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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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Lohne mit Gold gefüllt, zurückbringen); denn sie sind "Meisterdiebe": sie stehlen den brütenden Vöglein unvermerkt die Eier unter dem Leibe weg; ganz besonders aber stehlen sie Menschen selbst: Erwachsene, schöne Frauen, zumal aber Kinder aus der Wiege; – sie legen dann wohl ihre eignen hässlichen, dickköpfigen Säuglinge hinein, zum Tausch, zur Auswechslung ("Wechselbalg") – oder auch vom Spielplatz, indem sie dieselben an sich locken, oder Kinder, die sich im Wald oder im dichten Korn des Weges verirrt haben, um so durch Vermählung mit den schönen und starkgliedrigen Menschen ihrer eignen verkrüppelten Zucht aufzuhelfen. Deshalb stehlen oder locken oder bitten sie wohl auch Menschenfrauen, welche gerade Kinder stillen, in ihre unterirdischen Höhlen, dort Zwergenkinder mit zu säugen.
    Jedoch jene sozusagen ethnographische und geschichtliche Grundlage ist, wie bemerkt, nur sehr vereinzelt. Im wesentlichen haben die Zwerge eine Naturgrundlage. Und diese erklärt zum Teil auch das eben besprochene Kinderstehlen; das ertrunkene Kind ist von dem Wasserelb hinabgeholt, das im Wald verirrte, im dichten Korn bei heissem Mittagsommerbrand verschmachtete, das in dem Sumpf erstickte vom "Waldschratt", von der "Kornmuhme", vom "Roggenmütterlein", von den "Moosmännlein" verlockt und getötet.
    Es ist auch keineswegs immer auf jene Scheu der (finnischen?) Zwerge vor der germanischen Kultur zurückzuführen, dass diese Dunkelelben den Ackerbau, das Roden der Wälder, das Anlegen von Hüttenwerken hassen, fürchten, davor auswandernd entrinnen. Die Naturgrundlage dient zur Erklärung. Die im geheimen wirkenden und webenden Kräfte der Natur im Erdenschoss, in Wald und Berg wollen nicht vom Menschen verstört, nicht ihm dienstbar gemacht werden. Daher die Sagen, welche ungeheure Massen von unsichtbaren Auswanderern von dem Fährmann über den Strom setzen lassen; er hört nur ihre Stimmen, und sein Schiff droht unter der Last der unergreifbaren Fahrgäste zu sinken; oder man hört das Getrappel von vielen Tausenden kleiner Füsse über eine Brücke. Jedoch berührt sich diese Vorstellung mit dem Sagenkreis von der Unterwelt, über deren Ströme die Seelen der Abgeschiedenen, die Schatten, sich fahren lassen, weil Zwergenreich und Totenreich (unter der Erde) nahe aneinander grenzen.
    Die Zwerge, stets im Schosse der Erde, in den Tiefen der Berge hausend, kennen alle Metallgänge und sind die besten, zauberkundigsten Schmiede. Zwerge, Iwaldis Söhne, hatten Odins Speer Gungnir, Freyrs Schiff Skidbladnir und Sifs goldenes Haar geschmiedet. Loki verwettete sein Haupt einem Zwerge, dass dessen Bruder nicht drei gleich köstliche Kleinode fertigen könne; aber obwohl Loki als Mücke den Gehilfen bei der Arbeit zweimal in die Hand stach, schuf dieser doch Frôs goldborstigen Eber und Odins Ring Draupnir und, obgleich er ihm bei dem dritten Werk sogar in das Auge stach, den Hammer Thors, der nur am Stiele etwas zu kurz geraten war, weil der Bläser einen Augenblick vor Schmerz gezuckt und innegehalten hatte an der Esse. Aber die Götter erklärten doch Loki der Wette verlustig, d. h. diese drei Kleinode den drei ersten gleichwertig.
    Übrigens haben die Zwerge als unterirdische Geister mit den Riesen die Scheu vor dem Tageslicht gemein; ein Sonnenstrahl kann sie in Stein verwandeln. So überlistet Odin einen Zwerg in der Wette von Frag’ und Antwort, indem er ihn so lange beschäftigt, bis die Sonne in den Saal scheint und den allzu eifrigen und auf sein Wissen allzu eitlen Zwerg versteint. Auch zerspringt wohl der Zwerg beim Morgenlicht. Deshalb tragen sie auch Nebelhüte, Tarnkappen, welche sie vor allem vor dem Sonnenstrahl schützen, dann freilich auch unsichtbar und zauberstark machen, so dass, wer ihnen das Hütchen abschlägt, sie erblicken und bezwingen mag. Als Bewohner der Unterwelt sind die Zwerge Nachbarn Hels, der Totenfrau, und "bleich um die Nase) – wie Leichen –, oft Hels Boten, Menschen, die sterben sollen, abzuholen (ihr Berg ist oft geradezu die Unterwelt, d. h. das Reich der Toten) [Fußnote: Daher ist der Unterwelt für immer verfallen der Mensch, der sich in ihre Feste gewagt, in ihre Höhle (denn "gegen Norden, auf Finsterfelden, steht der Zwerge goldener Saal") gedrängt oder auch der, von ihnen geladen, irgend Speise bei ihnen genossen hat; die Rückkehr ist ihm damit verwirkt, wie Persephonen, nachdem sie in der Unterwelt auch nur ein paar Granatkerne verzehrt hatte.] . So wird Dietrich

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