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Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry David Thoreau
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die von den klugen Eichhörnchen längst beiseite geworfen war. Denn die mit der dicksten Schale sind meistens hohl.Ein Dichter wars, der im tiefsten Schnee und beim schrecklichsten Sturm den weitesten Weg zurücklegte, um zu meiner Hütte zu gelangen. Farmer, Jäger, Soldaten, Berichterstatter für Zeitungen, ja sogar Professoren lassen sich abschrecken. Nichts schreckt jedoch einen Dichter zurück: ihn treibt die Liebe. Wer kann sein Kommen und Gehen voraussagen? Sein Beruf ruft ihn zu jeder Zeit hinaus, selbst dann, wenn die Ärzte schlafen. Wir ließen lärmenden Frohsinn in dieser kleinen Hütte widerhallen, gar vielen ernsthaften Gesprächen konnten die Wände lauschen, und das Waldental ward für seine langdauernde Stille entschädigt. Mit meinem Haus verglichen erschien der Broadway dann ruhig und öde. In schicklichen Zwischenräumen gab es regelrechte Lachsalven, die man gerade so gut auf den soeben gemachten wie auf den jetzt kommenden Scherz beziehen konnte. Wir bauten manche "funkelnagelneue" Theorie des Lebens auf bei einer Schüssel mit dünnem Haferschleim, welche die Vorzüge des fröhlichen Schmauses mit jener Klarheit des Denkvermögens vereint, welche die Philosophie verlangt.
     
    Ich möchte auch nicht vergessen, daß während des letzten Winters, den ich am Teich zubrachte, ein anderer willkommener Besucher kam, der einmal durch das Dorf bei Schnee, Regen und Finsternis wanderte, bis er meine Lampe durch die Bäume schimmern sah. Er verbrachte einige lange Winterabende mit mir. Er war einer der letzten Philosophen – Connecticut hat ihn der Welt geschenkt –, der anfangs mit den Waren seiner Heimat hausieren ging, hernach mit seinem Gehirn. Damit hausiert er noch immer, singt Gottes Lob, obwohl die Menschen von dem Sänger nichts wissen wollen und trägt keine andere Frucht wie sein Gehirn, wie die Nuß ihren Kern. Er ist meiner Ansicht nach von allen lebenden Menschen am stärksten im Glauben. Seine Worte und Gebärden verraten stets, daß er alle Dinge von einem besseren Gesichtspunkt aus betrachtet als andere Menschen. Er wird der letzte sein, der sich durch den Wandel der Zeiten enttäuscht fühlt. Von der Gegenwart ist er äußerlich nicht berührt. Mag er auch jetzt verhältnismäßig wenig gelten: Dereinst, wenn seine Zeit herannaht, werden Gesetze, die den meisten Menschenunbekannt sind, zur Anwendung kommen und Familienväter und Staatsmänner ihn zu Rate ziehen ...
     
    "Wie blind ist der, der nicht die heitere Ruhe sieht!"
     
    Ein wahrer Menschenfreund ist er, fast der einzige Freund menschlichen Fortschritts. Ein " Old Mortality " oder vielmehr ein " Immortality ", der mit unermüdlicher Geduld und Zuversicht Gottes Ebenbild in den Zügen der Menschen wieder ausmeißeln wollte, des Gottes, der in ihnen so entstellt ist, wie sie selbst auf den schrägen Grabsteinen. Sein großmütiger Geist ladet sie alle zu Gaste: Kinder, Bettler, Geistigarme und Gelehrte. Er bewirtet die Gedanken aller, und entläßt sie meistens noch mit erweitertem Blick und verbessertem Geschmack. Mich dünkte, er sollte eine Karavanserei an der Landstraße der Welt betreiben, wo Philosophen aller Länder einkehren können. Und auf sein Türschild sollte er schreiben: "Hier findet der Mensch, aber nicht sein Tier Speis' und Trank. Kommt herein, ihr, die ihr Muße habt und ruhigen Geistes seid, die ihr ernstlich euch bemüht den rechten Pfad zu finden." Er ist vielleicht der gesundeste Mensch, der zielbewußteste von allen, die ich kenne. Er bleibt sich gleich – gestern wie morgen. Ehemals schlenderten wir oft miteinander herum, schwätzten und ließen die Welt weit hinter uns. Denn er hatte nichts mit ihren Einrichtungen zu schaffen, er war freigeboren, ingenuus. Wohin wir auch immer wandelten: stets schienen Himmel und Erde sich vereint zu haben, denn er erhöhte die Schönheit der Landschaft. Ein Mann im blauen Gewande. Das beste Dach für ihn ist das Himmelsgewölbe, welches seine heitere Ruhe widerspiegelt. Daß er je sterben wird, kann ich nicht fassen. Die Natur kann ihn nicht entbehren.
     
    Da jeder von uns einige gut getrocknete Gedankenschindeln hatte, setzten wir uns beieinander und schnitten sie in passende Formen, versuchten an ihnen die Schärfe unserer Messer und bewunderten die deutliche, gelbe Faserung der Kürbistanne. Wir wateten so leise und andächtig oder ruderten so glatt, daß die Gedankenfische nicht aus dem Strom verscheucht wurden und sich vor den Anglern am Ufer nicht

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