Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
des Staates New York sollen achtzig Fuß unter der Oberfläche an Angelhaken, die für Forellen ausgeworfen wurden, Taucher gefangen worden sein. Der Walden aber ist tiefer als achtzig Fuß! Man stelle sich das Erstaunen der Fische vor, wenn dieser seltsame Besucher aus einer anderen Welt mitten durch ihre Scharen dahineilt! Doch er schien seinen Kurs ebensogut unter als auf dem Wasser zu kennen und schwamm dort nur noch schneller. Ein paarmal sah ich, wenn er sich der Oberfläche näherte, ein leichtes Gekräusel. Dann tauchte nur der Kopf zum "Rekognoszieren" empor, um im nächsten Augenblick wieder zu verschwinden. Auf mein Ruder gestützt in Ruhe sein Wiedererscheinen abzuwarten, erschien mir schließlich ebensogut wie die mühsame Berechnung des Ortes, an welchem er auftauchen würde. Mochte ich auch angestrengt mit meinen Augen die Wasserfläche absuchen: immer und immer wieder erschreckte er mich plötzlich hinter meinem Rücken durch sein unirdisches Lachen. Doch warum verrät der sonst so Schlaue sich im Moment des Emportauchens beständig durch dieses laute Lachen? Verrät ihn seine weiße Brust nicht schon genug? "Du bist doch ein einfältiger Taucher," dachte ich bei mir. Meistens konnte ich auch das Geplätscher des Wassers hören, wenn er heraufkam: auch dadurch konnte ich ihn entdecken. Nach einer Stunde schien er noch gerade so frisch wie zuvor zu sein, tauchte noch gerade so gern unter undschwamm noch weiter als zuvor. Man mußte bewundern, mit welch heiterer Gelassenheit er dahinsegelte, sobald er zur Oberfläche gelangt war: seine Brust blieb unbeweglich, während die Schwimmfüße in der Tiefe die Arbeit verrichteten. Meistens ließ er dieses dämonische Lachen erklingen, welches immerhin noch an den Schrei eines Wasservogels erinnern konnte. Bisweilen aber, wenn er mich recht erfolgreich genarrt hatte und in großer Entfernung wieder zum Vorschein kam, stieß er ein langgezogenes, unirdisches Geheul aus, das eher von einem Wolf als von einem Vogel herzurühren schien. Es klang, als ob ein wildes Tier die Schnauze gegen den Erdboden preßte und bedächtig heulte. Das war sein Sang! Es war vielleicht der wildeste Klang, der je hier vernommen wurde und den die Wälder nah und fern widerhallten. Ich war schließlich überzeugt, daß der Vogel voll Vertrauen auf seine eigenen Fähigkeiten über meine Anstrengungen spottend lachte. Obwohl der Himmel allmählich sich bedeckt hatte, war der Teich so spiegelglatt, daß ich genau die Stelle sehen konnte, wo der Taucher emporkam, wenn ich auch das Geplätscher nicht hörte. Seine weiße Brust, die Windstille, die Glätte des Wassers: alles war gegen ihn. Jetzt war er ungefähr zweihundert Meter von mir entfernt, und wieder erschallte jenes langgezogene Geheul. Es klang, als ob er zum Gott der Taucher um Hülfe flehte, und sogleich erhob sich ein Wind aus Osten, kräuselte die Oberfläche und brachte Nebel mit feinem Regen. Ich aber hatte das Gefühl, als ob sein Gebet erhört worden sei, als ob sein Gott mir zürne. Darum ruderte ich heim, er aber verschwand in weiter Ferne auf wogendem Teich.
An Herbsttagen beobachtete ich stundenlang die Enten, die geschickt lavierten, vor dem Winde umwendeten und sich fern von den Sportsmännern mitten auf dem Teich aufhielten. Solche Künste brauchten sie in den Louisianabuchten weniger zu üben. Wurden sie zum Auffliegen gezwungen, dann kreisten sie bisweilen rund um den Teich und über ihm in beträchtlicher Höhe. Von dort konnten sie – schwarzen Stäubchen am Himmel gleichend – leicht die anderen Teiche und den Fluß überblicken. Und wenn ich glaubte, sie seien längstdorthin geflogen, dann senkten sie sich bisweilen, im schrägen Flug seitlich aus einer Entfernung von einer Viertelmeile kommend, auf einen entfernteren, ungestörten Teil hernieder. Was sie aber bei ihren Fahrten auf der Mitte des Waldenteiches abgesehen von der Sicherheit fanden, weiß ich nicht. Sie lieben jedoch vielleicht sein Wasser aus demselben Grunde wie ich.
Heizung
Im Oktober wanderte ich zur Weinlese nach den Wiesen am Fluß und belud mich mit Trauben, deren Schönheit und Duft köstlicher waren als ihr Geschmack. Dort bewunderte ich auch, ohne sie zu pflücken, die Preißelbeeren, den roten Perlenschmuck des Wiesengrases, die kleinen Wachsjuwelen, die der Farmer mit häßlichem Rechen abreißt, wobei er die lieblichen Wiesen zerzaust. Er mißt diesen, den grünen Matten entrissenen Raub gleichgültig nach Scheffeln und
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