Walled Orchard 01: Der Ziegenchor
Füßen an der Türschwelle hängenbleiben mußte, besonders mit diesen albernen Sandalen, die ich auf Druck deiner Familie anziehen mußte. Und jetzt wird jeder sagen, ich bringe Unglück ins Haus, und die Mägde werden mir die Schuld geben, wenn die Milch sauer wird.«
»An diesen ganzen Blödsinn glaube ich sowieso nicht«, besänftigte ich sie.
»Aber ich!« erwiderte sie scharf. »Ich nehme an, du glaubst nicht mal an die Götter.«
»Doch, das tu ich.«
»Da ist mir aber etwas ganz anderes zu Ohren gekommen. Ich habe nämlich gehört, daß du dich mit diesem Euripides herumtreibst, der glaubt, die Götter wären alle irgendeine Art Geisteszustand oder so was, und Helena von Troja wäre vor dem Trojanischen Krieg nach Ägypten weggezaubert worden. Absoluter Quatsch.«
Allmählich hatte ich das Gefühl, daß ich an irgendeiner Stelle etwas nicht mitbekommen hatte. »Was hat denn Helena von Troja jetzt damit zu tun?«
»Glaubst du an die Götter oder nicht?«
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»Natürlich glaube ich an die Götter. Phaidra, heute ist übrigens unsere Hochzeitsnacht.«
»Ach, das hast du also wirklich gemerkt, ja? Das ist ja toll.«
Ich legte ihr meine Hand auf die Schulter, die Phaidra gleich darauf angewidert mit Zeigefinger und Daumen ergriff, als entferne sie eine Spinne.
»Und welcher Ehemann wird an seinem Hochzeitstag zum Militärdienst einberufen?« fuhr sie fort. »Ich konnte das gar nicht glauben, als man mir das erzählt hat. Ich hielt das Ganze wirklich für einen schlechten Witz.«
»Das ist ja wohl nicht meine Schuld, oder?« wehrte ich mich. Ich hatte ein Gefühl, als ob ich mich gleichzeitig mit fünf verschiedenen Menschen stritte, und zwar jeweils über ein anderes Thema.
»Also, eins sollten wir jedenfalls ein für allemal klarstellen.« Sie ließ nicht locker. »Bis du zurückkommst, wird sich nichts zwischen uns abspielen, und damit basta«
»Was ist los?«
»Du hast mich doch gehört. Wenn du glaubst, du kannst mich schwängern, um dann zu verschwinden und dich beim Herumalbern in Samos umzubringen und mich dein furchtbares Kind ganz allein großziehen zu lassen, dann…«
»Phaidra…«
»Ich bin eine freie athenische Frau und keine Bruthenne.
Hast du ein Testament aufgesetzt?«
»Was hast du gesagt?«
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»Nicht nur taub, sondern auch noch leichtsinnig«, vertraute sie dem Kopfkissen an. »Ich habe dich gefragt, ob du ein Testament aufgesetzt hast.«
»Nein.«
»Findest du nicht, daß du das tun solltest?«
Ich blickte erstaunt drein. »Wie? Jetzt?«
»Um Himmels willen!« keifte sie mich an. »Morgen früh ziehst du in den Krieg. Hast du denn überhaupt kein Verantwortungsbewußtsein?«
Ich holte tief Luft, preßte die Lippen zusammen und versuchte, Phaidra zu mir heranzuziehen. »Nein, jedenfalls so lange nicht, bis du…«
Ich glaube, das mußte der entscheidende Tropfen gewesen sein, der für die vor der Tür horchenden Kinder des Dienstmädchens das Faß zum Überlaufen brachte, denn es war ein schriller, kindlicher Lacher zu hören, und Phaidras Gesicht wurde knallrot. Sie hüpfte aus dem Bett, ergriff den Nachttopf, öffnete die Tür und warf ihn hinaus.
Leider war der Topf leer.
»Verschwindet!« brüllte sie – mir war bis dahin noch gar nicht richtig aufgefallen, wie laut ihre Stimme sein konnte.
Dann knallte sie die Tür zu und blickte mich wütend an.
»Du Hornochse!«
»Was habe ich denn getan?«
»Wie konnte ich nur so einen Versager heiraten?« Sie ließ sich stöhnend aufs Bett fallen und zog sich die 217
Überdecke bis zum Kinn hoch. »Dir ist doch hoffentlich klar, daß das morgen ganz Athen weiß, oder?«
Wie gelähmt schüttelte ich den Kopf. »Ach, Phaidra…«
»Was das Ganze noch schlimmer macht, sind diese dämlichen Theaterstücke von dir«, fuhr sie unbeirrt fort.
»Wie bitte?«
»Das wird man dir nie vergessen«, seufzte sie, »wenn erst einmal Aristophanes und diese anderen Narren davon gehört haben, dann… Und alle Leute werden auf der Straße auf mich zeigen und sagen…«
»Jetzt halt endlich die Klappe, ja?« Mein Kopf war kurz vorm Platzen. Ich hatte das Gefühl, als bräche er wie ein voller Keile getriebener Baumstamm auseinander.
»Rede gefälligst nicht in diesem Ton mit mir!« fauchte sie mich an. »Sonst kannst du auf dem Boden schlafen!«
»Das sollte ich vielleicht sowieso tun«, entgegnete ich ungerührt.
»Gut.« Sie gab ein schniefendes Geräusch von sich, das vermutlich als Weinen verstanden werden sollte, aber ich
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