Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
ihm Schneeschuhe an und pflügen mit gewaltigem Pflug von den Bergen bis zum Meeresstrand eine Furche, in welche die Wagen – wie nachfolgende Saatmaschinen – all die rastlosen Menschen und die beweglichen Waren als Samen über das Land verstreuen. Den ganzen Tag saust das Feuerpferd durch Wald und Feld; es hält nur an, damit sein Herr Ruhe finde. Um Mitternacht, wenn es in irgend einer entlegenen Waldschlucht den Elementen die Stirn bietet, rings umgeben von Eis und Schnee, erweckt mich sein Stampfen und sein wildes Schnauben. Erst beim Leuchten des Morgensterns erreicht es seinen Stall; und abermals gehts auf die Reise, ohne Rast und Ruh. Manchmal höre ich es auch am Abend, wenn es in seinem Stall die übrig gebliebene Energie des Tages von sich bläst, damit seine Nerven beruhigt, Leber und Hirn gekühlt werden für einige Stunden eisernen Schlafes. Wäre doch dies Unternehmen so heroisch und rühmenswert wie es groß angelegt und unermüdlich ist.
Durch unwegsame, obwohl nicht weit von menschlichen Wohnungen entfernte Wälder, die einst nur bei Tag der Jäger durchdrang, durch die finsterste Nacht jagen diese hellerleuchteten "Salonwagen" dahin, ohne daß die schlafenden Bewohner der Städte davon erwachen. In diesem Augenblick hält der Zug an dem hellerleuchteten Bahnhof eines Städtchens oder einer Stadt, wo eine gesellige Menge versammelt ist, im nächsten Augenblick ist er im unheimlichen Moor, und erschreckt Fuchs und Eule. Abfahrt und Ankunft derZüge bilden jetzt die Epochen im Leben des Dorfes. Sie kommen und gehen mit solcher Regelmäßigkeit und so pünktlich, ihr Pfeifen kann man so weit hören, daß die Farmer ihre Uhren darnach stellen. Sind die Menschen seit der Erfindung der Eisenbahnen nicht etwas pünktlicher geworden? Sprechen und denken sie nicht schneller auf dem Bahnhof als vor der "Posthaltestelle"? Etwas Elektrisierendes liegt in der Atmosphäre eines Bahnhofs. Ich bin über die Wunder, die er bewirkt, erstaunt! Einige von meinen Nachbarn, von denen ich bestimmt ein für allemal vorausgesetzt hätte, daß sie eine solch systematisch pünktliche Fahrgelegenheit nach Boston niemals benutzen würden, sind zur Stelle, wenn die Glocke an der Lokomotive ertönt. Etwas "wie die Eisenbahn" tun ist jetzt geradezu sprichwörtlich geworden. Man kann sich übrigens nur freuen, daß man so oft und so nachdrücklich daran erinnert wird drohenden Gefahren aus dem Wege zu gehen. In diesem Falle gibt es keine Verzögerung durch das Vorlesen der "Aufruhrakte", durch Schießen über die Köpfe des Pöbels. Wir haben ein Fatum, wir haben eine "Atropos" geschaffen, die nie von ihrem Wege abweicht. (Wie gefällt Euch der Name für Eure Lokomotive?) Man hat den Menschen mitgeteilt, daß diese Donnerkeile zu einer bestimmten Stunde und Minute nach verschiedenen Punkten des Kompasses geschleudert werden; dadurch wird jedoch niemand in seinem Geschäft gestört, und die Kinder benutzen ein anderes Geleise, um in die Schule zu gehen. Wir leben dafür um so stetiger. Wir werden auf diese Weise alle zu Söhnen Tells erzogen. Die Luft ist voll unsichtbarer Pfeile! Jeder Pfad ist der Pfad des Schicksals – ausgenommen Dein eigener. So bleibe denn in Deinem Geleise.
Für den Handel spricht sein Unternehmungsgeist und seine Unerschrockenheit. Er faltet nicht die Hände und betet zum Jupiter. Ich sehe diese Menschen Tag für Tag mit mehr oder weniger Mut und Zufriedenheit an ihr Geschäft gehen, in welchem sie mehr leisten als sie ahnen und vielleicht besser sich betätigen, als sie sich je träumen ließen. Der Heldenmut jener Leute, die einst eine halbe Stunde lang bei Buena Vista in der Front standen, macht auf mich wenigerEindruck als die beharrliche und freudige Tapferkeit derjenigen, die Winterquartiere im Schneepflug beziehen, die nicht nur den "Mut um drei Uhr morgens früh" besitzen, den Napoleon für den seltensten hielt, sondern auch den Mut nicht so früh zu Bett zu gehen, die nur schlafen, wenn der Sturm schläft, oder wenn die Sehnen des eisernen Rosses erfroren sind. Heute, zum Beispiel, wo ein gewaltiger Schneesturm tobt, der des Menschen Blut erstarren macht, höre ich aus den Nebelwolken ihres erfrorenen Atems heraus den gedämpften Ton der Lokomotivglocke, der verkündet, daß der Zug trotz allem kommt , ohne große Verspätung, dem neuenglischen Nordostschneesturm zum Trotz! Ich sehe sogar die schnee- und reifbedeckten Lokomotivführer; über die spitze Kante des dreieckigen
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