Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
die Köpfe abzuschütteln. Das gelang ihm auch nach einer weiteren halben Stunde. Ich hob das Glas in die Höhe und nun kroch er als Krüppel über die Fensterschwelle fort. Ob er schließlich den Kampf überlebte und seinen Lebensabend in irgend einem "Hôtel des Invalides" zubrachte, weiß ich nicht. Ich war indessen überzeugt, daß seine Tätigkeit hernach nur wenig Wert haben würde. Welche Nation siegte und welche Ursache dieser Krieg hatte, blieb mir unbekannt. Doch in den nachfolgenden Stunden dieses Tages befand ich mich in solch erregter, quälender Stimmung, als ob ich vor meiner Tür Augenzeuge eines hartnäckigen, wilden, blutigen Kampfes zwischen Menschen gewesen wäre.
Kirby und Spence berichten uns, daß Ameisenschlachten schon seit langer Zeit berühmt sind, und daß man die Daten dieser Schlachten kennt. Sie fügen jedoch hinzu, daß Huber der einzige moderne Schriftsteller sei, der sie augenscheinlich selbst beobachtet habe. Weiterhin heißt es dort: "Äneas Sylvius gibt zunächst einen sehr umständlichen Bericht über einen erbitterten Kampf, der zwischen einer größeren und einer kleineren Ameisenart auf dem Stamm eines Birnbaumes ausgefochten wurde," und fährt dann fort: "diese Schlacht fand unter dem Pontifikate Eugens des Vierten statt. Nicholas Pistoriensis, ein ganz hervorragender Advokat, war Augenzeuge und hat alle Vorgänge der Schlacht mit größter Genauigkeit geschildert." Über ein ähnliches Gefecht zwischen großen und kleinen Ameisenwird von Olaf Magnus berichtet: hier siegten die Kleinen; sie begruben die Leichen ihrer eigenen Krieger, während sie die ihrer riesenhaften Feinde als Beute für die Vögel auf dem Schlachtfeld zurückließen. Dies geschah vor der Vertreibung des Tyrannen Christian II. von Schweden. Die Schlacht, die ich beobachtete, fand statt, als Polk Präsident war, fünf Jahre bevor Websters Antrag in bezug auf "flüchtige Sklaven" zum Gesetz erhoben wurde.
Mancher Spitz im Dorf, der allenfalls noch eine Schlammschildkröte in einem Proviantkeller herumhetzen konnte, lief mit plumpen Bewegungen ohne Wissen seines Herrn zum Zeitvertreib in den Wäldern umher und schnupperte ohne Erfolg an allen Fuchsbauen oder Murmeltierhöhlen. Bisweilen diente ihm ein kleiner, schlanker, verkommener Köter als Führer, der leichtfüßig den Wald durchstreifte und den eingesessenen Bewohnern noch immer einen erklärlichen Schrecken einzujagen vermochte. Jetzt ist der Spitz weit hinter seinem Führer zurückgeblieben und bellt wie ein hündischer Stier vor einem kleinen Eichhörnchen, das sich auf einen Baum geflüchtet hat, um Umschau zu halten. Dann galloppiert er weiter, drückt das Unterholz durch sein Gewicht zu Boden und bildet sich ein, er sei irgend einem verirrten Mitglied der Jerbillafamilie auf der Spur. Einmal sah ich zu meinem Erstaunen eine Katze am steinigen Teichufer entlang schleichen; nur selten entfernen sie sich so weit von ihrem Heim. Das Erstaunen war übrigens gegenseitig. Trotzdem fühlt sich, wie es scheint, auch die verwöhnteste Hauskatze, die ihr ganzes Leben lang auf dem Teppich lag, im Walde ganz heimisch und beweist durch ihr listiges und verstohlenes Benehmen, daß sie hier besser zu Hause ist als die ständigen Bewohner. Beim Beerensuchen stieß ich in den Wäldern einmal auf eine Katze mit ihren Jungen. Alle sahen ganz verwildert aus, machten zugleich mit der Mutter einen Buckel und fauchten mich wütend an. Einige Jahre bevor ich meinen Wohnsitz in den Wäldern aufschlug, gab es in Gibian Bakers Farmhaus, in Lincoln nahe am Teich, eine sogenannte "geflügelte Katze". Als ich sie im Juni 1842 besuchen wollte, war sie gerade zum Jagen in die Wälder gewandert. Das war ihre Gewohnheit.(Da ich nicht weiß, obs ein Kater oder eine Katze war, gebrauche ich das in diesem Falle am meisten angewendete Pronomen.) Ihre Herrin erzählte mir, das Tier sei vor etwas mehr als einem Jahr im April in diese Gegend gekommen und schließlich in ihrem Haus aufgenommen worden. Sie sei dunkel-braungrau gefärbt, habe am Hals einen weißen Flecken, weiße Pfoten und einen langen buschigen Schwanz wie ein Fuchs. Im Winter würde ihr Pelz dick und hänge in zehn bis zwölf Zoll langen und zweiundeinhalb Zoll breiten Zotten an den Seiten herunter. Unter dem Kinn sähe er wie ein Damenmuff aus. Die obere Seite sei lose, die untere unregelmäßig verflochten wie ein Filz. Im Frühjahr fielen diese Anhängsel ab. Ich bekam ein Paar dieser "Flügel" geschenkt –
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