Walküre
Unternehmungen. Man transportiert das Zeug also aus dem Gebiet mit den hohen Auflagen hinaus, in diesem Fall aus der EU, und wenn man es zurückholt, ist es angeblich aufbereitet worden. Oder es verschwindet einfach. Entscheidend ist aber, dass so etwas in Gebieten abgewickelt wird, in denen es keine Umweltschutzvorschrifen und auch keine Kontrollen der Arbeitsschutzmaßnahmen oder der Bezahlung der Arbeiter gibt.«
»Was also wurde grüngewaschen?«
»Elektronische Geräte wie Computer, Mobiltelefone und Ähnliches. Bevor unser Ermittler starb, hatte er mit einem norwegischen Journalisten Kontakt aufgenommen, der schon einiges Material besaß. Er hatte sich Proben aus den Lagerhäusern besorgt und beweiskräftige Ergebnisse erhalten. Welche genau, weiß ich nicht. Meine Leute versuchen immer noch, den Journalisten aufzuspüren.«
»Sparen Sie sich die Mühe. Der Journalist und der Chemiker, zu dem er die Proben geschickt hat, sind beide tot. Sie müssen nahe daran gewesen sein, Beweise vorzulegen, denn die Mörderin nahm sich nicht einmal die Zeit, Unfälle vorzutäuschen. Beide wurden mit Kugeln in den Kopf erschossen. Professionelle Morde.«
»Mein Gott«, stöhnte Frolow.
»Aber ich weiß, was die Tests erbrachten«, fuhr Fabel fort. »Polybromierte Diphenylether. Und ich weiß auch, wohin die Abfälle gebracht wurden: in die Provinz Hunan in China und nach Bitola in Mazedonien, wobei mir Hinweise vorliegen, dass Vujacic Mazedonien ebenfalls verlassen musste.«
Ein MEK-Beamter in schwarzer Uniform trat heran.
»Wir können Herrn Frolow nun fortbringen, Herr Hauptkommissar.«
»Einen Moment noch«, erwiderte Fabel und wandte sich an Frolow. »Ihnen ist doch klar, dass Sie nun das Ziel Nummer eins sind? Als Vujacic erwischt wurde, hatte er genug Informationen, um mit der dänischen Polizei einen Handel abzuschließen. Also wurde er in Kopenhagen ermordet. Außerdem tötete man Ihren Detektiv, dann Halvorsen, den norwegischen Journalisten, und Sparwald, den Chemiker. Jeder von ihnen starb, weil er einen Teil des Beweismaterials besaß. Und Sie kennen sämtliche Zusammenhänge.«
»Vielleicht sollte ich mich besser bedeckt halten.« Frolow zuckte die Achseln. »Gut, Herr Fabel, nennen Sie mir die Namen des Drahtziehers oder der Drahtzieherin? Oder wollen Sie ihn von mir hören?«
»Ich untersuche noch drei andere Morde«, erklärte Fabel. »Erstens den Fall Armin Lensch, der für Norivon arbeitete, ein Abfallbeseitigungsunternehmen, das zur NeuHansa Group gehört. Zweitens den Fall Peter Claasens, ein Exportmakler, der Geschäfte für Norivon abwickelte. Einer oder beide sind wahrscheinlich über irgendeine Unregelmäßigkeit gestolpert und wurden ermordet, bevor sie etwas ausplaudern oder sich auch nur über die Bedeutung ihres Fundes im Klaren werden konnten. Hinzu kommt die Ermordung von Jake Westland, dem britischen Rockstar.«
»Er war an der Sache beteiligt? Ich dachte, er sei einer wahnsinnigen Serienmörderin zum Opfer gefallen.«
»Genau der Eindruck sollte auch erweckt werden. Der wahre Grund für den Mord lag darin, dass Westland bei seinen Investitionen nicht weniger vorsichtig war als Sie. Anscheinend hat er etwas geahnt. Wegen seiner ... sagen wir, seiner Herkunft reagierte er besonders sensibel auf alles, was auf die Misshandlung von Frauen hindeutete. Der arme Kerl wurde wahrscheinlich in den Tod gelockt, indem man ihm vorgaukelte, er würde jemanden mit neuen Informationen treffen.«
»Und Sie verdächtigen Gina Bransted?«, fragte Frolow.
»Ja ... oder wenigstens irgendjemanden innerhalb der NeuHansa Group.«
»Wirklich, Herr Fabel, mit Bransted liegen Sie ganz richtig. Sie haben gesagt, Sie hätten in den Jahren als Polizist einen Riecher für Gauner entwickelt. Glauben Sie mir, im Geschäftsleben entwickelt man einen ähnlichen Instinkt. Im Laufe Ihrer Arbeit haben Sie bestimmt viele Erfahrungen mit Soziopathen gesammelt. Genau wie ich. Eine gewisse Rücksichtslosigkeit, ein Mangel an Mitgefühl, sogar das Fehlen eines Gewissens gelten als karriereförderlich. Wenn Sie das nächste Mal mit Gina Bransted sprechen, schauen Sie ihr tief in die Augen. Ich verspreche Ihnen, dass Sie dort nichts finden werden.«
Fabel hatte keinen Zweifel an Frolows Aufrichtigkeit. Ob Bransted hinter diesem Anschlag steckte oder nicht – fest stand, dass Fabel sich geirrt hatte: Dies war das Werk der Walküre. Sie hatte das Ziel absichtlich mit der gleichen Präzision verfehlt, mit der sie gewöhnlich
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