Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
Universitätsstadt Cambridge kostete die Miete eines Studentenzimmers, das kaum größer ist als das meinige, allein schon 305 Dollar für das Jahr, obwohl die Gesellschaft den Vorteil hatte, 32 Zimmer nebeneinander und unter einem Dach zu errichten, während der Mieter die Unannehmlichkeit hat viele und lärmende Nachbarn dulden und eventuell im vierten Stockwerk wohnen zu müssen. Ich bin überzeugt, daß, wenn wir in dieser Hinsicht ein richtiges Wissen besäßen, nicht nur weniger Erziehung notwendig wäre – denn, wahrlich, wir hätten sie ja schon – sondern daß auch das pekuniäre Opfer für die Erziehung zum großen Teil wegfallen würde. Die Bequemlichkeiten, die der Student in Cambridge oder irgendwo sonst verlangt, kosten ihm oder einem anderen ein zehnmal größeres Opfer an Lebenszeit als bei vernünftigem Vorgehen von beiden Seiten nötig wäre. Die Dinge, für die am meisten Geld ausgegeben wird, sind niemals diejenigen, welche der Student am dringendsten gebraucht. Die Kollegiengelder, zum Beispiel, sind ein wichtiger Posten in der halbjährlichen Rechnung, während für die viel wertvollere Erziehung, welche er durch den Umgang mit den Gebildetsten seiner Zeitgenossen erhält, nichts bezahlt zu werden braucht.
Eine Universität wird meistens auf die Weise gegründet, daß man eine Subskription von Dollars und Cents eröffnet und dann, während man blindlings bis zum Äußersten den Grundsatz der Arbeitsteilung verfolgt – einen Grundsatz, der nur mit Vorsicht angewendet werden sollte – einen Unternehmer hinzuzieht, der daraus ein Spekulationsobjekt macht. Der stellt Irländer und andere Arbeiter an, damit sie den Grund legen, während die zukünftigen Studenten sich angeblich zum Besuch der Universität vorbereiten. Für solche Fehler haben dann die nachfolgenden Generationen zu büßen. Ich glaube, daß es sich für die Studenten oder diejenigen, welche derartige Institutionen mit Vorteil benutzen wollen, mehr empfehlen würde, selbst den Grund zu legen. Der Student, der die erwünschte Muße und Zurückgezogenheit dadurch gewinnt, daß er systematisch jeder für den Menschen notwendigen Arbeit aus dem Wege geht, verschafft sich nur eine unedle und uneinträgliche Muße, da er sichum die Erfahrung bringt, durch welche allein die Muße fruchtbringend wird. "Sie wollen aber doch nicht behaupten," so wendet mir jemand ein, "daß die Studenten mit ihren Händen statt mit ihren Köpfen arbeiten sollen?" Das deckt sich allerdings nicht ganz mit dem, was ich sagen wollte, und doch meine ich etwas, was er für etwas sehr Ähnliches halten dürfte. Ich meine, sie sollten nicht Leben spielen oder nur studieren , während der Staat sie bei dieser teuren Spielerei unterstützt, sondern es ernstlich leben vom Anfang bis zum Ende. Wie können Jünglinge das Leben besser verstehen lernen als durch den Versuch? Es will mich bedünken, als ob hierdurch ihr Gehirn gerade so geübt würde wie durch Mathematik. Wenn ich zum Beispiel wünschte, daß ein Junge etwas von Kunst und Wissenschaft verstehe, so würde ich nicht der allgemeinen Regel folgen, d. h. ihn in die Nähe eines gelehrten Professors schicken, der alles lehrt, nur nicht Lebenskunst. Er lernt dort die Welt durch ein Teleskop oder durch ein Mikroskop, aber nie mit bloßem Auge betrachten, er studiert dort Chemie und weiß nicht wie Brot gebacken wird, er studiert dort Mechanik und weiß nicht, wie man Brot verdient; er entdeckt neue Trabanten des Neptun, aber nicht das Stäubchen in seinem eigenen Auge oder den Bummler, dessen Trabant er selbst ist. Er wird von Ungeheuern, die ihn rings umschwärmen, aufgefressen, während er die Ungeheuer in einem Tropfen Essig betrachtet. Wer wird am Schluß des Monats die größten Fortschritte gemacht haben, der Junge, der sein Taschenmesser selbst verfertigte, von dem Erze an, das er grub und schmolz, und der nur so viel las, als dazu nötig war – oder derjenige, welcher inzwischen Vorlesungen über Metallurgie an der Universität hörte und von seinem Vater ein Rogersches Federmesser geschenkt erhielt? Wer von beiden wird sich wahrscheinlich in den Finger schneiden?... Zu meinem Erstaunen erfuhr ich bei meinem Fortgang von der Universität, daß ich Schiffswesen studiert hatte! Und doch, wenn ich einen einzigen Spaziergang zum Hafen gemacht hätte, würde ich mir darüber reichere Kenntnisse erworben haben. Selbst der arme Student studiert und hört nur National ökonomie, während man sich zur
Weitere Kostenlose Bücher