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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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Nie mehr führen wir den Reigen / In dem busch’gen Waldrevier. / Rings von allen Türmen läutet / Der verhassten Glocken Braus / Und ein jeder Schlag bedeutet; / "Holdchen, euer Reich ist aus!" / Sang und Sitte sind geschwunden / Und vergessen Zucht und Recht; / Glaub’ und Treu’ wird nicht gefunden, / Spottend lebt ein frech Geschlecht. / Nicht mehr lassen fromme Hände / Uns die letzten Ähren stehn, / Selbst die Kinder ohne Spende / Unserm Herd vorübergehn. / Wohl, es sei! – Ihr sollt nun schaffen / Selbst, allein, in Ernt’ und Saat; / Steht, den Nutzen zu erschaffen, / Einsam auf der eignen Tat. / Nimmer treibt am Rad den Faden / Fleiss’ger Magd des Heinzels Hand, / Hilft das Wichtel Garben laden, / Wann dem Knecht die Stärke schwand. / Lebe wohl, du Wiesenquelle, / Bühl und Halde, Trift und Saat, / Lebe wohl, du braune Schwelle, / Der wir weihend nachts genaht. / Lebe Tenne wohl und Speicher, / Wo uns oft der Tanz geletzt; / Ach, an Körnern wirst du reicher, / Und an Segen ärmer jetzt. / Bald ruft ihr uns an, zu helfen, / Wann ihr schwer im Frone keucht, – / Aber nimmer schaut die Elfen, / Wer sie einmal hat verscheucht.] " in "Unholde" verwandelt; einzelne Elben nehmen freilich sogar der (späten) Sage nach das Christentum selbst an durch die Taufe.
    Bei den Zwergen tritt mancher Zug hervor, der darauf hinweist, dass zwar keineswegs allein oder auch nur vorherrschend, aber doch auch neben natürlichen Bedeutungen ein Gegensatz der Volksart und der Bildungsstufe zu Grunde liegt; zum Teil haben die einwandernden Germanen in ihre Zwergenwelt aufgenommen vorgefundene, an Kraft, Wuchs und Sitte tiefer stehende (finnische?) Bevölkerungen, welche scheu vor den hochragenden Siegern zurückwichen, in die Wälder und Felshöhlen, in die von Wasser, von Seen und Flüssen umgebenen Zufluchtsstätten [Fußnote: Dahn, Bausteine, I, Berlin 1879, S. 336.] (Pfahlbauten) einer älteren Einwohnerschaft, welche, zwar ärmer und bildungsloser, aber mit besserem, d. h. älterem, Recht im Lande sitzt [Fußnote: Über einen ähnlichen Zug bei den Riesen gegenüber den Göttern s. unten.] . Aus den Tiefen der Berge [Fußnote: Daher heisst das Echo, der Widerhall, der aus Berg und Fels hervorzudringen scheint, "die Zwergensprache"; dvergmâl.] (Felshöhlen), aus den Teichen tönen die klagenden Lieder dieses aussterbenden Völkleins. Diese Leutchen sind ehrlich, ohne Falsch, sie essen nur einfache, ungekochte Speise, sie kennen kein Salz; die Kunst des Brotbackens zu erlernen, kommen sie an den Herd der germanischen Hausfrau; sie klagen über die Untreue und Arglist [Fußnote: Für solche Arglist, welche das Vertrauen der Harmlosen täuscht, rächen sie sich dann freilich bitter; sie fordern zum Beispiel Menschen auf, eine Erbschaft, einen Hort unter den Elben (Zwergen) zu teilen; die Menschen übervorteilen sie, nehmen etwa das Beste davon für sich; dann legen sie einen Fluch auf die so entfremdeten Kleinodien; Ring, Becher oder Waffen (Schwert).] der ihnen weit überlegenen neuen Herren des Landes, vor denen sie verschwinden und aussterben müssen, etwa wie die Rothäute Amerikas vor den "Blassgesichtern" mit ihrem Feuergewehr und Feuerwasser. Sie wagen sich wohl manchmal noch – zumal junge Männlein und Weiblein – schüchtern aus ihrem Versteck im Wasser in das Dorf, teilzunehmen an dem Tanz um die Linde; und an Schönheit des Gesichts und an Feinheit der Tanzkunst übertreffen sie, z. B. "die drei Seejungfern", dann weit die Menschen. Aber bevor die Sonne sinkt, müssen sie flüchtig verschwinden; der nasse Saum ihres Gewandes bekundet dann etwa ihren gewöhnlichen Aufenthalt – im Wasser, auf den Pfahlbauten – oder der Abdruck ihrer Schwanenfüsse, welche sie sorgfältig verbergen, verrät sie. Verspäten sie sich, so zerreisst sie wohl ihr Vater oder König und ein Blutfleck schwimmt auf der Wasserfläche. Aber manche haben auch mit Menschen Ehebündnisse geschlossen und Kinder gehabt, welche sie viele Jahre pflegen, bis sie plötzlich, etwa weil man, gegen das Gelübde, um ihre Herkunft fragte oder ihre Füsschen entdeckte oder ihr nächtliches Fest mit andern zu Besuch kommenden Geistern störte, wehklagend verschwinden auf Nimmerwiederkehr.
    Einigermassen, aber auch nur zum Teil, hängt hiermit die Neigung der Zwerge zusammen, den Menschen zu stehlen, was die Zwerge selbst nicht zuwege bringen können; allerlei Backgerät, Braugerät (das sie wohl auch entleihen und dann stets treulich, oft zum

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