Wallander 04 - Der Mann, der lächelte
so eine Bezirksverwaltung funktioniert. Wir setzen jährlich viele Milliarden um, durch eine Unmenge von Ämtern und Abteilungen. Natürlich erfolgt die ökonomische Verwaltung zentral und per EDV. Auf verschiedenen Ebenen sind diverse Sicherheitssysteme eingebaut, um Unterschlagungen und andere störende Eingriffe zu verhindern. Sogar die obersten Chefs werden kontrolliert, worauf ich in diesem Fall nicht weiter eingehen muß. Dagegen ist es wichtig zu betonen, daß alle Zahlungen einer laufenden Revision unterzogen werden. Wenn jemand die Absicht hat, innerhalb der Bezirksverwaltung auf kriminelle Weise zu Geld zu kommen, muß er genau wissen, wie die Gelder zwischen den Konten transferiert werden. Dies also zum Hintergrund.«
»Ich glaube, ich verstehe«, sagte Wallander und wartete auf die Fortsetzung.
»Das Geschehene enthüllte, daß die Sicherheitsvorschriften unzureichend waren«, fuhr Martin Oscarsson fort. »Sie wurden |168| seither radikal geändert. Heute wäre diese Form des Betrugs unmöglich.«
»Nehmen Sie sich ruhig Zeit. Ich möchte, daß Sie so detailliert wie möglich von dem Fall berichten.«
»Der genaue Ablauf ist noch nicht lückenlos geklärt. Aber wir können von folgendem ausgehen: Wie Sie, Herr Kommissar, vielleicht wissen, wurde die gesamte öffentliche Verwaltung Schwedens in den letzten Jahren einer gewaltigen Umwandlung unterzogen. In vieler Hinsicht ist dieser Prozeß wie eine Operation ohne ausreichende Narkose verlaufen. Besonders wir, die wir einer älteren Tradition innerhalb der Beamtenschaft angehören, hatten große Schwierigkeiten mit der radikalen Reform. Diese Umwandlung ist noch nicht abgeschlossen, und es wird noch eine Weile dauern, bis wir alle Konsequenzen beurteilen können. Es geht darum, die Verwaltungen auf den verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen wie private Unternehmen zu betreiben, mit Marktorientierung und Konkurrenz. Verschiedene Einheiten werden zu Gesellschaften umgebildet, andere durch Ausschreibung vergeben, von allen wird eine höhere Effektivität erwartet. Für unseren Bezirk ging es unter anderem darum, eine besondere Gesellschaft für die Ankäufe zu bilden, die so eine Behörde im Jahr notwendigerweise tätigen muß. Eine Bezirksbehörde als Kunden zu haben ist das Beste, was einem Unternehmen passieren kann, ob es nun um Waschmittel oder Rasenmäher geht. Im Zusammenhang mit der Bildung der Gesellschaft hatten wir eine Beratungsfirma angeheuert, die unter anderem bei der Auswahl der Kandidaten für die ausgeschriebenen neuen Leitungsposten behilflich sein sollte. Und da geschah der Betrug.«
»Wie hieß die Beratungsfirma?«
»STRUFAB. Mir fällt aber jetzt nicht ein, was die Abkürzung bedeutet.«
»Wer stand hinter dieser Firma?«
»Sie gehörte zum Investmentunternehmen Smeden, welches seinerseits an der Börse notiert war. Sie kennen Smeden, Herr Kommissar?«
|169| »Habe davon gehört«, brummte Wallander. »Gibt es einen Hauptaktionär?«
»Soviel ich weiß, hatten Volvo und Skanska damals die Aktienmehrheit. Aber das kann sich seither geändert haben.«
»Wir kommen darauf zurück. Wenden wir uns dem Betrugsfall zu. Was genau ist geschehen?«
»Wir hatten im Spätsommer und im Frühherbst eine Reihe von Besprechungen, um die Bildung der Gesellschaft perfekt zu machen. Die Beratungsfirma arbeitete effektiv, unsere Juristen waren, wie auch die Ressortchefs der Wirtschaftsabteilung, des Lobes voll. Wir hatten dem Verwaltungsausschuß sogar vorgeschlagen, die Möglichkeit zu diskutieren, STRUFAB über einen langfristigen Vertrag an den Bezirk zu binden.«
»Wie hießen die Berater?«
»Egil Holmberg und Stefan Fjällsjö. Bei einem der Treffen war noch ein weiterer Herr anwesend, dessen Namen ich leider vergessen habe.«
»Diese Personen erwiesen sich also als Betrüger?«
Martin Oscarssons Antwort war überraschend. »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Denn der Betrug wurde so durchgeführt, daß zum Schluß niemand verurteilt werden konnte. Es gab keinen Schuldigen, aber das Geld war verschwunden.«
»Das klingt seltsam«, sagte Wallander. »Wie lief es ab?«
»Wir müssen zu Freitag, dem 14. August 1992 zurückkehren. An jenem Nachmittag wurde der Coup durchgezogen, in sehr kurzer Zeit. Wie später klar wurde, war alles genauestens geplant. Unser Treffen mit den Beratern fand in einem Konferenzraum der Wirtschaftsabteilung statt. Wir begannen um eins und wollten bis siebzehn Uhr fertig sein. Als die Besprechung
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