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Wallander 08 - Die Brandmauer

Wallander 08 - Die Brandmauer

Titel: Wallander 08 - Die Brandmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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zu hinterlassen? Die Frage ist immer, wer geschickter ist. Der Spurensucher oder der, der seine Spuren verwischt.«
    »Ich begreife trotzdem nicht, warum er das hätte tun sollen.«
    »Vielleicht wollte er etwas verbergen. Wie der Kuckuck, der seine Eier in die Nester anderer Vögel legt.«
    »Aber warum?«
    »Das wissen wir nicht. Dagegen kann jemand geglaubt haben, er hätte es getan. Und jetzt, wo Falk tot ist, will dieser Jemand sichergehen, daß es nichts in Ihrem Rechner gibt, was Sie früher oder später entdecken könnten.«
    »Wer will das?«
    »Das frage ich mich auch.«
    So muß es gewesen sein, dachte Wallander. Eine andere sinnvolle Erklärung gibt es nicht. Falk ist tot. Und aus irgendeinem ganz bestimmten Grund jagt man jetzt herum, um aufzuräumen. Irgend etwas soll um jeden Preis verborgen bleiben.
    Er wiederholte die Worte im Kopf.
Irgend etwas soll um jeden Preis verborgen bleiben.
Das war der Punkt, an dem alle Fäden zusammenliefen. Dort würden sie des Rätsels Lösung finden.
    Wallander ahnte, daß sie nicht mehr viel Zeit hatten.
    »Hat Falk jemals mit Ihnen über die Zahl Zwanzig gesprochen?«
    »Warum sollte er?«
    »Antworten Sie bitte nur auf die Frage.«
    »Nein. Jedenfalls nicht, soweit ich mich erinnern kann.«
    Wallander wählte Nybergs Nummer, doch der meldete sich nicht. Er rief Irene an und bat sie, Nyberg zu suchen.
    Siv Eriksson begleitete ihn in den Flur.
    »Es werden ein paar Kollegen von der Spurensuche herkommen«, sagte er. »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie im Arbeitszimmer nichts anrühren würden. Es könnten Fingerabdrücke dasein.«
    »Ich weiß nicht, was ich machen soll«, sagte sie hilflos. »Alles ist weg. Meine gesamte berufliche Existenz ist über Nacht zusammengebrochen.«
    |412| Wallander konnte ihr keinen Trost geben. Wieder fiel ihm ein, was Erik Hökberg über die Verwundbarkeit gesagt hatte.
    »Wissen Sie, ob Tynnes Falk religiös war?« fragte er.
    Ihre Verwunderung war unverkennbar. »Er hat nie etwas gesagt, was darauf schließen ließ.«
    Wallander hatte keine Fragen mehr. Er versprach, sich wieder zu melden. Auf der Straße blieb er stehen. Am liebsten hätte er jetzt mit Martinsson gesprochen. Er fragte sich, ob er Ann-Britts Rat befolgen sollte. Oder ob er Martinsson schon jetzt mit dem, was er gehört hatte, konfrontieren sollte. Einen Moment lang überfiel ihn eine große Mattigkeit. Der Vertrauensbruch war groß und unerwartet. Immer noch fiel es ihm schwer zu glauben, daß es wahr war. Doch im Innersten wußte er es.
    Es war noch nicht elf. Er entschied sich dafür, die Konfrontation mit Martinsson aufzuschieben. Im besten Fall wäre seine Empörung abgeflaut und sein Urteilsvermögen geschärft. Erst einmal mußte er zu Hökbergs zurück. Gleichzeitig fiel ihm etwas ein, was er vergessen hatte und was teilweise mit seinem früheren Besuch bei ihnen zu tun hatte. Er parkte vor der Videothek, die beim letzten Mal geschlossen gewesen war. Diesmal gelang es ihm, den Film mit Al Pacino auszuleihen. Dann fuhr er weiter zu Hökbergs und parkte vor dem Haus. Als er klingeln wollte, wurde die Haustür geöffnet.
    »Ich habe Sie kommen sehen«, sagte Erik Hökberg. »Sie waren schon vor einer Stunde hier, sind aber nicht hereingekommen.«
    »Es ist etwas geschehen, worum ich mich kümmern mußte.«
    Sie gingen hinein. Im Haus herrschte Schweigen.
    »Eigentlich bin ich gekommen, um mit Ihrer Frau zu sprechen.«
    »Sie liegt oben und ruht sich aus. Oder weint. Oder beides.«
    Erik Hökberg war grau vor Müdigkeit. Seine Augen waren blutunterlaufen.
    »Der Junge geht wieder in die Schule. Das ist für ihn am besten.«
    »Wir wissen immer noch nicht, wer Sonja getötet hat«, sagte Wallander. »Aber wir sind zuversichtlich, daß wir den Täter fassen.«
    »Ich dachte, ich wäre ein Gegner der Todesstrafe«, sagte Erik |413| Hökberg. »Aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher. Sie müssen mir versprechen, daß der Mensch, der das getan hat, nie in meine Nähe kommt. Sonst kann ich für nichts garantieren.«
    Wallander versprach es. Erik Hökberg verschwand die Treppe hinauf. Wallander ging im Wohnzimmer auf und ab. Es dauerte fast eine Viertelstunde, bis er Schritte auf der Treppe hörte. Erik Hökberg kam allein zurück. »Sie ist sehr erschöpft«, sagte er. »Aber sie kommt gleich.«
    »Ich bedaure, daß dieses Gespräch nicht aufgeschoben werden kann.«
    »Das verstehen wir.«
    Sie warteten schweigend. Plötzlich stand sie da, in Schwarz und barfuß.

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