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Walled Orchard 01: Der Ziegenchor

Walled Orchard 01: Der Ziegenchor

Titel: Walled Orchard 01: Der Ziegenchor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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Steinen auf einen.«
    »Wieso?«
    »Ich glaube, die mögen keine Athener. Ist eigentlich schon jemand drüben gewesen, um Phaidra Bescheid zu sagen?«
    »Nein«, antwortete ich. »Tust du das?«
    Er zuckte mit den Achseln. »Wenn du willst. Ich habe sowieso versprochen, heute morgen irgendwann mit den Köchen vorbeizuschauen.«
    Die hatte ich ganz vergessen. Wir hatten für die Hochzeit fünf Köche bestellt, aber einer von ihnen hatte die Ruhr bekommen, was mich auf die anderen vier um so neugieriger machte.
    Am Nachmittag begab ich mich in die Bäder und ließ mir die Haare schneiden und parfümieren. Der Barbier sprach ausschließlich über den Krieg, daß er seiner Meinung nach keinen guten Verlauf nehme und irgendwer ein wirklich böses Omen gesehen habe.
    »Ich habe gehört«, schrie er über die Schulter hinweg,
    »daß letzte Nacht, als die Wache die Schlüssel übergeben 205
    hat, wie aus dem Nichts diese gewaltige Schlange aufgetaucht ist. Sie soll dick wie ein Armgelenk gewesen sein und eine Art olivgrüner Haut gehabt haben, hat man mir erzählt, und sich um den Schlüssel gewunden haben.
    Also, wenn man mich fragt…«
    »So ein Unsinn!« unterbrach ihn ein Mann aus dem Hintergrund des Ladens. »Also, wenn sich der Schlüssel komplett um die Schlange gewunden hätte, das wäre ein Omen.«
    Der Barbier beachtete ihn nicht. »Der Schlüssel steht offensichtlich für die Gruppe, die sie nach Samos schicken.
    Das ist logisch.«
    »Wieso das?«
    »Zeig deine Unwissenheit doch nicht so!« bat der Barbier und schabte einen Fleck Grünspan von der Rasiermesserklinge. »Der derzeit führende Mann auf Samos heißt Drakon – ›die Schlange‹ –, stimmt’s? Dieser Drakon wird unsere Jungs einkreisen und in den Boden stampfen.«
    »Dazu gibt es einen Orakelspruch«, mischte sich ein anderer Mann ein. »Die Schlange wird die Eule in die Krallen beißen, und die Hochzeitsfackeln werden einhundert Begräbnisse beleuchten.«
    »Welche Hochzeitsfackeln?« fragte der Barbier. »Ich glaube eher, man hat einfach irgendeine alte Geschichte zu dem Spruch hinzugefügt, nur um ihn ins richtige Versmaß zu bringen.«
    206
    Als ich nach Hause kam, stritten sich gerade die Fackelträger mit den Flötenspielerinnen, und der kleine Zeus war mit meinem Schild zurück. Über den Riß war eine riesige Platte aus neuer Bronze genietet worden, besser hatte man das anscheinend in solch kurzer Zeit nicht reparieren können.
    »Es ist nur zum Guten, wenn du mich fragst«, sprach der kleine Zeus in Rätseln. »Soll ich dir dein Schwert schärfen, oder kann ich weiter meine Sachen packen?«
    »Wo willst du denn hin?« fragte ich.
    »Dich begleiten, natürlich. Als Schildträger. Schließlich hast du als Mitglied der Reiterklasse Anspruch auf einen Schildträger. Danach habe ich mich unten in der Schmiede erkundigt.«
    Für den Bruchteil einer Sekunde war ich gerührt. Dann fielen mir wieder die zehn Morgen Land ein, und ich sagte verdrossen: »Pack die Verpflegung zusammen und steck reichlich Käse ein.«
    Etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang begann ich am ganzen Körper zu zittern und trank einen weiteren Becher unverdünnten Wein. Als ich feststellte, daß meine linke Beinschiene zu eng war, verbog ich beim Versuch, sie zu öffnen, die Spangen. Während ich mich mit der Schiene abmühte, kam Philodemos herein und fragte, ob ich schon mein Testament aufgesetzt hätte.
    Kurz darauf hörte ich die Flöten auf der Straße; die Braut wurde gebracht. Auf einmal wurde ich von einer Art panischer Angst ergriffen. Man sang die Hochzeitshymne, aber aus irgendeinem Grund klang sie kraftlos und 207
    klagend, und ich entsinne mich, daß ich hoffte, der Zug möge zum nächsten Haus weiterziehen.
    Kallikrates steckte den Kopf zur Tür herein. »Um Himmels willen, bist du immer noch nicht fertig?« rief er.
    »Ich sage denen lieber, daß sie ein bißchen langsamer machen sollen. Setz schon mal deinen Kranz auf, ja? Und versuch bitte, aufmerksam auszusehen.«
    Ich zog meine neuen Sandalen an und fummelte an den Riemen herum. In meinem Kopf schienen kleine Kyklopen Blitze zu schmieden, und mir war speiübel. Beim Gedanken ans Tanzen lief es mir eiskalt über den Rücken.
    Im Innenraum hörte ich Philodemos mit den Frauen streiten, es ging um irgendeinen Trottel, der die falschen Blütenblätter aufs Hochzeitsbett gestreut hatte, und darum, wer auf die glänzende Idee gekommen sei, die Tagesdecke mit der Abbildung von Pentheus und den Bakchen aufzulegen.

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