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Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Titel: Wallander 04 - Der Mann, der lächelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Wallander jedenfalls änderte sich der Charakter des Gesprächs, seine Aufmerksamkeit schärfte sich, Routine wurde durch Wachsamkeit ersetzt.
    »Sie müssen sehr eng mit Lars Borman zusammengearbeitet und ihn gut gekannt haben. Wie war er als Mensch?«
    »Wir hatten privat keinen Umgang miteinander. Er lebte für seine Arbeit und seine Familie. Seine Integrität wurde allgemein geachtet. Kam ihm jemand zu nahe, zog er sich sofort zurück.«
    »Könnte er an einer schweren Krankheit gelitten haben?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Sie haben bestimmt viel über seinen Selbstmord nachgedacht.«
    »Es war eine schlimme Zeit. Meine letzten Monate im Amt wurden dadurch überschattet.«
    »Was können Sie über seinen letzten Arbeitstag erzählen?«
    »Da er an einem Sonntag starb, habe ich ihn zuletzt am Freitag nachmittag gesehen, in einer Besprechung beim Chef der Wirtschaftsabteilung des Bezirks. Es war eine ziemlich hitzige Diskussion, leider.«
    »Warum hitzig?«
    »Die Meinungen über die Lösung eines Problems waren geteilt.«
    »Welches Problem?«
    Martin Oscarsson schaute ihn nachdenklich an. »Ich bin nicht sicher, ob ich Ihnen diese Frage beantworten kann, Herr Kommissar.«
    »Was steht dem entgegen?«
    »Erstens bin ich pensioniert. Zweitens schreibt das Verwaltungsgesetz vor, daß gewisse Angelegenheiten vertraulich zu behandeln sind.«
    »In diesem Land gilt das Öffentlichkeitsprinzip«, sagte Wallander.
    »Jedoch nicht in Fällen, die aus besonderen Gründen als weniger geeignet erscheinen, publik gemacht zu werden.«
    Wallander dachte darüber nach, bevor er fortfuhr: »An seinem letzten Tag im Dienst hat Lars Borman also an einer Besprechung |166| mit dem Chef der Wirtschaftsabteilung teilgenommen. Habe ich das richtig verstanden?«
    Martin Oscarsson nickte.
    »Dabei wurde, in zum Teil hitzigen Diskussionen, ein Problem behandelt, das später als nicht für die Öffentlichkeit geeignet eingestuft wurde. Das bedeutet mit anderen Worten, daß das Protokoll der Sitzung den Aufdruck ›Streng vertraulich‹ trägt?«
    »Nein. Es gab gar kein Protokoll.«
    »Dann kann es auch keine reguläre dienstliche Besprechung gewesen sein, denn dafür ist ein Protokoll zwingend vorgeschrieben.«
    »Es war eine vertrauliche Beratung«, sagte Martin Oscarsson. »Und jetzt ist es genug. Weitere Fragen werde ich nicht beantworten. Ich bin ein alter Mann, ich habe vergessen, was damals geschehen ist.«
    Es ist genau umgekehrt, dachte Wallander. Der Mann, der hier vor mir sitzt, hat nichts vergessen. Wenn ich nur wüßte, worüber an jenem Freitag gesprochen wurde.
    »Natürlich kann ich Sie nicht zwingen, meine Fragen zu beantworten«, sagte Wallander. »Aber ich kann mich an einen Staatsanwalt wenden. Ich kann zum Verwaltungsausschuß des Bezirks gehen. Ich kann überhaupt viel tun, um schließlich doch herauszubekommen, worum es in der Besprechung ging.«
    »Ich beantworte keine Fragen mehr«, wiederholte Martin Oscarsson und erhob sich.
    Wallander blieb sitzen. »Nehmen Sie wieder Platz«, sagte er. »Ich habe einen Vorschlag.«
    Martin Oscarsson zögerte, dann setzte er sich wieder.
    »Lassen Sie uns verfahren wie an jenem Freitag nachmittag«, sagte Wallander. »Ich mache mir keine Aufzeichnungen. Nennen wir es ein vertrauliches Gespräch. Es gibt keine Zeugen, daß diese Unterhaltung je stattgefunden hat. Ich kann Ihnen mein Wort geben, daß ich Sie niemals als Quelle angeben werde, egal, was Sie mir erzählen. Sollten Sie nicht zustimmen, hole ich mir meine Informationen auf anderem Wege.«
    |167| Martin Oscarsson überdachte den Vorschlag. »Thomas Rundstedt weiß, daß Sie mich besuchen.«
    »Er weiß aber nicht, worum es geht.«
    Wallander wartete geduldig. Ihm war klar, wie Martin Oscarssons Entscheidung ausfallen würde. Er zweifelte nicht daran, einen klugen alten Mann vor sich zu haben.
    »Also gut, Herr Kommissar, ich nehme Ihren Vorschlag an. Aber ich kann nicht garantieren, daß ich alle Ihre Fragen beantworten kann.«
    »Kann oder will?« fragte Wallander.
    »Das ist meine Sache.«
    Wallander nickte. Sie waren sich einig. »Beginnen wir mit dem Problem. Worum ging es in der Beratung?«
    »Um einen schweren Fall von Betrug an der Bezirksverwaltung von Malmöhus. Damals hatten wir noch keine Ahnung, um welche Summe es ging; inzwischen wissen wir Bescheid.«
    »Wieviel?«
    »Vier Millionen Kronen. Steuergelder.«
    »Was war geschehen?«
    »Damit Sie es richtig verstehen können, muß ich Ihnen zuerst erklären, wie

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