Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
angestellt wurden, daß ein junger Mann z. B. 14 Tage lang von hartem, ungekochtem Mais, vom Felde gepflückt, zu leben versuchte, wobei ihm seine Zähne als Mühlsteine dienten. Das Geschlecht der Eichhörnchen machte das gleiche Experiment mit Erfolg. An diesen Versuchen ist das Menschengeschlecht interessiert, wenn auch ein paar alte Weiber, die zu solchen Dingen unfähig sind und ererbte Mühlenaktien besitzen, darüber in Aufregung geraten.
Meine Einrichtungsgegenstände, die ich mir zum Teil selbst anfertigte – das übrige, was ich bei meiner Zusammenstellung nicht berücksichtigte, kostete mich nichts – bestanden aus einem Bett, einem Schreibpult, drei Stühlen, aus einem 3 Zoll im Durchmesser großen Spiegel, aus einer Feuerzange und einem Rost, einem Kessel, einem Kochtopf, einer Bratpfanne, einem Schöpfer, einem Waschnapf, aus zwei Messern und zwei Gabeln, drei Tellern, aus einem Becher, einem Krug für Öl, einem Krug für Melasse und aus einer tarierten Lampe. Niemand ist so arm, daß er auf einem Kürbis sitzen muß. Das wäre Hilflosigkeit. Eins Menge solcher Stühle, wie ich sie gern mag, sind in den Dachkammern des Dorfes um das Forttragen zu haben. Möbel! Gott sei Dank! Ich kann sitzen und ich kann stehen ohne die Hilfe eines Möbelladens. Welcher Mensch, der kein Philosoph ist, würde sich nicht schämen, wenn er seine Möbel auf einen Karren gepackt und durch das Land gefahren sähe, dem Licht des Himmels und dem Auge der Menschheit ausgesetzt – "einen bettelhaften Prunk von leeren Büchsen". Ich konnte niemals sagen, wenn ich solch eine Wagenladung sah, ob sie einem sogenannten reichen oder einem armen Mann gehörte. Der Besitzer schien mir mit Armut geschlagen. Wahrhaftig, je mehr solcher Dinge man besitzt, desto ärmer ist man. Jede Ladung sieht aus, als bestände sie aus dem Inhalt von einem Dutzend Hütten. Wenn aber eine Hütte arm ist, dann ist ein Dutzend ein dutzendmal so arm. Tu lieber Himmel, warum ziehen wir denn überhaupt um? Doch nur um unsere Möbel,unsere exuviae los zu werden, um schließlich von dieser Welt in eine andere, neu eingerichtete zu wandern, und die alte zum Verbrennen zurückzulassen. Es ist gerade so, als ob dieser ganze Krempel an eines Mannes Gürtel geschnallt wäre, so daß er nicht durch dieses rauhe Land ziehen kann, wohin ihn sein Loos verschlagen hat, ohne ihn mitzuschleppen – seine Falle mitzuschleppen. Der Fuchs, der seinen Schwanz in der Falle ließ, konnte von Glück sagen. Die Moschusratte nagt sich drei Beine ab, um die Freiheit wieder zu gewinnen. Kein Wunder, daß die Menschen ihre Elastizität eingebüßt haben. Wie oft sitzen sie in der Patsche! "Gestatten Sie mir gütigst, mein Herr, Sie zu fragen: Was verstehen Sie unter dem Ausdruck "Patsche"? Wenn Du ein Seher bist, so siehst Du bei jeder Begegnung mit einem Menschen stets alles, was er besitzt, hinter ihm, ja sogar alles was er vorgibt zu besitzen, mitsamt seinem ganzen Küchengerät und mit all dem Plunder, den er sorgsam bewahrt und nicht verbrennen will. Vor dieses Gerümpel scheint er selbst gespannt zu sein und daran zu ziehen mit allen Kräften. Meiner Ansicht nach sitzt der Mensch in der Patsche, der durch ein Astloch oder durch ein Tor gekrochen ist und nun seine Schlittenladung Möbel nicht nachziehen kann. Ich fühle nur Mitleid, wenn ich höre, daß ein netter, wohlgebauter, scheinbar freier, mutiger Mann von seinen "Möbeln" spricht, und ob sie versichert sind oder nicht. "Doch was soll ich mit meinen Möbeln anfangen?" Mein lustiger Schmetterling hat sich in einer Spinne Netz verfangen. Selbst diejenigen, von denen man lange Zeit glaubte, sie hätten keine Möbeln, kann man bei genauem Nachforschen überführen, daß sie irgend etwas in irgend eines Mannes Scheune zum Aufbewahren gegeben haben. England von heutzutage kommt mir vor wie ein alter Herr, der mit einer Fülle von Gepäck reist, von Gerümpel, das sich während vieler Jahre in seinem Haushalt ansammelte und das zu verbrennen er nicht den Mut hat: großer Koffer, kleiner Koffer, Hutschachtel und Bündel. Wirf wenigstens die ersten drei beiseite! Es würde heutzutage die Kräfte eines gesunden Mannes übersteigen, wenn er mit seinem Bette auf den Schultern wandern wollte; ichwürde daher einem Kranken dringend anraten, sein Bett liegen zu lassen und zu laufen. Jedesmal wenn ich einen Einwanderer sah, der dahinschwankte unter dem Bündel, das all sein Hab und Gut enthielt – es sah aus wie ein ungeheurer
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