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Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Titel: Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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den Kopf gehaltenem Schild hin, bis mir jemand sagte, ich könne jetzt ohne Gefahr herauskommen. Da bis zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Speere sowie ein großer Stein über meinen Mauerabschnitt geflogen waren, bedurfte es dazu einer ganzen Menge Überzeugungskraft, die mir schließlich durch den Taxiarchos mit seiner Stiefelspitze vermittelt wurde.
    Demosthenes hatte inzwischen begriffen, daß das Kämpfen bei Nacht etwas ganz anderes als das Kämpfen bei Tag war, und hielt eine sofortige Besprechung mit seinen Truppenführern ab. Es sei nicht gut (sagte er), nur blind umherzutappen und zu hoffen, den Feind an seinem dorischen Dialekt zu erkennen. Dieses Verfahren sei nicht nur zeitraubend und unsoldatisch, sondern auch unzuverlässig, da viele unserer Verbündeten ebenfalls dorischen Dialekt sprächen, wohingegen sich viele der syrakusischen Verbündeten wie wir des Ionischen bedienten. Was wir bräuchten, fuhr Demosthenes fort, sei eine Parole, und diese Parole laute Sieg!, es sei denn, jemand habe einen besseren Vorschlag. Die Truppenführer pflichteten ihm bei, daß Sieg! fürs erste genüge, und brachen auf, um ihre Männer zu unterrichten. Die Parole rief bei den Soldaten sehr viel Gelächter hervor, was für den Rest des Einsatzes nichts Gutes ahnen ließ. Schließlich traten wir wieder in Reihen an und marschierten los, um die syrakusischen Lager anzugreifen. Inzwischen hatte ich den kleinen Zeus und Kallikrates ausfindig gemacht, und zusammen übten wir das Rufen der Parole, bis wir das Wort bestens beherrschten.
    Ich nehme an, Demosthenes’ Plan sah vor, ohne Warnung über die Lager herzufallen und die Syrakuser in ihren Betten abzuschlachten. Das wäre eine gute Idee gewesen, wenn sie sich als durchführbar erwiesen hätte, aber unglücklicherweise war für den restlosen Erfolg die Anwesenheit der Syrakuser in ihren Lagern erforderlich. Die Lager waren jedoch inzwischen verlassen worden, da sich die Syrakuser nunmehr auf die Suche nach uns gemacht hatten, was allerdings zunächst nicht von Erfolg gekrönt war. Wir für unseren Teil hatten keinerlei Schwierigkeiten, das erste syrakusische Lager ausfindig zu machen, und griffen es in makelloser Aufstellung und mit außergewöhnlicher Geschlossenheit an, um letztendlich festzustellen, daß niemand mehr da war. Natürlich waren mir solche oder ähnliche Erlebnisse nicht ganz unbekannt – wenn ich zum Beispiel nach einer Abendgesellschaft spontan bei jemandem vorbeischauen wollte und niemanden im Haus antraf –, und ich war deshalb nicht übermäßig betrübt, zumal ich ganz genau wußte, daß wir uns später sowieso alle bei jemand anderem begegnen würden. Doch Demosthenes schien darüber ziemlich verärgert zu sein, und deshalb blieben wir, wo wir waren.
    Ich vermute, die Syrakuser hatten irgendwann von der Suche nach uns die Nase voll, beschuldigten die Überlebenden aus der Festung, sich die ganze Geschichte nur aus den Fingern gesogen zu haben, und gingen nach Hause ins Bett. In der Zwischenzeit hatte sich Demosthenes zu dem Entschluß durchgerungen, erneut loszumarschieren und noch einmal zu versuchen, den Feind aufzuspüren. Ein kurzes Stück vom Lager entfernt trafen die beiden Heere schließlich aufeinander. Wir griffen an – was wir angriffen, darüber bin ich mir nicht ganz im klaren – und stießen auf überraschend wenig Widerstand. Wie sich allmählich herausstellte, hatten wir den Feind vollkommen verfehlt, und während unseres Rückzugs griffen uns die Syrakuser an. Zu ihrem Pech kannten sie die Parole nicht, und so waren wir in der Lage, die auf uns zulaufende Menge schwerbewaffneter und Speere werfender Männer als Feinde zu erkennen und sie abzuwehren. Wenn ich ›wir‹ sage, meine ich damit natürlich die Gesamtheit; der berühmte Eupolis war in der Mitte eines Trupps eingekeilt und sich der Vorgänge nur dunkel bewußt. Für einen kurzen Augenblick bekam ich furchtbare Angst, da ich die Schreie von verwundeten Soldaten hörte und solche Laute nie zuvor vernommen hatte. Abgesehen von meinem Erlebnis auf Samos (das ganz anders war) hatte ich keine Ahnung, wie es in einer ausgewachsenen Schlacht zuging, und erst jetzt wurde mir klar, daß sehr viele Menschen in der Gefahr schwebten, schwer verwundet zu werden. Das erinnerte mich an einen bösen Unfall auf einer Straße in Athen: Ein paar Männer rissen ein Haus ab, und einige Steine fielen auf eine Gruppe darunter vorbeigehender Menschen. Ein Mann wurde am Kopf getroffen und schrie

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