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Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry David Thoreau
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gibt es nur ein einziges, wirksames Mittel: man mache Leim daraus. Soviel ich weiß, geschieht das auch meistens. Dann tun sie was man will und kleben fest. Hier kommt ein großes Faß Sirup oder Schnaps für John Smith, Cuttingsville, Vermont, für einen Krämer in den grünen Bergen. Er bezieht Waren für die Farmer, die nahe bei seiner Waldlichtung wohnen, und beugt sich jetzt vielleicht über seinen Ladentisch und denkt über die letzten ausländischen Importen nach, und über den Einfluß, den sie auf seine Preise ausüben werden. Dann erzählt er seinen Kunden, was er ihnen heute Morgen schon zwanzigmal erzählt hat, daß er mit dem nächsten Zuge beste Ware erwarte. Das steht übrigens auch im "Lokalanzeiger für Cuttingsville".
     
    Während diese Dinge nordwärts eilen, eilen andre gen Süden. Ein zischendes Geräusch trifft mein Ohr: ich blicke von meinem Buche auf, und sehe eine mächtige Tanne, die irgendwo im Norden auf einem Hügel gefällt wurde; sie flog über die "grünen Berge" und über den Connecticutfluß, schießt wie ein Pfeil in zehn Minuten durch das Stadtgebiet und kaum ein andres Auge sieht sie! Sie geht dahin
     
    "um eines Admirales stolzes Schiff
als Mast zu zieren."
     
    Und horch! Da kommt der Viehzug. "Vieh auf den Bergen, da sie bei tausend gehn", Schafhürden, Pferdeställe und Kuhställein der Luft schwebend, Treiber mit ihren Stecken und Hirtenknaben mitten unter ihren Herden – alles (nur nicht die Weiden am Bergeshang) fährt dahin, wie Blätter, die ein frischer Herbstwind von den Bergen wehte. Die Luft ist erfüllt von dem Blöken der Kälber und Schafe, von dem Brüllen der Ochsen, als ob ein Hirtental vorbeizöge. Wenn der alte Leithammel an der Spitze seine Glocke schüttelt, da hüpfeten die Berge wie die Lämmer und die Hügel wie die jungen Schafe. Ein Wagen in der Mitte des Zuges ist mit Treibern angefüllt. Sie unterscheiden sich nicht mehr von den Getriebenen; ihr Beruf ist jetzt zwecklos. Dennoch klammern sie sich an das Symbol ihres Amtes, an ihren überflüssigen Stecken. Doch wo sind ihre Hunde? Die ganze Herde stob ihnen davon. Sie wurden als unnötig beiseite geschoben – sie haben die Spur verloren. Ich glaube ihr Bellen hinter den Peterborohügeln zu hören, oder wie sie den Westabhang der "Grünen Berge" hinaufkeuchen. Sie werden nicht dabei sein, wenn ihr Wild verendet. Ihr Beruf ist dahin, ihre Treue und ihr Spürsinn stehen jetzt unter Pari. Die in Ungnade gefallenen werden in ihre Hundeställe zurückschleichen oder verwildern und sich zu Fuchs und Wolf gesellen. Seht, so wird Euer Pastorales Leben fortgewirbelt, so endet es! Doch da tönt die Zugglocke – ich muß aus dem Geleise gehen, um die Wagen vorüber zu lassen: –
     
    Was kümmert mich die Eisenbahn?
Um zu sehen wo sie endet
Hab ich niemals Zeit verschwendet!
Ein paar Gräben füllt sie aus
Am Damm bauen Schwalben ihr erdiges Haus
Im Schatten von Bambusgesträuch.
Die Räder wirbeln den Sand empor ...
     
    ich aber schreite über das Geleise wie über einen Waldpfad. Ich will mir weder Augen noch Ohren von ihrem Rauch und Dampf und Zischen verderben lassen.
     
    Jetzt sind die Wagen und die rastlose Welt mit ihnen vorüber. Die Fische im Teich hören das Gerumpel nicht mehr, und ich bin einsamer denn je. Den übrigen langen Nachmittag werden meineMeditationen vielleicht nur noch durch das schwache Gerassel eines Wagens oder eines Karrens auf der fernen Landstraße unterbrochen.
     
    Bei günstigem Winde hörte ich bisweilen am Sonntag die Glocken von Lincoln, Acton, Bedford oder Concord, eine weiche, holde und sozusagen natürliche Melodie, würdig, hier die Einsamkeit zu durchdringen. In einer genügenden Entfernung jenseits der Wälder erhält diese Melodie einen zitternden, summenden Klang, als ob die Tannennadeln am Horizont die Saiten einer Harfe wären, über die er hinwegschwebt. Jeder Ton, in der größtmöglichen Entfernung gehört, erzeugt genau die gleiche Wirkung: einen zitternden Klang auf der Lyra des Universums, gerade wie die Atmosphäre einen in der Ferne liegenden Erdhügel durch den azurnen Hauch, den sie darüber bereitet, unserm Auge anziehend erscheinen läßt. Dann ertönte mir eine Melodie, die von den Lüften ihre Harmonien erhalten und mit allen Blättern und Nadeln des Waldes Zwiesprache gepflogen hatte, jener Teil eines Klanges, den die Elemente aufgesogen, moduliert und als Echo von Tal zu Tal getragen hatten. Das Echo ist, in gewissem Grade, ein selbständiger

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