Walled Orchard 01: Der Ziegenchor
werden?
Denn das bedeutet wiederum, daß ich bestimmt einen Chor bekommen werde, warum sollte ich sonst überhaupt erwähnt worden sein? Schon gut, Eupolis. Nimm das als Ausgleich für diesen verflixten Ziegenbock.«
Er schlug mir fest auf den Rücken, und ich lächelte. »Ich bin froh, daß wir das aus der Welt geschafft haben, weil ich deinen Rat brauche.«
»Kein Problem«, willigte er herzlich ein. »Hast du eine Szene, die dir Schwierigkeiten macht?«
»Nein, darum geht es nicht.«
»Oh.« Er sah enttäuscht aus, und ich erkannte, daß er sich wirklich für meinen Werdegang interessierte.
»Nein, es geht um meine Heirat. Erinnerst du dich an das Mädchen, das…«
»Bei den Serenadensängern?«
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»Ja.«
»Phaidra. Nettes Mädchen. Was ist mit der?«
»Das wollte ich eigentlich dich fragen. Ich habe überlegt, warum ein solches Mädchen, das so gut dran ist, noch nicht versprochen ist.«
Über Aristophanes’ Gesicht huschte ein Lächeln, und er legte mir einen Arm um die Schulter. »Ich habe mir gedacht, daß du dich das fragst.«
»Dann weißt du etwas darüber?«
»Zufällig kenne ich die ganze Geschichte. Gib mir einen aus, dann erzähle ich dir alles darüber.«
Also gingen wir zu einer Weinhandlung auf der anderen Straßenseite, und ich kaufte einen Krug besten Pramnianer.
Wir prosteten uns zu, und er erzählte mir die ganze Geschichte. Es war genau so, wie ich es mir gedacht hatte: Phaidra war tatsächlich versprochen worden, und zwar einem wirklich fabelhaften Mann namens Amyntas. Ich hatte schon von ihm gehört, allerdings nichts Genaues.
»Ist der nicht im Krieg umgekommen?« fragte ich.
»Ja, eine furchtbare Tragödie«, antwortete Aristophanes traurig. »Er war übrigens ein Freund von mir. Fiel bei der Verteidigung eines verwundeten Kameraden. Phaidra brach das Herz.«
»Das kann ich mir vorstellen«, warf ich ein.
»Natürlich hatte die Familie keine offizielle Verlobung bekanntgegeben, es gab da nämlich Schwierigkeiten mit der Mitgift. Amyntas’ Familie forderte anscheinend 199
fünfzehn Morgen, obwohl das Mädchen schon ohne jegliche Mitgift ein gutes Angebot ist. Übrigens, was bieten sie dir?«
»Fünfundzwanzig Morgen«, antwortete ich wahrheitsgemäß. Aristophanes stieß einen Pfiff aus und fuhr fort: »Ich nehme an, die haben dir gegenüber nichts davon erwähnt, weil sie mit Phaidra eine Vereinbarung treffen mußten, nachdem sie die Todesnachricht erhalten hatte. Anscheinend war sie damals so erschüttert, daß sie nur noch weglaufen und eine Priesterin von Demeter werden wollte. Ihre Familie konnte sie davon lediglich durch das Versprechen abhalten, nie wieder seinen Namen zu erwähnen. Du weißt ja, wie Mädchen sind.«
»Natürlich, schon klar«, erwiderte ich. »Also, danke schön. Du hast mich wirklich um eine große Sorge erleichtert.«
»Wenn ich du wäre«, sagte Aristophanes, wobei er den restlichen Wein austrank und sich elegant das Kinn abwischte, »würde ich die Verlobung so schnell wie möglich unter Dach und Fach bringen, bevor Phaidra anfängt, an ihre verlorene Liebe zu denken und ihre Meinung ändert. Du hast vielleicht bemerkt, daß ihre Eltern ein wenig begierig darauf sind, sie unter die Haube zu bringen. Du verstehst doch jetzt den Grund dafür, oder?«
»Durchaus. Danke schön.«
»Keine Ursache, keine Ursache«, erwiderte Aristophanes. »Wenn man bedenkt, wie sehr ich das arme Mädchen in jener Nacht beleidigt habe, dann kann ich wenigstens 200
heute dafür sorgen, daß sie einen anständigen Ehemann bekommt.«
»Und was ist eigentlich mit ihren merkwürdigen Angewohnheiten, von denen du damals geredet hast…?«
»Ach, das habe ich ganz vergessen zu erwähnen«, sagte Aristophanes. »Sie ist ja ein reizendes Kind, aber sie ist eine Koryphäe im versehentlichen Umwerfen von Vasen.
Soweit ich weiß, ist das aber die einzige merkwürdige Angewohnheit, die man ihr vorhalten kann. Ist es schon so spät? Ich muß mich beeilen.«
Ich dankte ihm nochmals und machte mich auf den Weg nach Hause, um mich mit Philodemos zu versöhnen. Auf dem Heimweg dachte ich darüber nach, daß ich nicht nur die Wahrheit über meine geliebte Phaidra herausgefunden, sondern auch einen guten und wertvollen Freund gewonnen hatte.
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7. KAPITEL
n der Tragödie gibt es natürlich den Brauch, einen Teil I der Handlung – die Schlachten, Morde und so weiter –
immer hinter der Bühne stattfinden zu lassen. Orestes zerrt Klytainestra in die Kulissen, und
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