Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
Bestandteil bildet. Auch bin ich, trotzdem ich sie ein Jahr lang nicht verwendete, noch immer im Lande der Lebenden. Ich freue mich sogar der öden Plage entronnen zu sein, in meiner Tasche eine Flasche tragen zu müssen, die manchmal zu meinem großen Ärger loszupuffen und ihren Inhalt umherzuspritzen pflegte. Einfacher und würdiger ist es solche Dinge zu unterlassen. Der Mensch ist ein Tier, das sich besser als irgend ein anderes Wesen an alle Klimate und Verhältnisse anpassen kann. Auch setzte ich weder Salz, Soda, noch andre Säuren oder Alkalien zu meinem Brot. Wie es scheint, arbeitete ich nach einem Rezept, das Marcus Portius Cato zwei Jahrhunderte vor Christi Geburt zusammenstellte: " Panem depsticium sic facito. Manus mortariumque bene lavato. Farinam in mortarium indito, aquae paulatim addito, subigitoque pulchre. Ubi bene subegeris, defingito, coquitoque sub testu. Meiner Ansicht nach heißt das: "Mache folgendermaßen geknetetes Brot: Wasche Deine Hände und den Backtrog gut. Schütte das Mehl in den Backtrog und knete es unter allmählichem Wasserzusatz gründlich. Wenn Du es gut geknetet hast, forme es und backe es unter einem Deckel," d.h. in einem Backofen. Hefe wird mit keinem Wort erwähnt. Aber ich benutzte nicht immer diesen Stab des Lebens. Einmal bekam ich wegen der Leere meines Geldbeutels länger als einen Monat nichts davon zu sehen.
Jeder Neuengländer könnte leicht seinen ganzen Brotbedarf in diesem Lande voll Roggen und Mais selbst ernten und brauchte nicht von einem weit entlegenen und schwankenden Markte abzuhängen. Doch so sehr sind wir von Einfachheit und Unabhängigkeit entfernt, daß – in Concord – frisches Maismehl selten in den Läden verkauft wird, grobes Maismehl und ungemahlener Mais überhaupt selten von jemandem benutzt werden. Meistens gibt der Farmer seinen Kühen und Schweinen das selbst gezogene Getreide und kauft teuereres, aber sicher nicht gesünderes Mehl im Laden. Ich sah, daß ich leicht ein paar Scheffel Roggen oder Mais bauen konnte, denn Roggen wächst selbst auf dem magersten Land, und Mais bedarf nicht des besten Bodens. Ich erkannte ferner, daß ich das Getreideeigenhändig in einer Sandmühle mahlen und somit ohne Reis und Schweinefleisch existieren konnte. Und da ich irgend einen konzentrierten Stoff zum Süßen haben mußte, fand ich durch mein Experimentieren, daß ich einen ausgezeichneten Syrup entweder aus Kürbissen oder aus Rüben herstellen konnte. Ich wußte auch, daß ich nur ein paar Ahornbäume zu pflanzen brauchte, um ihn mir noch leichter zu verschaffen. Während sie heranwuchsen, hätte ich noch manche andere Ersatzmittel außer den bereits erwähnten benutzen können. "Denn," so sangen unsere Vorfahren:
"Wir brauen Liköre nach unserem Belieben
"Aus Walnußbaumrinde, aus Kürbis und Rüben."
Was schließlich das Salz betrifft, das gröbste der Gewürze, so bietet sich mir ein Anlaß an die See zu reisen, um es zu holen. Wenn ich es aber überhaupt nicht gebrauche, so werde ich wahrscheinlich desto weniger Wasser trinken. Meines Wissens haben die Indianer sich niemals um den Besitz von Salz bemüht.
Ich könnte also alles Handeln und Tauschen vermeiden, soweit meine Nahrung in Betracht kommt, und da ich bereits eine Wohnstätte habe, bleibt mir nur übrig, Kleidung und Feuerung zu besorgen. Die Hosen, die ich jetzt trage, wurden in einer Farmerfamilie gewebt, – dem Himmel sei Dank, daß noch so viel Tugend in der Menschheit lebt. Meines Erachtens ist der Fall vom Landmann zum Fabrikarbeiter gerade so groß und bemerkenswert, wie der des Menschen zum Landmann. In einem neuen Lande gibt es Feuerung im Überfluß. Wenn man mir nicht mehr gestatten würde als "Squatter" zu leben, so könnte ich, was den Wohnsitz betrifft, ungefähr 3/5 Hektar zu demselben Preis kaufen, um welchen das Land, das ich bebaue, verkauft wurde – nämlich um 8 Doll. und 8 Cts. Unter den obwaltenden Verhältnissen bin ich jedoch der Ansicht, daß ich als "Squatter" den Wert des Landes erhöhe.
Es gibt eine gewisse Kategorie von Ungläubigen, die bisweilen fragen, ob ich glaube von Pflanzenkost allein leben zu können. Und um das Problem gleich bei der Wurzel anzupacken – denn die die Wurzel ist Glaube – pflege ich zu antworten, daß ich auch vonBretternägeln leben könne. Wenn sie das nicht begreifen, dann begreifen sie vieles nicht, was ich zu sagen habe. Ich für meine Person höre mit Freude, daß Versuche dieser Art bereits
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