Wallander 04 - Der Mann, der lächelte
anfing, kündigte Egil Holmberg an, daß er bereits um vier wegmüsse. Aber das sollte das Treffen nicht beeinflussen. Etwa fünf Minuten vor zwei kam die Sekretärin des Direktors der Wirtschaftsabteilung herein und teilte mit, daß Stefan Fjällsjö dringend am Telefon verlangt werde. Soweit ich mich erinnere, hieß es, der Anruf käme aus dem Industrieministerium. Stefan Fjällsjö entschuldigte sich und folgte der Sekretärin, um in ihrem Zimmer zu telefonieren. Sie berichtete später, |170| daß sie, als die Verbindung hergestellt war, den Raum verlassen wollte, um Stefan Fjällsjö nicht zu stören. Sie erhielt den Bescheid, daß das Gespräch mindestens zehn Minuten dauern würde. Daraufhin ging sie hinaus. Was dann geschah, ist im Detail natürlich nicht geklärt. Aber in großen Zügen kennen wir den Verlauf. Stefan Fjällsjö hat den Hörer zur Seite gelegt – wer angerufen hat, wissen wir nicht, nur, daß der Anruf nicht aus dem Industrieministerium kam – und ist in das neben dem Sekretariat gelegene Büro des Direktors der Wirtschaftsabteilung gegangen. Dort tippte er eine Überweisung von vier Millionen Kronen auf ein Geschäftskonto bei der Handelsbank in Stockholm in den Computer. Der Transfer wurde als Honorar für geleistete Beratungen spezifiziert. Da solcherart Überweisungen generell nur vom Direktor bestätigt werden durften, war es kein Problem. In der Spezifikation wurde auf die Nummer eines Vertrages mit einer erfundenen Beratungsfirma Bezug genommen; ich glaube, der Name war SISYFOS. Stefan Fjällsjö schrieb eine Bestätigung über die Richtigkeit der Überweisung; dazu benutzte er das vorgeschriebene Formular und fälschte die Unterschrift des Direktors. Dann gab er auch die Bestätigung in den Computer ein. Die geschriebene Fassung legte er in die Mappe mit der internen Post. Anschließend kehrte er in das Nebenzimmer zurück, telefonierte mit seinem Kumpan und beendete das Gespräch, als die Sekretärin den Raum betrat. Damit war der erste Teil des Betrugs erledigt. Stefan Fjällsjö nahm wieder im Konferenzzimmer Platz; insgesamt hatte es nicht länger als fünfzehn Minuten gedauert.«
Wallander hörte aufmerksam zu. Da er sich keine Notizen machen durfte, befürchtete er, Details zu vergessen.
Martin Oscarsson fuhr fort: »Kurz vor fünfzehn Uhr erhob sich Egil Holmberg und verließ die Besprechung. Später wurde uns klar, daß er zwar die Konferenz, nicht aber das Gebäude verlassen hatte. Er begab sich eine Treppe tiefer ins Büro des Chefs der Buchhaltung. Ich sollte vielleicht darauf hinweisen, daß dieses leer war, da auch unser oberster Buchhalter ausnahmsweise an der Besprechung im Konferenzzimmer teilnahm, und zwar auf besonderen Wunsch der Berater. Mit anderen |171| Worten, alles war bestens vorbereitet. Egil Holmberg gab den erfundenen Vertrag mit SISYFOS in den Computer des Chefs der Buchhaltung ein und datierte den Antrag auf Auszahlung der vier Millionen Kronen eine Woche zurück. Danach rief er im Büro der Handelsbank in Stockholm an und avisierte die Überweisung. Nun mußte er nur noch ruhig sitzen bleiben und warten. Zehn Minuten später kam der Kontrollanruf der Handelsbank. Er nahm das Gespräch entgegen und bestätigte die Transaktion. Jetzt mußte er die Zahlungsanweisung noch gegenüber der eigenen Bank bestätigen, dann konnte er Büro und Haus verlassen. Am Montag morgen hob jemand das Geld bei der Handelsbank in Stockholm ab; der Mann nannte sich Rikard Eden und gab sich als Prokurist der Firma SISYFOS aus. Wir glauben, daß es Stefan Fjällsjö selbst war, der da unter falschem Namen auftrat. Es dauerte eine Woche, bis der Schwindel entdeckt und der Polizei gemeldet wurde. Ziemlich schnell stand fest, wie es zugegangen sein mußte, aber es gab natürlich keine Beweise. Stefan Fjällsjö und Egil Holmberg leugneten selbstverständlich und spielten auch noch die ob der Verdächtigung Empörten. Wir brachen jeden Kontakt mit der Beratungsfirma ab, mehr konnten wir allerdings nicht tun. Schließlich stellte der Staatsanwalt die Ermittlungen ein, und uns gelang es, die Sache zu vertuschen. Alle sahen ein, daß es so das Beste war, nur einer nicht.«
»Lars Borman?«
Martin Oscarsson nickte bedächtig. »Er war sehr aufgebracht. Das waren wir natürlich alle, aber bei Lars Borman ging es tiefer. Es war, als fühlte er sich persönlich gekränkt, weil wir Staatsanwaltschaft und Polizei nicht drängten, den Fall weiter zu untersuchen. Für ihn war es wie
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