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Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Titel: Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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gegenteiligen Fall), und alle griechischen Völker bedienen sich dabei mehr oder weniger desselben Texts und derselben Melodie. Doch dorischsprechende Völker wie die Syrakuser singen natürlich in Dorisch, und ionischsprechende wie die Athener in Ionisch. Nun waren unsere Verbündeten aus Argos und von Kerkyra Sprecher des dorischen Dialekts. Sie schlugen zu einem recht frühen Zeitpunkt vernichtend die sikelischen Verbündeten der Syrakuser – da die Sikeler ein ängstliches Volk sind, war das keineswegs schwierig – und verloren keine Zeit, die vertraute alte Melodie anzustimmen. Die Athener hinter ihnen (unter denen auch ich mich befand) hörten den Widerhall begeisterter, blutrünstiger Gesänge in dorischem Dialekt, vermuteten natürlich, die Syrakuser hätten einen vernichtenden Sieg über die Männer vor ihnen errungen, und nahmen sofort eine zum Fürchten angriffslustige Stellung ein. Die Kerkyrer hingegen, die jeglichen Widerstand vor sich gebrochen hatten, zogen sich ganz folgerichtig zu den eigenen Reihen zurück und wurden von den Athenern – das waren wir, allesamt entschlossen, wie Männer zu sterben – mit einem Angriff von beachtlicher Stärke empfangen, begleitet von der Siegeshymne im ionischen Dialekt und häufigen Wiederholungen der Parole. Die Siegeshymne verwirrte unsere tapferen Verbündeten zunächst, doch sobald sie die Parole hörten, wußten sie, daß die auf sie zukommenden Männer Feinde sein mußten, und schlugen mit ihrer ganzen noch vorhandenen Kraft zurück. Hinzu kommt, daß, nachdem es den Taxiarchen endlich gelungen war, die beiden Seiten voneinander zu trennen und sie zum Weitermarsch aufzustellen, es eine besondere Intelligenzbestie von Truppenführer fertigbrachte, seine Einheit über den Rand einer Klippe marschieren zu lassen, was für die meisten seiner Männer tödliche Folgen hatte.
    Sowie die Nachricht von diesem Unglück durchsickerte, gelangte ein Großteil der Athener zu dem Schluß, daß die Expedition keine gute Idee mehr sei und es das vernünftigste wäre, so schnell wie möglich ins athenische Lager zurückzukehren. Leider stellte sich dieses Unterfangen als sehr viel schwieriger heraus, als alle gedacht hatten. Zunächst einmal hatte niemand die leiseste Ahnung, wo wir überhaupt waren, und nur wenige Männer waren gewillt, mitten in einer Schlacht blindlings umherzuirren und sich nach dem Rückweg zu erkundigen. Zudem gab es noch das geringfügige Problem mit dem syrakusischen Heer, das sich zwar in genauso großer Unordnung wie wir befunden hatte, sich aber irgendwie wieder gefangen haben mußte, da es jetzt eifrig mit dem Niedermetzeln von Athenern beschäftigt war. Soweit ich weiß, hatten sich die Syrakuser inzwischen eine eigene Parole einfallen lassen, sich jedoch klugerweise dazu entschlossen, sie nicht aus Leibeskräften auszuposaunen. Darum lebten die einzigen Athener, denen die Parole zu Ohren kam, nicht lange genug, um sie an ihre Kameraden weiterzugeben, und die Syrakuser vermochten nun zwischen Freund und Feind zu unterscheiden, zumindest bis zu einem gewissen Grad.
    Die Einheit, der ich angehörte, war eine der ersten, die abzog, und zu unserem großen Glück brachen wir wenigstens ungefähr in die richtige Richtung auf. Wir marschierten in raschem Schritt davon, überhörten standhaft sämtliche menschlichen Stimmen aus jedweder Richtung und fanden uns schließlich auf dem Pfad wieder, den wir ursprünglich heraufgekommen waren. Unglücklicherweise wurde er von einer fest geschlossenen Reihe von Männern versperrt, und obwohl im Mondlicht schlechterdings nicht mehr als Umrisse auszumachen waren, stand fast außer Zweifel, daß jeder Trupp, der den einzigen Fluchtweg vom Schlachtfeld versperrte, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu den Syrakusern gehörte.
    In der Zwischenzeit war der unsere Einheit befehligende Taxiarchos (ein Mann von der Ostküste namens Philo) mit den Nerven vollkommen am Ende und weigerte sich, noch irgend etwas mit der Ausübung der Kommandogewalt im athenischen Heer zu tun zu haben. Das war der Mehrheit von uns, die von seinen bisherigen Leistungen nicht übermäßig beeindruckt gewesen war, nur recht, und wir hielten so etwas wie eine improvisierte Versammlung ab, auf der verschiedene Meinungen vorgebracht wurden. Dabei bildeten sich schnell zwei Hauptparteien: Die eine war für den Angriff, die andere schlug den Versuch vor, unbemerkt die Flanke der feindlichen Linie zu umgehen. Die Interessengruppe für

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