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Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Titel: Wallander 04 - Der Mann, der lächelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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letzter Mensch auf der Welt zu sein, unglücklich, vergessen oder ganz einfach verlorengegangen.
    Das Signal des Telefons ließ ihn zusammenzucken.
    Es war Roslund. »Du klingst so verschlafen. Bist du hinter dem Lenkrad eingeschlafen?«
    »Nein«, log Wallander. »Muß wohl eine Erkältung sein.«
    »Ich habe jedenfalls gefunden, was du wolltest«, sagte Roslund. »Die Papiere liegen vor mir auf dem Tisch. Außerdem steht hier ein Mann namens Magnus Staffansson. Er war mit im Wagen, der alarmiert wurde, als ein paar Orientierungsläufer den an einer Birke baumelnden Körper entdeckt hatten. Magnus kann dir vielleicht erklären, warum sich ein Mensch ausgerechnet an einer Birke erhängt. Wo wollt ihr euch treffen?«
    Wallander spürte, wie die Müdigkeit wich. »An der Einfahrt nach Klagshamn.«
    »Er wird in einer Viertelstunde dort sein. Vor kurzem habe ich übrigens mit Sven Nyberg gesprochen. Er hat in deinem Auto nichts gefunden.«
    »Das kann ich mir denken.«
    »Wenn du heimfährst, wirst du das Wrack nicht mehr sehen. Wir lassen es gerade abschleppen.«
    »Danke für die Hilfe.«
    Wallander fuhr auf direktem Weg nach Klagshamn und wartete an der verabredeten Stelle. Nach einigen Minuten hielt ein Polizeiwagen. Wallander war ausgestiegen und begrüßte den uniformierten Kollegen. Dann setzten sie sich in Wallanders Auto. Magnus Staffansson übergab ihm eine Klarsichthülle mit Fotokopien.
    |175| »Ich sehe das schnell durch«, sagte Wallander. »Inzwischen könntest du versuchen dich zu erinnern, wie das vor einem Jahr war.«
    »Selbstmorde will man am liebsten vergessen«, sagte Magnus Staffansson im breitesten Malmöer Dialekt. Wallander schmunzelte; so hatte auch sein Schwedisch einst geklungen, bevor die Jahre in Ystad ihre Spuren in der Sprache hinterlassen hatten.
    Schnell las er den kurzgefaßten Bericht, das Obduktionsprotokoll und den Beschluß, die Voruntersuchung einzustellen. Der Verdacht eines Verbrechens war nicht aufgetaucht.
    Das bezweifle ich, dachte Wallander. Dann legte er die Klarsichthülle ins Handschuhfach und wandte sich Magnus Staffansson zu. »Ich glaube, es ist am besten, wenn wir zu der Stelle fahren. Weißt du noch, wo es war?«
    »Ja«, antwortete Staffansson. »Es ist ein paar Kilometer außerhalb. Ich fahre voraus.«
    Sie ließen Klagshamn hinter sich und fuhren an der Küste entlang in Richtung Süden. Ein Containerschiff durchquerte den Sund; über Kopenhagen stand eine Wolkenbank. Die dicht bebauten Villenviertel wurden von einzelnen Häusern abgelöst, bis schließlich rundum nur noch Felder waren. Ein einsamer Traktor rollte über den Acker.
    Schnell waren sie da. Die Stelle lag in einem Laubwäldchen links des Weges. Wallander hielt hinter dem Polizeiwagen und stieg aus. Der Boden war feucht, und er wollte seine Gummistiefel aus dem Kofferraum holen, doch dann fiel ihm ein, daß die ja in der vergangenen Nacht in seinem Peugeot verbrannt waren.
    Magnus Staffansson zeigte auf eine besonders kräftige Birke. »Da hat er gehangen.«
    »Erzähle«, sagte Wallander.
    »Das meiste steht im Bericht.«
    »Eigene Worte sind immer besser.«
    »Es war ein Sonntagmorgen, kurz vor acht. Wir waren draußen und hatten einen aufgebrachten Passagier von der Fähre aus Dragør beruhigt, der behauptete, er habe sich während der |176| Überfahrt im Restaurant den Magen verdorben. Da empfingen wir den Notruf. Es hieß, ein Mann habe sich an einem Baum erhängt. Wir erhielten eine Wegbeschreibung und fuhren hin. Zwei Orientierungsläufer hatten den Mann gefunden. Sie waren natürlich schockiert, aber einer von ihnen war noch so geistesgegenwärtig, zu dem Haus dahinten zu rennen und die Polizei zu alarmieren. Wir handelten sofort, holten ihn erst mal da runter; manchmal leben sie ja noch. Die Ambulanz kam, die Kripo übernahm, und dann wurde das Ganze als Selbstmord zu den Akten gelegt. An etwas anderes kann ich mich nicht erinnern. Er ist mit dem Fahrrad gekommen. Es lag hier an den Büschen.«
    Wallander schaute auf die Birke, während er Magnus Staffansson zuhörte. »Was war das für ein Strick?«
    »Sah aus wie eine Trosse von einem Boot. Dick wie mein Daumen.«
    »Erinnerst du dich an den Knoten?«
    »Eine gewöhnliche Schlinge.«
    »Wie könnte er es gemacht haben?«
    Magnus Staffansson sah ihn verständnislos an.
    »Sich aufzuhängen ist gar nicht so einfach«, sagte Wallander. »War da ein Gegenstand, auf dem er gestanden haben könnte? Oder ist er hinaufgeklettert?«
    Magnus

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