Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
Einfachheit sich zu befleißigen, seine Seele tief in den Körper zu versenken, damit sie ihn erlöse, und unermüdlich an sich selbst zu arbeiten, damit die Selbstachtung stetig wachse.
Meine Nachbarn: die Tiere
Bisweilen hatte ich einen Kameraden beim Fischen, der vom anderen Ende des Landbezirkes durch das Dorf nach meiner Wohnung kam. Dann war das Fangen des Mittagmahles ebenso sehr ein Prüfstein für die Geselligkeit wie das Verzehren desselben.
Der Eremit spricht: Wie's wohl jetzt in der Welt zugeht! Seit drei Stunden habe ich keinen Laut vernommen, selbst nicht der Grille Zirpen über dem Amberbaum. Die Tauben schlafen alle auf den Zweigen – kein Flügelschlag ist hörbar. War das eines Farmers Mittagshorn, was jenseits des Waldes gerade jetzt erklang? Heimwärts zieht der Feldarbeiter zu gekochtem, salzigem Ochsensfleisch, zu Apfelwein und Maisbrot. Warum plagen sich die Menschen so sehr? Wer nicht ißt, braucht nicht zu arbeiten... Ich möchte wohl wissen, wieviel sie geerntet haben! Wer möchte dort wohnen, wo man nicht denken kann, weil "Spitz" fortwährend bellt... Ja, dieses Haushalten! Dieses Blankputzen von des Teufels Türgriffen, dieses Säubern der Schüsseln an einem solch leuchtenden Tage! Besser ist's, man hält nicht Haus. Wie wärs mit einem hohlen Baum?... Und dann die Morgenbesuche und die Mittagsgäste... Hei! Da hämmert ein Specht!... Ach, wie einer den anderen drängt und stößt... Die Sonne ist ihnen dort zu heiß. Ich finde, sie werden schon alt geboren... Quellwasser habe ich noch im Hause, und ein Laib Brot liegt im Schrank... Horch, es raschelt in den Blättern... Ist es vielleicht ein schlecht gefütterter Dorfhund, der seinem Jagdinstinkt folgt, oder ist es das verirrte Schwein, das in diesen Wäldern sich herumtreiben soll und dessen Spuren ich nach dem Regen sah? Hastig kommt es näher... Sumach und Feldrosen zittern ...Ah, Herr Dichter, seid Ihr es?... Wie gefällt Ihnen heute die Welt?
Der Dichter spricht : Blick empor zu diesen Wolken, wie sie herniederhängen! Das ist das Herrlichste, was ich heut' gesehen habe. Nichts Ähnliches gibt es auf alten Gemälden, nichts Ähnliches in fremden Landen – es sei denn an der spanischen Küste. Das ist der echte Mittelmeerhimmel! Ich beabsichtigte zu fischen, da ich mir doch meinen Lebensunterhalt erwerben muß und heute noch nichts gegessen habe. Das ist eine des Dichters würdige Beschäftigung, das einzige Gewerbe, welches ich gelernt habe. Komm, laß uns gehen!
Der Einsiedler spricht : Ich kann nicht widerstehen. Mein Schwarzbrot geht auf die Neige. Hernach will ich Dich begleiten, zunächst muß ich einen ernsten Gedankengang beschließen. Ich glaube, ich bin fast fertig damit. So laß mich denn noch eine kurze Weile allein. Damit wir aber nicht noch mehr Zeit einbüßen, magst Du inzwischen den Köder besorgen. Regenwürmer sind hier, wo der Boden nie gedüngt wird, selten. Ihr Geschlecht ist beinahe ausgestorben. Das Vergnügen Würmer zu graben ist fast ebenso groß wie der Fischfang selbst, vorausgesetzt, daß man nicht allzu hungrig ist. Diese Beschäftigung wird heute Dir ganz allein übertragen. Ich empfehle Dir, dort unten, wo die Erdnüsse wachsen und der Beifuß im Winde schwankt, den Spaten einzustechen. Ich glaube Dir versprechen zu können, daß drei Schaufeln voll Erde je einen Wurm zutage fördern werden, wenn Du genau die Graswurzeln betrachtest – gerade wie beim Unkrautroden. Willst Du aber weiter gehen, so halte ich das für ganz gescheut, denn ich fand, daß die Qualität des Köders nahezu im Quadrat der Entfernung wächst.
Der Einsiedler allein : Laß mich sehen ... Wo war ich? Ja, so ungefähr war meine Stimmung, und aus dieser Perspektive betrachtete ich die Welt... Soll ich zum Himmel oder zum Fischen gehen? Wenn ich jetzt schon diesen Gedankengang beende, wird sich mir je wieder eine solch angenehme Gelegenheit bieten? Ich war so nahe daran, in aller Dinge Wesen mich aufzulösen, wie je in meinemLeben. Ich fürchte, meine Gedanken werden nicht wieder zu mir zurückkommen... Ich würde ihnen pfeifen, wenn das etwas helfen könnte. Wenn sie uns ein Anerbieten machen, ist es dann klug, zu sagen: Wir wollen es einmal überlegen?... Heute war die Luft trübe... Ich werde jetzt diese drei Aussprüche des Konfuzius prüfen, vielleicht sind sie mit meiner Stimmung verwandt... Ich weiß nicht, war es Schwermut oder knospensprengende Ekstase? Notabene: Es gibt nie mehr wie eine
Weitere Kostenlose Bücher