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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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wegschicken wollte. Wenigstens fürstlich hatte Ferdinand gehandelt, den er als Kaiser hinnehmen mußte.

    IM BISCHÖFLICHEN Garten unter den kaiserlichen Gemächern lief der Abt mit dem verwachsenen Grafen. Sie rupften im heftigen Gespräch eine kleine Buche rundherum kahl. Der Abt knallte wieder Blätter vor dem Mund auf. Der Graf Trautmannsdorf schwang die Arme, schlug die Hände vors Gesicht: also es finge alles wieder von vorne an; alles sei umsonst gewesen. »Es ist so, es ist so«, der Abt drückte fast besinnungslos Trautmannsdorfs Arm. »Wozu sind wir da?« Sie stöhnten, stampften den Boden.
    Der Kaiser sah sie von oben. Er schickte seinen Leibkämmerer herunter, sie möchten ihn erwarten. Dann kam er barhäuptig, der Diener trug Reiherhut Handschuh und Wehrgehenk hinter ihm. Er freute sich, frisch blickend; die Herren, sie möchten es sich recht bequem machen in Regensburg, man sei zwar über den höchsten Berg hinweg, aber es gebe noch allerlei Schwierigkeiten; das würde viel Zeit beanspruchen. Als er die zerknüllten Blätter in den Händen des Abtes sah, meinte er, mit ihnen vorwärts schlendernd, er wisse schon, daß es sowohl vor dem Schiff als auch hinter dem Schiff Wellen gebe. Er plauderte noch allerhand, bis der hagere Graf Stralendorf, der hinzugetreten war, von einem Besuch Richels begann. Die Herren drängten vor den Kaiser, um sein Gesicht zu sehen. Er riß die kleinen Augen auf, befragte lebhaft den frommen Grafen nach der Sache, dann auch die beiden anderen Herren. Dann schüttelte er mit freudig überraschtem Ausdruck in das Gras blickend den Kopf: »Was! Was! Wünscht er das? Wünscht mein Schwager das? Will er eine so enge Verbindung zwischen mir und ihm? Mein Schwager hätte alles Mißtrauen gegen mich aufgegeben?« Auf die starre verlegene Zustimmung Stralendorfs – die beiden andern senkten die Köpfe – drängte Ferdinand mit größter Heftigkeit gegen den langen Grafen, ihn am Wams berührend: »Was, das hat Euch der Richel aufgebunden! Er geht hin und her, mißversteht hier und dort.« Jetzt stammelte mit rauher Stimme Stralendorf, nein, Richel hätte von Dienst und Amts wegen ein quasi Verlangen – um nicht zu sagen Anspruch – Bayerns auf die Generalatsstelle angemeldet. »Ein Verlangen. Ein Anspruch. Wißt Ihr, daß dies beinah undenkbar ist! Bayern wird sich damit ruinieren. Es soll versuchen, in dies Wespennest zu stechen, Obersten mit großen Gehältern, verwöhnte Soldaten und Reiter, diese Überzahl an Menschen ernähren, kleiden, bezahlen, und – dabei keinem Unrecht tun. Nein, sagt meinem Schwager, es sei sehr lieb von ihm, aber ich könne es nicht von ihm verlangen. Es ist auch nicht richtig, sagt doch!« Stralendorf Trautmannsdorf Kremsmünster gingen fast träumend neben und hinter dem Herrn. Wie aus einer andern Welt kam es Trautmannsdorf selbst vor, als er sich genötigt fühlte zu sagen, daß Habsburg diesen Vorschlag ablehnen müsse, da es sonst machtlos werde. Mitleidig lächelnd zog ihn Ferdinand, ihn um die Hüfte fassend, an sich: »Ist mein treuer Trautmannsdorf, der Edelstein in meiner Krone, noch so rückständig. Sind die Zeiten vom Haß zwischen Wittelsbach und Habsburg noch immer da. Wittelsbach hat gesehen, wie gewaltig, unnahbar gewaltig ein Kaiser sein kann. Seht doch um Euch, Herr Graf; nicht so historisch gedacht. Habsburg braucht sich vor keinem Haß mehr zu fürchten. Schon lange nicht mehr.« »Ich sehe es nicht«, murmelte Trautmannsdorf. »Aber ich«, lachte die Majestät, »bald werde ich Euch auf den Thron erheben und mich zum Berater anbieten.« Er ließ den Grafen los; in einem Rosenrondell stand er tiefsinnig, die Arme verschränkt, da vor den Herren; ein junger Fuchs sprang spielend neben einer Buche an seiner Kette herum. »Der Papst macht Schwierigkeiten, mich zu krönen. Inzwischen hat mein lieber treuer General Wallenstein, der Herzog zu Friedland, mich zum Kaiser gekrönt. Das kann mir keiner streitig machen. Was grabt Ihr die alten Märchen aus.« »Nein«, brach er ab, »vorläufig glaub’ ich nicht ganz an den Ernst meines Schwagers, das Kommando meiner Armee zu übernehmen. Was sagt Ihr, Ehrwürden von Kremsmünster, zu meinen Rosen? Wenn sie Euch gefallen, will ich es dem Gärtner bestellen lassen. Euer Lob ist ihm eine Erhebung in den Adelsstand.«
    Den sich bäumenden Widerstand der Herren drückten ganz nieder der Fürst Eggenberg und der Beichtvater, die aus Göppingen hereinkamen; beide noch erschüttert von dem

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