Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
Vom Netzwerk:
als um Frieden zu haben, mit ihnen allen, und – wieder ruhig zu pokulieren.
    Und dieser selbe Gedanke stieg in einem andern stillen Teilnehmer der Feste auf, Lamormain, wie Maximilian auf der Suche nach der Gebärde Ferdinands, den Kaiser betastend, den Kaiser anbetend, sich vor ihm kasteiend. Er wurde von dem allgemeinen Erstaunen über den verwandelten Herrscher mitgerissen.
    Dieses Zwitschern Fragen Horchen am Hofe. Herübergeholt die Meisterköche aus Wien mit dem Stab der Pastetenbäcker, Zuckerküchler, Erbauer der Riesentorten; auftauchte die Schar der Truchsesse Vorschneider Mundschenke Kredenzer. Mit dem schwarzen Stab spazierte zur Musik herein der Oberstabmeister vor den dunstumhüllten Speiseträgern. Auf den Tafeln vor den zerreißenden Menschenzähnen das getötete Getier des Waldes, das singende fliegende tänzelnde, Auerhahn Schwan Pfau weißer Reiher Kranich roter Fasan. Zukkerbrot Marzipan Sülzen. Inmitten der überflutenden Leckereien auf der Tafel die weiße Pyramide, um die die vier Elemente saßen; Fortuna goldgelockt, purpurgekleidet auf einer Kugel, die unter ihren spitzen Zehen rollte. Gemisch der Nationen an den Tafeln, erfreute Münder, erbitterte Stirnen; der Deutsche vertrinkt den Schmerz, der Italiener verschläft den Schmerz, der Spanier beklagt den Schmerz, der Franzose besingt den Schmerz. Musik: wer weiß, was Schmerz oder Freude ist. Feuerwerk Ballett Stechen Jagden Frühstück.
    Entsetzt der schwarze hinkende Lamormain hinter dem aufgeblähten glückvollen Kaiser: »Den Herzog hat er verstoßen, als wär’ es nichts. Er hat ihm seine Königreiche gerettet. Jetzt weiß er nichts mehr davon. Er hat es vergessen. Er hat den Friedländer schon vergessen.« Ein gräßliches Gefühl durch den Pater. Wie ein Kind sah Fürst Eggenberg den Habsburger sich zwischen den schlemmenden Herren und Fürsten bewegen; er zuckte die Achseln: »Wohl uns, wir sind über den Berg.« Unvermerktes Abreisen der Räte Trautmannsdorf und Kremsmünster aus Regensburg vor dem erschreckenden Anblick ihres Herrn.
    Auf Wagen Pferden neben dem Kaiser die Mantuanerin. Die Sicheln der schwarzen hochgeschwungenen Augenbrauen, die brennenden Blicke, die straffen glatten Wangen. Um sie reitend auf weißen Gäulen anmutige Franzosen, die rechte Hand in die Hüfte gestützt, mächtige Goldschärpen. Beim ersten festlichen Empfang der Fürsten im Bischofspalast schritt sie neben dem Kapuziner Joseph durch die Säle spitzfüßig auf weißen Schuhchen, den gelben Rock mit beiden Händen vorn gerafft, daß das purpurne Unterkleid schimmerte; bis über die Knöchel entblößte sie ihre Füße, die weißen Strümpfe. Goldgelbes Kostüm bis zu den Achseln ausgeschnitten, Perlen um den Hals in fünffacher Reihe; feine gelenkige ebenmäßige Büste, die Arme in weißen weiten Atlas geschlagen. Das Haar schwankte in Locken seitlich über den Hals, aus dem Nackenknoten stieg schwer eine tellergroße Sonnenblume. Der siegreiche strenge Mund. Der Herr gab ihr nach, daß für Italien die Friedensverhandlungen begännen. Sie hatte nicht genug daran, Casale stand vor dem Fall. Sofort mußte der Waffenstillstand beschlossen werden. Mit Flüchen auf die Welt gehorchte der alte Spanier Spinola, nach drei Tagen war er wahnsinnig, bald tot. Die Kaiserin erschauerte vor Wonne. Ihrem Oberstkämmerer sagte sie, dem Pater Joseph schrieb sie: »Meldet Collalto, er belagere Mantua und mit Mantua meine Seele. Ich werde ihm goldene Ketten, Land und alle Auszeichnungen verschaffen, wenn er mir und meiner Stadt wieder Freiheit verschafft. Er möchte nach Wien kommen, er soll es sich nicht überlegen, wir erwarten ihn.«
    Nur noch gelegentlich wurden in der Sommerhitze Verhandlungen gepflogen, die Kurfürsten baten um Aufhebung des Kollegialtages. Man schaffte die Ernte in die Scheuern. Tilly, der eisgraue kleine fromme Mann aus Brabant, war Feldherr der beiden Heere. Das kaiserliche Heer vermindert wie das ligistische. Friede im Reich und bald Friede an allen Grenzen.
    Vor den Quartieren der Kurfürsten standen die breiten Reisewagen. Die Räder hoch, tief hängende Kästen, mit Kronen an den Schlägen und über den Decken. Der Lärm der Bankette in der Stadt ging weiter. Hinein stieg seufzend der schwere Trierer, sah sich müde um, schlief ein. Hinein behaglich grunzend der pergamentene Erzkanzler; der Wagen rollte. Widerstrebend der lüsterne Kölner, den das Klirren und Juchzen der Stadt hielt. Mit starken Sprüngen Maximilian, Richel neben

Weitere Kostenlose Bücher