Wallander 04 - Der Mann, der lächelte
Raum, eilte die Treppe hinauf und trat in die Küche.
Verwundert starrte er den uniformierten Kollegen Peters an, der seine Dienstwaffe gezogen und auf ihn gerichtet hatte. Hinter ihm stand ein Mann von einer Wachgesellschaft, der einen knurrenden Hund an der Leine führte.
Peters ließ die Hand mit der Pistole sinken. Wallander spürte, wie sein Herz klopfte. Der Anblick der Waffe hatte ihm augenblicklich ins Gedächtnis gerufen, was er verdrängt zu haben glaubte.
Dann wurde er wütend. »Verdammt, was soll das?«
»Bei der Wachgesellschaft wurde Alarm ausgelöst, daraufhin hat man uns benachrichtigt«, erklärte Peters aufgeregt.
»Wir sind schnell hergefahren; wir wußten ja nicht, daß du hier bist.«
|77| Im selben Moment kam Peters’ Kollege Norén in die Küche. Auch er hatte die Pistole gezogen.
»Hier läuft eine Ermittlung«, sagte Wallander und merkte, wie seine Wut verebbte. »In diesem Haus hat Anwalt Torstensson gewohnt, der bei einem Autounfall ums Leben kam.«
»Wenn es Alarm gibt, rücken wir aus«, sagte der Mann von der Wachgesellschaft trotzig.
»Stellt das Signal ab«, sagte Wallander. »In ein paar Stunden könnt ihr es wieder einschalten. Aber erst wird das Haus gründlich untersucht.«
»Das ist Kommissar Wallander«, sagte Peters. »Du erinnerst dich sicher an ihn.«
Der Wachmann war sehr jung. Er nickte. Aber Wallander merkte, daß er ihn keinesfalls wiedererkannt hatte.
»Nimm den Hund mit raus«, sagte Wallander. »Ihr werdet hier nicht mehr gebraucht.«
Der Wachmann verließ mit dem knurrenden Schäferhund das Haus. Wallander reichte Peters und Norén die Hand.
»Ich habe gehört, daß du zurück bist«, sagte Norén. »Herzlich willkommen.«
»Danke.«
»War irgendwie nicht dasselbe, als du krank geschrieben warst«, meinte Peters.
»Na, jetzt bin ich jedenfalls hier«, sagte Wallander, um das Gespräch auf die laufende Untersuchung zu lenken.
»Der Informationsfluß ist auch nicht mehr der beste«, sagte Norén. »Uns haben sie gesagt, du gingest in Pension. Da rechnet man ja nicht damit, daß du auftauchst, wenn in einem Haus Alarm ausgelöst wird.«
»Das Leben ist voller Überraschungen«, sagte Wallander.
»Also nochmals: willkommen«, sagte Peters und streckte die Hand aus.
Zum ersten Mal hatte Wallander das Gefühl, daß die Freundlichkeit, die ihm entgegengebracht wurde, echt war. Peters war kein Schauspieler, seine Worte waren überzeugend.
»Das war eine schwere Zeit«, sagte Wallander. »Aber jetzt ist es vorbei. Glaube ich jedenfalls.«
|78| Er verließ die Villa und winkte Peters und Norén zu, als sie im Streifenwagen verschwanden. Dann wanderte er noch eine Weile im Garten umher und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Dabei verbanden sich seine persönlichen Gefühle mit seinen Ansichten über den Fall der beiden Anwälte. Schließlich beschloß er, Frau Dunér bereits jetzt einen zweiten Besuch abzustatten. Es gab da ein paar Fragen, auf die er unbedingt eine Antwort haben wollte.
Kurz vor zwölf klingelte er an ihrer Tür und wurde eingelassen.
Diesmal nahm er die angebotene Tasse Tee dankend an. »Es tut mir leid, daß ich schon wieder stören muß«, begann er. »Aber ich brauche Hilfe, um mir ein Bild von Vater und Sohn machen zu können. Wer war Gustaf Torstensson? Wer war Sten Torstensson? Sie haben dreißig Jahre mit dem Senior zusammengearbeitet …«
»Und neunzehn mit dem Junior«, fügte sie hinzu.
»Das ist eine lange Zeit. Da lernt man Menschen kennen. Beginnen wir mit Gustaf Torstensson. Bitte, beschreiben Sie ihn.«
Ihre Antwort überraschte ihn. »Das kann ich nicht.«
»Warum nicht?«
»Ich kannte ihn nicht.«
Sie meinte es ernst. Wallander mußte langsam vorgehen, sich die Zeit nehmen, die er sich im Namen der Ungeduld nicht zugestehen wollte.
»Ich hoffe, Sie verstehen, daß mir diese Antwort seltsam vorkommt. Sie haben dreißig Jahre mit ihm zusammengearbeitet.«
»Nicht mit ihm. Für ihn. Das ist ein großer Unterschied.«
Wallander nickte. »Auch wenn Sie Gustaf Torstensson privat nicht kannten, so müssen Sie doch eine ganze Menge über ihn wissen. Bitte helfen Sie mir, sonst werden wir den Mord an seinem Sohn nie aufklären können.«
Wieder überraschte sie ihn. »Herr Kommissar, Sie sind nicht aufrichtig zu mir. Was ist eigentlich wirklich geschehen, als er sich totgefahren hat?«
|79| »Das wissen wir noch nicht. Aber wir haben den Verdacht, daß im Zusammenhang mit dem Unfall da draußen auf der Straße
Weitere Kostenlose Bücher