Wallander 08 - Die Brandmauer
Hand bekommen, die ihm noch fehlten, um Wallander zu vernichten.
»Du bist natürlich darüber informiert, daß eine interne Untersuchung dieser unschönen Geschichte im Vernehmungszimmer stattfindet«, sagte Viktorsson plötzlich. »Es liegen Beschwerden und eine Anzeige beim Justiz-Ombudsmann gegen dich vor.«
»Das Bild lügt in bezug auf den Zusammenhang«, antwortete Wallander. »Ich habe die Mutter geschützt. Egal, was sie sagt.«
Viktorsson entgegnete nichts.
Wer glaubt mir noch, dachte Wallander. Nur noch ich selbst?
Wallander verließ das Präsidium. Es war neun Uhr geworden. Er fuhr auf direktem Weg zur Familie Hökberg. Er hatte nicht angerufen, um seinen Besuch anzukündigen. Er wollte nur fortkommen von den Korridoren, in denen er Gefahr lief, Martinsson zu begegnen. Früher oder später würde es geschehen. Aber noch war es zu früh. Er war noch nicht sicher, daß er sich würde beherrschen können.
Wallander war gerade aus seinem Wagen gestiegen, als sein Handy piepte.
Es war Siv Eriksson. »Ich hoffe, ich störe nicht.«
»Ist schon in Ordnung.«
»Ich rufe an, weil ich mit Ihnen sprechen muß.«
»Gerade im Augenblick geht es schlecht.«
»Aber es kann nicht warten.«
Wallander nahm plötzlich wahr, daß sie sich erregt anhörte. Er preßte das Handy fester ans Ohr und wandte sich vom Wind ab.
Er begriff, daß es ihr ernst war, und versprach, sogleich zu kommen. Das Gespräch mit Sonja Hökbergs Mutter mußte warten. Er fuhr zurück ins Zentrum und parkte in der Lurendrejargränd. Ein östlicher Wind hatte eingesetzt, der kühle Luft mit sich führte. Wallander drückte auf den Türknopf. Die Tür ging auf. Siv Eriksson wartete auf ihn. Er sah sofort, daß sie Angst hatte. Als sie ins Wohnzimmer traten, zündete sie sich mit zitternden Händen eine Zigarette an.
»Was ist passiert?« fragte Wallander.
|406| Es dauerte eine Weile, bis die Zigarette brannte. Sie nahm einen Zug und drückte die Zigarette sofort wieder aus.
»Meine Mutter lebt in Simrishamn«, begann sie. »Gestern habe ich sie besucht. Weil es spät wurde, bin ich über Nacht geblieben. Als ich heute morgen zurückkam, sah ich, was passiert war.«
Sie unterbrach sich und stand abrupt vom Sofa auf. Wallander folgte ihr ins Arbeitszimmer. Sie zeigte auf ihren Computer.
»Ich setzte mich hierher, um zu arbeiten. Aber als ich den Rechner anmachte, passierte nichts. Zuerst glaubte ich, der Stecker sei herausgezogen. Dann wurde mir klar, was los war.«
Sie zeigte auf den Monitor.
»Ich glaube, ich verstehe nicht ganz«, sagte Wallander.
»Jemand hat sämtliche Daten auf meinem Rechner gelöscht. Die Festplatte ist leer. Aber das ist noch nicht alles.«
Sie ging zu einem Dokumentenschrank und öffnete die Türen.
»Alle meine Disketten sind weg. Nichts mehr da. Nichts. Ich hatte eine zweite Festplatte. Die ist auch verschwunden.«
Wallander blickte sich im Raum um. »Hier ist also heute nacht eingebrochen worden?«
»Aber es gibt keine Spuren. Und wer wußte schon, daß ich ausgerechnet heute nacht weg sein würde?«
Wallander überlegte. »Sie hatten kein Fenster offengelassen? Und die Wohnungstür weist keine Spuren auf?«
»Nein. Ich habe nachgesehen.«
»Und nur Sie haben Schlüssel zu Ihrer Wohnung?«
Sie zögerte mit der Antwort. »Ja und nein. Tynnes hatte Reserveschlüssel.«
»Warum das?«
»Für den Fall, daß etwas passierte. Und ich weg war. Aber er hat sie nie benutzt.«
Wallander nickte. Er verstand ihre Erregung. Jemand hatte Schlüssel benutzt, um in die Wohnung zu gelangen. Und der Mann, der diese Schlüssel gehabt hatte, war tot.
»Wissen Sie, wo er sie aufbewahrte?«
»Er sagte, er wolle sie in seine Wohnung in der Apelbergsgata legen.«
|407| Wallander nickte. Er dachte an den Mann, der auf ihn geschossen hatte. Und danach verschwunden war.
Vielleicht hatte Wallander jetzt endlich erfahren, wonach der Mann in der Wohnung gesucht hatte.
Nach Reserveschlüsseln für Siv Erikssons Wohnung.
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Zum erstenmal seit dem Beginn der Ermittlung glaubte Wallander ganz klar einen Zusammenhang zu erkennen. Nachdem er die Wohnungstür und die Fenster untersucht hatte, war er überzeugt davon, daß Siv Eriksson recht hatte. Die Person, die ihre Festplatte und ihre Disketten gestohlen hatte, war mit einem Schlüssel hereingekommen. Er wagte es, noch eine weitere Schlußfolgerung zu ziehen. Siv Eriksson war auf die eine oder andere Weise überwacht worden. Die Person, die über die Schlüssel
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