Walküre
nämlich mein Stellvertreter und außerdem mein erfahrenster Analytiker.«
Fabel begann, Lüttigs Worte für Karin Vestergaard ins Englische zu übersetzen.
»Ich habe unter anderem in Cambridge studiert«, unterbrach Lüttig. »Deshalb macht es mir nichts aus, Englisch zu sprechen, wenn es hilft.«
»Vielen Dank«, meinte Karin Vestergaard lächelnd. »Konnten Sie keine Vertretung für ihn einsteilen? Eine Reise nach China erfordert lange Vorbereitungen, und er muss Sie eine ganze Weile vorher unterrichtet haben.«
»Eben nicht. Ralf hat mich aus heiterem Himmel damit überrascht. So ist er eben ... ein sehr engagierter Umweltschützer. Aus diesem Grund arbeiten wir hier: Die Gruppe, für die wir tätig sind, setzt sich stark für die Säuberung der Umwelt ein. Aber selbst wenn er mich frühzeitig informiert hätte, wäre es fast unmöglich gewesen, einen Vertreter für ihn zu finden. Oder jedenfalls einen Vertreter mit auch nur annähernden Fähigkeiten.«
»Können Sie uns Ihr Tätigkeitsfeld erklären?«
»In erster Linie sind wir ein Analyselabor«, antwortete Lüttig. »Wir sind die hundertprozentige Tochtergesellschaft einer Umwelt- und Biotechnologiegruppe, für die wir die gesamte Laborarbeit erledigen Dabei geht es vor allem um den Nachweis toxischer Stoffe. Alles von Bodenproben bis hin zu menschlichem Gewebe. Es geht dabei darum, die durch Umweltverschmutzungen entstehenden Gesundheitsrisiken zu identifizieren und zu bewerten.«
»Ich verstehe«, erwiderte Fabel. »Wissen Sie, welchen Teil Chinas Dr. Sparwald besucht?«
»Leider nicht.«
»Reist er allein?«, fragte Karin Vestergaard.
»Auch da bin ich mir nicht sicher. Er hat einen norwegischen Freund erwähnt...«
Fabel und Vestergaard tauschten Blicke aus.
»Haben Sie nicht gesagt, dass Sie der norwegischen Polizei helfen wollen?« Lüttig runzelte die Stirn. »Ist Ralf etwa in Gefahr?«
»Nein, nein«, antwortete Fabel. »Keineswegs. Aber vielleicht hat er Informationen, die uns nützlich sein könnten. Dieser Norweger – kennen Sie seinen Namen?«
»Nein. Er hat nur gesagt, dass er vielleicht zusammen mit einem norwegischen Freund reisen werde. Sind Sie sicher, dass Ralf nicht in Gefahr ist? Die chinesischen Behörden gehen nicht immer sehr pfleglich mit ausländischen Umweltschützern um.«
»Haben Sie Dr. Sparwalds Handynummer?«, fragte Vestergaard. »Vielleicht können wir ihn auf diesem Weg erreichen.«
»Natürlich«, erwiderte Lüttig. »Ich werde sie Ihnen besorgen.«
»Sie sagten, dass Sie die hundertprozentige Tochtergesellschaft einer Gruppe sind«, fuhr Fabel fort. »Handelt es sich um die NeuHansa Group?«
»Ja, genau.«
Fabel reichte Lüttig seine Visitenkarte der Polizei Hamburg. »Wenn Sie von Dr. Sparwald hören, würden Sie ihm dann bitte mitteilen, dass wir sehr dringend mit ihm sprechen müssen? Und wenn Sie auf etwas stoßen, das Ihrer Meinung nach von Interesse für uns sein könnte, rufen Sie mich bitte an.«
»Selbstverständlich.« Lüttig wandte sich wieder an Karin Vestergaard. »Ich hole Ihnen Ralfs Nummer und Privatadresse.«
»Woher wussten Sie, dass SkK-Biotech zur NeuHansa Group gehört?«, fragte Vestergaard, während sie mit Fabel zurück zum Auto ging.
»Daher ...« Er deutete mit dem Kinn in Richtung des Banners neben den anderen Fahnen. »Durch das rote Kreuz. In Deutschland wird es Tatzenkreuz genannt. Sie wissen schon, das Kreuz mit den sich verbreiternden Balkenenden an deutschen Militärfahrzeugen. Na ja, das auf der Fahne ist weniger breit und rot auf weißem Untergrund. Ein Hansekreuz. Ich vermute, eine Art Firmenmarke. Das und die dänische Fahne ließen mich an Gina Bransted denken, die Eigentümerin der NeuHansa Group.«
»Hat das irgendeine Bedeutung?«
»Keine Bedeutung, sondern es ist eine zufällige Übereinstimmung. Das letzte Opfer des Engels von St. Pauli hat ebenfalls für eine Firma der NeuHansa Group gearbeitet. Was nicht ungewöhnlich ist, denn dort sind viele Leute tätig.«
»Merkwürdige Dinge, zufällige Übereinstimmungen«, sagte Karin Vestergaard. »Daran glaube ich nicht so recht.«
»Ich auch nicht«, pflichtete Fabel ihr bei.
Bei ihrer Rückkehr von SkK-Biotech fand Fabel einen dicken, großformatigen Umschlag auf seinem Schreibtisch vor. Gerade wollte er ihn öffnen, als Werner eintrat. Karin Vestergaard entschuldigte sich diplomatisch und ließ die beiden Männer allein.
»Sie wird zu deinem Schatten«, sagte Werner. »Geht dir das nicht auf
Weitere Kostenlose Bücher