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Wallander 08 - Die Brandmauer

Wallander 08 - Die Brandmauer

Titel: Wallander 08 - Die Brandmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Polizeipräsidium hatte sich nie jemand dazu geäußert, daß er abgenommen hatte.
    Als ob wir einander nie wirklich wahrnähmen, dachte Wallander. Wir arbeiten zusammen. Aber wir sehen einander nicht.
    Er fuhr am Strand von Mossby entlang, der jetzt im Herbst verlassen war. Er erinnerte sich an die Zeit vor sechs Jahren, als ein Gummifloß mit zwei toten Männern angetrieben worden war. Er bremste heftig und bog von der Hauptstraße ab. Er hatte noch immer reichlich Zeit. Er stellte den Motor ab und stieg aus. Es war windstill, ein paar Grad über Null. Er knöpfte seinen Mantel zu und folgte einem Pfad, der sich zwischen den Dünen hinschlängelte. Da lag das Meer. Und der leere Strand. Spuren von Menschen |19| und Hunden. Und von Pferdehufen. Er blickte über das Wasser. Ein Zugvogelschwarm war auf dem Weg nach Süden.
    Immer noch konnte er sich genau an die Stelle erinnern, an der das Floß angetrieben war. Später hatte die komplizierte Ermittlung Wallander nach Lettland geführt, nach Riga. Und dort war Baiba gewesen. Die Witwe eines ermordeten lettischen Kriminalbeamten, eines Mannes, den er kennen und schätzen gelernt hatte.
    Dann waren Baiba und er zusammengewesen. Lange hatte er geglaubt, es könnte etwas daraus werden. Daß sie nach Schweden kommen würde. Einmal hatten sie sich sogar ein Haus in der Nähe von Ystad angesehen. Aber dann hatte sie sich langsam zurückgezogen. Eifersüchtig hatte Wallander sich gefragt, ob sie einen anderen hatte. Einmal war er sogar nach Riga geflogen, ohne sich anzukündigen. Aber es hatte keinen anderen Mann gegeben. Es hatte einfach daran gelegen, daß Baiba sich nicht sicher war, ob sie noch einmal einen Polizeibeamten heiraten wollte und ob sie ihr Heimatland verlassen sollte, in dem sie eine zwar schlechtbezahlte, aber befriedigende Arbeit als Übersetzerin hatte. Dann war es zu Ende gegangen.
    Wallander wanderte am Strand entlang und dachte, daß es jetzt mehr als ein Jahr her war, seit er zuletzt mit ihr gesprochen hatte. Immer noch tauchte sie zuweilen in seinen Träumen auf. Aber es gelang ihm nie, sie zu greifen. Wenn er ihr entgegenging oder seine Hand nach ihr ausstreckte, war sie immer schon wieder verschwunden. Er fragte sich, ob er sie eigentlich vermißte. Seine Eifersucht hatte sich gelegt. Jetzt konnte er sie sich in der Nähe eines anderen Mannes vorstellen, ohne daß es ihm einen Stich versetzte.
    Es ist die verlorene Gemeinsamkeit, dachte er. Mit Baiba blieb mir die Einsamkeit erspart, die mir vorher nicht bewußt gewesen war. Wenn ich sie vermisse, dann vermisse ich in Wahrheit die Gemeinsamkeit.
    Er ging zum Auto zurück. Vor verlassenen Stränden sollte er sich hüten. Besonders im Herbst. Sie konnten leicht eine große und schwere Düsterkeit in ihm auslösen.
    Einmal hatte er an der nördlichsten Spitze von Jütland einen |20| einsamen Polizeibezirk nur für sich allein eingerichtet. Es war in einer Periode seines Lebens gewesen, in der er wegen anhaltender Depressionen krankgeschrieben war und nie geglaubt hatte, daß er noch einmal ins Polizeipräsidium von Ystad zurückkehren würde. Jahre waren seitdem vergangen, aber er erinnerte sich noch immer mit Grausen daran, wie er sich damals gefühlt hatte. So etwas wollte er nicht noch einmal erleben. Es war eine Landschaft, die nur seine Ängste wachrief.
    Er setzte sich wieder in seinen Wagen und fuhr weiter in Richtung Malmö. Um ihn her war tiefer Herbst. Er fragte sich, wie der Winter würde. Ob schwere Schneefälle und Wind für Chaos sorgen würden. Oder ob es regnerisch werden würde. Er überlegte auch, was er mit der Urlaubswoche anfangen sollte, die er im November nehmen mußte. Er hatte seine Tochter Linda gefragt, ob sie eine Charterreise in die Sonne machen sollten. Er wolle sie gern einladen. Aber Linda, die in Stockholm lebte und studierte – was, wußte er nicht so genau   –, hatte gesagt, sie könne nicht fort. Selbst wenn sie wollte. Er hatte daraufhin überlegt, mit wem sonst er verreisen könnte. Aber es gab niemanden. Er hatte so gut wie keine Freunde. Von Sten Widén einmal abgesehen. Sten besaß einen Reiterhof nicht weit von Skurup. Aber Wallander bezweifelte, ob er wirklich Lust hatte, mit Widén zu verreisen. Nicht zuletzt wegen dessen Alkoholproblem. Er trank ständig, während Wallander – von seinem Arzt streng dazu angehalten – seinen früher allzu bedenkenlosen Alkoholkonsum eingeschränkt hatte. Er konnte natürlich Gertrud fragen, die Witwe seines Vaters.

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