Leibern abgesägt. Die noch lebenden Köpfe hingen, wie grausige Trophäen am Sattelbogen, an ihm zu beiden Seiten herunter. Mit schwachen Kräften versuchte er, der keine Fühler mehr besaß, nur noch ein einziges arg verstümmeltes Bein und wer weiß wie viele andere Wunden hatte,
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